Haben Sie Hitler gesehen - Haben Sie davon gewußt
Hand gegeben.
Was mir im Gedächtnis geblieben ist, das ist die babyrosa Farbe des Gesichts.
Kaufmann, 1926
1938.– In unserer Klasse hing ein Foto, von uns, wie wir am Zug stehen und ihm zujubeln, deshalb ist mir das haftengeblieben. Er kam ans Fenster, und anstatt nun was zu sagen, grüßte er– so– und verschwand wieder. Vorher sahen wir Goldfasane hin- und herfliegen, und dann kam der Stellvertreter. Da waren wir enttäuscht, aber immerhin, den hatten wir wenigstens gesehen.
Maschinenschlosser, 1922
In Hagen hab’ ich ihn gesehen, 1938, Parade der Leibstandarte, in Zwölferreihen. Da konnte man ’ne Meßlatte ranlegen, wie die die Beine schmissen, und denn so schwarz und alles Zwei-Meter-Männer. Wie so Affen.
Adolf stand auf der Tribüne und hat gegrüßt. Die Todgeweihten kamen vorbeimarschiert. » Ave Caesar, morituri te salutant.« Die Leute hatten doch alle Angst damals.
Lehrer, 1915
Hitler? Ja, natürlich. Auf dem Gauparteitag in Stettin. Da haben wir von Lauenburg die Feierstunde gestaltet, 360 Sänger. Ja, ein Bekannter besorgte mir eine Karte für die Ehrentribüne, und da habe ich dann Hitler etwa vier Stunden lang von hinten gesehen. Mein Eindruck? Ja, Gott, das war damals 38, da war man ja hell begeistert. Wir waren ja alle in der Partei, sonst wurde man gar nicht zur zweiten Lehrerprüfung zugelassen. Von unserm Kursus haben sich nur vier geweigert. Was mit ihnen wurde? Sie mußten abgehen, andern Beruf ergreifen.
Pastor, 1928
Das war, als Hitler mal nach Stettin kam. Das hat mich sehr beeindruckt, weil alle Leute schrien und mein Vater unerwarteterweise plötzlich sagte: » Eine Gestalt aus dem Wachsfigurenkabinett.«
Von da ab war ich immun.
Oberst, 1895
Ja. Bewunderung hatte ich für ihn. Was er wollte, war ja auch nicht schlecht. Er war ein faszinierender Mensch. Ich sah ihn als Begleitoffizier des Generals von Kluge im Hamburger Rathaus. Da stand ich hinter dem General, so auf Lücke, und sah, wie der Führer jedem einzelnen die Hand gab. Das war beeindruckend. Er hatte ganz große, tiefblaue, ganz dunkelblaue Augen, solche Augen muß auch Friedrich der Große gehabt haben. Mit seinen dunkelblauen Augen kuckte er die Leute dann ganz durchdringend an, und die waren wie hypnotisiert, wie der Frosch vor der Schlange, um diesen häßlichen Vergleich zu gebrauchen. Er hatte auch Überzeugungskraft.
Jahre vorher habe ich ihn einmal im Exporteurverband gesehen. Da hielt er eine große Rede. Ich war natürlich in Zivil da. Vorher diskutierten diese Kaufleute alle: Gott, was will dieser Mensch eigentlich. Aber als er dann sprach, war das so überzeugend, was er sagte, und er wußte sie so zu packen, daß es totenstill war, und hinterher gingen sie alle auseinander: Der hat wirklich recht, so ist es.
Buchhändler, 1929
Ich weiß ganz genau, daß das interessant ist für Sie.
Die Frage nach Hitler assoziiert in mir einen kleinen Klappstuhl mit 8 Sprossen, den hatte meine Mutter für den 1. Mai (?) 1939 vor dem Esplanade-Hotel in Hamburg gekauft, damit ich auf den Stuhl klettern und aus der 6. Reihe, über die Zuschauer hin, Hitler mit Franco beobachten konnte. Ich war 10 Jahre alt. Ich habe knapp die Mütze von ihm gesehen, aber diese Massen und die Disziplin der Massen hat uns fasziniert.
Was nachgeblieben ist, ist nur noch das Hitlerstühlchen. Damit spielen unsere Kinder jetzt.
Lehrer
Die Anlässe glichen sich aufs Haar: In Bremen standen wir als Schüler bei Gelegenheit des Stapellaufs des Ostasiendampfers » Scharnhorst« am Wall zwischen Herden- und Ansgaritor Spalier; in Hamburg war es der Panzerkreuzer » Tirpitz«, und wir standen als Soldaten am Holstenwall Absperrung. Einmal war es Göring, einmal Hitler, dieser– glaube ich– in Hamburg, und ich bin nicht einmal sicher, bei welcher Gelegenheit die nachfolgende Episode passierte. Wir standen also und warteten und warteten, wie üblich. Dünne Menschenkette. Dann Kradfahrer, Bewegung in der Menge, Köpfewenden, Hälserecken, Armerecken, gespannt, aber hanseatisch gemessen, Stille– Stimmung etwa: » Kiek, dat is he!« Aber ein BDM -Mädchen, das die Stille nicht ertragen mochte, versuchte, den aus der Wochenschau gewohnten Volksjubel zu entfachen, und schrie einsam und mit überschnappender Stimme einmal: » Heil!« Doch wollte niemand einstimmen, und so blieb der Ruf in der Luft hängen, etwa wie in Conrad Ferdinand Meyers » Schuß von der Kanzel« das Pulverwölkchen unterm Kirchengewölbe, und hat sich dauerhaft
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