Haben Sie das von Georgia gehoert
hören.«
»Ich weiß«, erwiderte Georgia. Sie hätte noch sehr viel mehr dazu zu sagen gehabt, aber nicht zu Irma Winogrand.
»Jetzt wird niemand für sie stimmen«, meinte Irma. »Das war einfach … stillos.« Angewidert schüttelte sie den Kopf, als gäbe es nichts Schlimmeres, als stillos zu sein.
Unversehens fing Georgia an, Krystal zu verteidigen. Dass Krystal sie eben noch angegriffen hatte, war egal. »Ach, das hat sie doch nicht so gemeint. Krystal ist frustriert, weil sie so hart gearbeitet und ihre Sache als Bürgermeisterin so gut gemacht hat und weil das anscheinend niemand sieht.«
»Kann sein«, sagte Irma. »Aber so darf man darauf nicht reagieren.«
»Wann war Mama hier?«
»Vor nicht mal fünf Minuten. Ich dachte, sie wäre drinnen bei dir. Geht’s ihr gut, Georgia?«
Mit Mühe bewahrte Georgia einen unbekümmerten Tonfall. »Oh, ihr geht’s prima. Sie vergisst nur alles.«
Irma blies eine blaue Rauchwolke in die Luft. »Verdammt, ich wünschte, ich könnte auch alles vergessen.«
Georgia fuhr in den Straßen rings um das Gemeindezentrum auf und ab und suchte nach Little Mama. Sie machte beim Pik-N-Pay halt, aber Frances hatte sie nicht gesehen. Im Bogen fuhr sie zurück nach Hause und parkte in der Durchfahrt. Die Hintertür stand offen, und die teuer klimatisierte Luft strömte heraus in den heißen Vormittag.
Rasch warf sie einen Blick in alle Zimmer. Nirgends eine Spur von Little Mama.
Eine wahrhaft fürsorgliche Tochter wäre jetzt allmählich hysterisch geworden. Georgia war nicht allzu sehr besorgt;
sie hatte immer noch Herzklopfen von der Auseinandersetzung mit Krystal.
Es hatte so etwas schrecklich Endgültiges gehabt, wie Krystal die Tür zugeschlagen hatte.
Georgia mochte gar nicht daran denken, was das bedeutete. Eine Welt, in der Krystal nicht mehr ihre beste Freundin wäre, konnte sie sich nicht vorstellen.
Sie ging zum Wagen und fuhr wieder hinaus auf die Straße. Und da kam Little Mama auf dem Gehweg herangeschlurft, als gehörte es zu ihrer Alltagsroutine, auf der Straße spazieren zu gehen.
Georgia drehte das Fenster herunter. »Mama, wo warst du denn?«
Mama richtete den Finger auf Georgias Nase. »Ich hab dich gesucht.«
»Warum?«
Mama deutete mit schwungvoller Gebärde auf das Haus. »Ein Nigger hat versucht, ins Haus einzubrechen.«
»Was?«
»Groß und kräftig. Er hat versucht, zur Haustür reinzukommen. Hat mich durch die Scheibe gesehen und angefangen, gegen die Tür zu hämmern und zu klopfen. Ich dachte, er schlägt sie ein.«
»Das denkst du dir aus«, sagte Georgia. »Steig ein, ich fahre dich das Stück bergauf.«
»Ich geh da nicht mehr hin«, sagte Mama. »Vielleicht ist er noch da.«
»Ich hab gesagt, steig ein.« Georgia erteilte ihrer Mutter nicht oft Befehle. Gehorsam tappte Little Mama vorn um den Wagen herum und setzte sich neben ihre Tochter.
Mit extremer Vergesslichkeit umzugehen hatte Georgia
gelernt, aber sie war nicht sicher, ob sie schon bereit war für ausgewachsene Wahnvorstellungen. »Wenn du denkst, dass jemand einbrechen will, warum läufst du dann weg und lässt die Hintertür sperrangelweit offen?« Sie warf einen Blick über die Schulter, bevor sie wendete.
»Der Nigger muss gesehen haben, wie ich weggegangen bin, und dann ist er da rein.«
»Warum bist du weggegangen?«
»Das weiß ich nicht mehr«, antwortete Mama.
»Denk nach. Du bist weggegangen, weil du … mich suchen wolltest?«
»Jemanden. Vielleicht dich. Aber warum sollte ich dich suchen?«
»Um mir zu sagen, dass jemand einbrechen wollte?«
»Könntest du es jetzt mal gut sein lassen mit deiner Fragerei?« , schimpfte Mama. »Ich bin müde.«
»Okay, aber …«
»Georgia! Es reicht.« Georgia fuhr den Hang hinauf und dachte, das alles sei wohl wieder nur eine Ladung Mist von dem großen Kipplaster, der nicht aufhörte, sie zuzuschütten. Aber dann fiel ihr Blick auf die Haustür, und sie sah einen jungen Schwarzen, der dort lehnte.
Sie trat so heftig auf die Bremse, dass die Reifen quietschten.
Er stand mit verschränkten Armen da, als hätte er auf sie gewartet. Die lässige Unverfrorenheit seiner Haltung war auffällig. Er versuchte nicht, sich unsichtbar zu machen.
Er musste schon dort gestanden haben, als Georgia hinten gewesen war und sich im Haus umgesehen hatte.
»Ist das der Mann, Mama?«
»O Gott, er ist zurückgekommen!«, rief Mama. »Fahr zurück! Fahr zurück! Weg hier! Los!«
»Würdest du bitte still sein? Er kann dich
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