Habiru
Diskussionen, an dem man nicht weiterkam. Der Kern war immer: Der Mensch war schon immer so, und das beinhaltete, dass man ihn nicht ändern konnte. Meistens wurde das Beispiel mit den gescheiterten Erziehungsversuchen der real existierenden kommunistischen Länder gebracht. Das war auch das Ergebnis gewesen, was bei der Diskussion in ihrer Umweltschutzorganisation herauskam. Es ging immer um Profit. Es gab schon immer Gewalt, es gab schon immer Kriege, es gab schon immer Neid und Missgunst, es gab schon immer Hierarchien, in denen die Herrscher ihre Macht für sich nutzten. »Macht korrumpiert« war das sinnreiche Sprichwort der alten Römer, welches ihr Lehrer gerne benutzte. Nur diese zwei Worte, nicht mehr und nicht weniger, keinerlei Einschränkungen schien es dafür zu geben.
Ihre Gedanken schweiften immer weiter ab, sie fragte sich schon ob sie wirklich noch ein normales Mädchen war, bei all den Gedanken, die sie im Kopf hatte.
Wieder fiel ihr Schena ein. Wie erstaunt sie doch wirkte, als ich von Hitlersprach. Ihr waren alle Begriffe, die ich im Zusammenhang mit seiner Schreckensherrschaft gebrauchte, nicht vertraut. Herrschaft. Wie kann jemand keine Herrschaft kennen. Das machte keinen Sinn.
Und dann noch die Erwähnung einer Großen Mutter. Sie zermaterte sich ihren Kopf, konnte aber keinen Reim darauf finden. Nach geraumer Zeit stand sie wieder auf uns gesellte sich zu ihren Eltern ins Wohnzimmer.
2. Jessica
Für den Nachmittag hatte sie sich mit Jessica verabredet. Sie war mehr oder weniger ihre beste Freundin, auch wenn Jessicas Oberflächlichkeit ihr mehr und mehr auf die Nerven ging. Einige gemeinsame Interessen hatten sie schon. Die Musik zum Beispiel, oder ihr erwachendes Interesse an den Jungens ihrer Schule. Sie machte sich auf den kurzen Weg zu ihr, denn Jessica wohnte gleich um die Ecke.
Sie klingelte, und kurz darauf machte Jessicas Vater die Tür auf. Er sah griesgrämig aus, dabei war doch heute Sonntag und wahrscheinlich sein einziger freier Tag. Er war stur auf Karriere aus, und schuftete wie ein Irrer in seinem Job. Sarah wusste nur, dass es irgendwie um Medien ging, das faszinierte sie einerseits, andererseits sah man ihn selten, und dann war er gestresst und gereizt. Sie konnte gut und gerne auf seine Anwesenheit verzichten, und, Jessica ging es meist ähnlich. »Ich bin mit Jessica verabredet, ist sie da?« Fragte sie leise. »Ja Sarah, komm' doch rein, ich rufe sie schnell. Jessica! Sarah ist da!« schallte es laut über den Flur. Da kam sie schon die Treppe herunter gestürmt, um sie in Empfang zu nehmen.
»Hi Sarah! Da bist du ja - komm', lass' uns in mein Zimmer gehen. Ich habe gerade meinen Schminkkoffer offen, und außerdem gibt es gleich Dawsons Creek. In der Vorschau steht das Joey und Pacey ein Problem mit dem ersten Mal haben.«
Das war zur Zeit ihre Lieblingsserie, Dawson hier, Dawson dort, als ob es nichts anderes geben würde. Sarah schaute das nur unregelmäßig, interessierte sich aber schon, wenn es um das Thema ging. Schließlich war von ihren Eltern nichts in Sachen Aufklärung zu erwarten, und die obligatorischen Bravo-Magazine waren doch etwas einseitig. Das mit dem Schminkkoffer, den Jessica zu ihrem Geburtstag geschenkt bekommen hatte, reizte Sarah aber zugegebenermaßen auch. Denn sie wollte auch hübsch sein, und im direkten Vergleich zu Jessica kam sie eher schlecht weg. Mit ein wenig Schminke kann man das aber bestimmt ausgleichen - und dann schauen auch mir die Jungens hinterher - nicht nur ihr. Jessica hatte noch hellblondere Haare als sie, die sie meist offen trug und die ihr bis auf die Schultern fielen. Ihre Figur war schon ausgeprägter, sie trug schon BHs mit der Größe 70 B.
Ihre eigene Körbchengröße kam da nicht mit. Muss langsam wachsen. Wird Zeit. Sie saßen in Jessicas Zimmer und schauten Dawsons Creek. In der Folge wollte Pacey unbedingt das erste Mal mit Joey schlafen, aber sie war wohl noch nicht so weit. Oder war sie frigide? Jedenfalls hat sich irgendwann Pacey zurückgezogen, nachdem er merkte, dass von ihr keine Reaktion kam. Was für Probleme die doch mit dem Thema Sex hatten. Sie hoffte, dass ihre erste sexuelle Erfahrung nicht so kompliziert würde. In Wahrheit hatte sie eine unbändige Angst vor dem »Ersten Mal« und wusste weder den rechten Ort noch die rechte Zeit, geschweige denn, wie der »Richtige« sein sollte. Sie musste wieder an Schenas Welt denken, in der es so aussah, als ob die Menschen viel natürlicher mit
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