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Haben Sie Hitler gesehen - Haben Sie davon gewußt

Haben Sie Hitler gesehen - Haben Sie davon gewußt

Titel: Haben Sie Hitler gesehen - Haben Sie davon gewußt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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gar nicht glauben, und mein Vater hat es überall rumerzählt.
    Eine Dame, 1927
    Ich habe in Berlin gelebt bis 1936, wir haben in der Berliner Straße 40 gewohnt, das war neben der Tribüne an der Ost-West-Achse, da war mal ein Auftritt von Hitler, da ist er vorbeigefahren, ein Schwung SA hinter ihm. Wir konnten das aus dem Fenster beobachten. Das war kurz vor der Olympiade, da war ich 9 Jahre alt.
    Philologe, 1900
    Im Olympiajahr 1936 habe ich ihn gesehen, aber meine Eindrücke beruhen mehr auf Filmen und Bildern. Riesenmenschenmenge. Die Polizei und die SA waren dem Publikum zugewandt.
    Studienrätin
    In Berlin auf der Olympiade, er fuhr die Linden lang, stehend, grüßend. Ich hab’ ihn auch noch in Eberswalde gesehen, im Stadion, er sprach ja immer sehr markant, aber ich war noch sehr unbedarft damals; was das alles bedeutete, hab’ ich überhaupt nicht erkannt, ich war etwas unbedarft. Ich kriegte immer von unsern Eltern die Gegenseite serviert, die verstand ich gar nicht, und wenn Bekannte kamen, hieß es: Ihr Kinder geht raus, geht spielen.
    Göring hab’ ich mal ’n Blumenstrauß übergeben, der war ja ’n bißchen gemütlicher, der hatte ja Karinhall, da brachte er immer seine Bekannten hin, und wir mußten dann am Bahnhof stehen, und ich war blond und mußte den Blumenstrauß übergeben.
    Musiker, 1927
    Olympiade.– Ich mußte Kirschen pflücken, und das Radio wurde auf Brüllstärke gestellt, das war die Bedingung, die ich gestellt habe, und dann hörte ich den 10 000-Meter-Lauf mit Murakoso, kirschenpflückenderweise oder weniger kirschenpflückenderweise.
    Bibliotheksassistentin, 1921
    Ich habe immer die Kinder beneidet, die schulfrei kriegten, wenn die Eltern umzogen. Und unser Umzug fiel ausgerechnet in die Ferien! Das hat mich geärgert. Und da hat mein Vater gesagt: » Na gut, denn fahr’ ich mit euch zum Ausgleich dafür nach Berlin zur Olympiade.«
    Karten haben wir natürlich keine mehr gekriegt. Aber auch so war das eindrucksvoll. Die ganzen Fahnen Unter den Linden!– Plötzlich schrie alles: » Der Führer!« Er stand im Wagen und grüßte.
    Aber das größere Erlebnis war, wie die ganzen Pferde ins Stadion einritten. Das sahen wir von draußen. Wangenheim, den hab’ ich da gesehen.
    Rundfunkredakteur, 1924
    Olympiade.– Meine Mutter hatte eine Stickerei und Strickerei, und die erlebte mit den Nazis einen ziemlichen Aufschwung, weil sie die vielen weißen Strümpfe stricken mußte, und dann kamen die ganzen HJ - und BDM -Vereine da an und ließen ihre Wimpel da sticken. Da gab’s doch überall besondere Zeichen, die gestickt werden mußten, alles mögliche Runenzeug. Und die SS ist gekommen, und die SA ist gekommen, und da florierte die Sache richtig, und das fand man auch vollkommen in Ordnung, wo man geschäftlich was verdiente, das konnte doch nur was Gutes sein.
    Und 36, das war die Zeit der Ringestickerei, was die da zusammengestickt hat, die Olympiaringe… die bunten Ringe. Sie mußte die ganzen Fahnen ja. Zig, zig, zig Olympiafahnen…
    Schauspieler, 1927
    Olympiade.– Ich war an der Olympiade nicht interessiert, ich hatte in Sport ’ne 6. Aber als Junge– man zählt die Goldmedaillen, das hat man als persönlichen Erfolg genommen, so wie man später die eroberten Länder gezählt hat.
    Lehrer, 1924
    Ich hab’ ihn während der Olympiade gesehen, am Brandenburger Tor, ich saß auf einem Baum. Da war ein Kordon von SS , einer neben dem andern, einer kuckte zur Menge, einer immer nach draußen. So was von Absperrung, so daß das Volk schon Bemerkungen machte: Der muß das ja nötig haben, daß er sich so absperren läßt. Und die Leute haben getobt und gerast, sie haben sich in die Hosen gemacht vor Begeisterung, ältere Frauen, geschluchzt, als ob der Heiland kommt. Ein Teil der Begeisterung übertrug sich auf Coubertin und diese Leute, und ich muß zu meiner Schande gestehen, daß ich auch mitgejubelt habe.
    Der lange Mercedes, der jetzt in den USA versteigert wird, kugelsicher, und auf dem Auto gutgewachsene Jünglinge und vorneweg ein Polizeiauto mit gelber Flagge, das bedeutete: Jetzt geht’s los. Und die Leute hatten Spiegel, solche Grabenspiegel und Periskope, und die Väter hoben ihre Kinder hoch, und er grüßte mit klappendem Arm, und mit der linken Hand verdeckte er den letzten Arbeitslosen, wie immer gesagt wurde, also seine Genitalien, nicht?
    Fotograf, 1918
    Das zweite Mal hab’ ich Hitler bei der Olympiade gesehen, 1936 in Berlin. Da fuhr er die

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