Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Habiru

Titel: Habiru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Gerhardt
Vom Netzwerk:
hatte der Dollarschein mit dem Herrschaftsprinzip zu tun? Es war ja nicht so, dass Geld an der Spitze der Hierarchie stand. Sie lebte in einer Demokratie, in der gewählte Volksvertreter die Interessen des Volkes wahrnahmen. Sofort, nachdem sie diesen Gedanken hatte, wusste sie, wie unsinnig dieser war. Mitnichten entscheidet irgendein Volk auf dieser Welt, was seine Regierung für Maßnahmen ergriff. Man konnte es am Irak-Krieg erkennen. Es waren anscheinend ganz andere Triebkräfte am Wirken, die man nicht sofort sah und erkannte. Nicht nur in der Politik. Nicht nur in der Religion. Sie wurde das Dollarbild nicht los. In Wirklichkeit entschied eben doch nur das Geld, was passierte. Und das schien alles Leben zu vernichten, und sich dabei ähnlich zu organisieren wie die Herrschaftsgesellschaft selbst. Es sorgte ständig für Pyramiden, viele Arme unten, und nur wenige Reiche oben. Wie, das wusste sie nicht, aber dass es so war, war ihr nun so klar, dass sie sich fragte, warum sie das vorher nie gesehen hatte.
    Geld regiert die Welt. Wer viel Geld hat, bekommt noch welches dazu. Diese Weisheiten waren nicht umsonst entstanden. Sie lief sofort zu Schena, um von ihren Entdeckungen zu berichten. Vielleicht war das der letzte Schlüssel, und sie würde wieder zu Hause aufwachen. Eigentlich war sie sich dessen sicher. Sie fand Schena an der westlichen Mauer, kurz neben dem Tor, welches auch schon gute Fortschritte machte. Sie war ganz ausser Atem, und aufgeregt, so dass sie in den ersten Sekunden fast gar kein Wort herausbrachte.
    »Hey, Schena ...!«
    Schena schaute auf. Sie schien sich zu fragen, was denn los sei.
    Bis Sarah endlich wieder Luft fand. »Ich habe das Rätsel der Zikkurate gelöst. Es ist wirklich ein Bauwerk, welches Macht verkörpert, das wichtige ist nur, wie.«
    Schena zog beide Augenbrauen hoch, das konnte sie anscheinend kaum glauben. »Und? Wie?«
    »Stell dir vor, die Höhe eines Zikkurates sagt aus, wie viel Macht ein Mensch hat. Dann stünde Enki oben, auf der Spitze, als oberster Herrscher, und die Bewohner Eridus wären ganz unten. Und die Männer von Enki wären auf den oberen Terrassen angesiedelt.«
    Schena verstand nicht und brachte das mit einem verständnislosen Gesichtsausdruck zur Geltung. »So ist das Leben aber nicht organisiert. Niemand steht über dem anderen.«
    »Bei euch nicht, bei uns aber schon. An der Spitze steht ein Herrscher, oder ein Gott, der in der Hierarchie ganz oben steht, für alles verantwortlich ist und über alles verfügt. Denk' außerdem an die Bewohner Eridus. Sie werden nun von den Habiru beherrscht und sind sozusagen Menschen zweiter Klasse.«
    Diese Abstraktionsleistung war eindeutig zu viel für Schena. Sie kannte weder einen Herrscher, noch konnte sie sich vorstellen, dass es Menschen mit verschiedener Wertigkeit gab. Man sah es ihr an.
    »Denk' an die Einwohner Eridus. Sie sind nun nicht mehr frei, sondern arbeiten für die Habiru.«
    Damit konnte Schena augenscheinlich mehr anfangen, sie hatte selbst gesehen, welches Auswirkung die Begegnung mit den Habiru hatte.
    Sarah war so aufgeregt, dass sie gleich weiterplapperte.
    »Und - daran hat sich bis heute in meiner Welt nichts geändert. Zwar gibt es nach langen und zähem Ringen nicht mehr so eindeutige Herrscher und Beherrschte, aber es ist kein Zufall, dass auf dem Geld die Pyramiden abgebildet sind. Das Geld selbst ist zum Herrschaftsmittel geworden, und wir nehmen es nicht mehr war. Weil wir Geld zwingend brauchen, und es für gut halten, wenn wir es besitzen. Wie das alles funktioniert, weiß ich nicht genau. Aber dass es so ist, da bin ich mir ziemlich sicher.«
    Schena lächelte. »Schau, es sieht so aus, als ob du das Rätsel gelöst hast. Dein Zweck deiner Vision hat sich endlich offenbart.«
    Sie war sichtlich stolz, auch wenn sie nicht alles sofort verstand. Und Sarah war zu aufgeregt, um das komplett zu begreifen.

6. Ein neues Leben
    Doch Sarahs Hoffnungen wurden nicht erfüllt. Vielleicht hatte sie das Rätsel gelöst, aber am nächsten Morgen wachte sie dennoch wieder in Erech auf. Das machte ihr zu schaffen, auch wenn sich alle weiterhin liebevoll um sie bemühten, insbesondere Schena.
    Hatte sie etwas übersehen? War das Rätsel doch noch nicht gelöst?
    Die Unsicherheit, was denn nun sei, war unerträglich. Ihr Wunsch, wieder zu Hause aufzuwachen wurde größer und größer.
    Auch wenn sie diese Welt liebte - und ein Teil von ihr mehr als heimisch war. Statt an der Mauer half sie nun

Weitere Kostenlose Bücher