Habiru
aber nicht den Mut, sich derer bewusst zu werden. Sie kämpfte drum, dies im Verborgenen zu halten, trotz aller guten Worte ihrer Mutter wollte sie diese Verrücktheiten nicht zulassen.
Denk an die Schule. Das half. Sie machte sich auf, damit sie pünktlich dorthin kam. Irgendwie freute sie sich auf die Ablenkung. Und darauf mal wieder auf andere Gedanken zu kommen.
4. In der Schule
Ihre freudige Stimmung war schnell dahin. Schon in der zweiten Stunde, es war eine furchtbar langweilige Mathematik-Doppelstunde bei Herrn Lorens, wurde
ihr Alptraum mal wieder war.
Sie war abgelenkt gewesen, ihr bestes Fach war Mathe sowieso noch nie, und ausgerechnet nun nahm der Lehrer sie bei einer schwierigen Algebraaufgabe dran. Natürlich konnte sie die nicht lösen, sie konnte nichts anderes sagen als:
»Tut mir leid, ich kann das nicht.«
Was den Lehrer zur Verzweifelung trieb und ihnen nun eine ganze Reihe an Hausaufgaben bescherte. Selten war sie beim Pausenklingeln so erleichtert wie
heute. Ihr schwirrten schon wieder Einzelheiten aus der Diskussion mit Schena durch den Kopf. Sie traf zufällig ihren Geschichtslehrer, Herrn Berger, draußen in der Pausenhalle, als der auf dem Weg ins Lehrerzimmer war.
»Herr Berger, haben Sie einen Moment Zeit?«
»Na klar, Sarah, was gibt es denn?«
Herr Berger war einer der netteren Lehrer, mit dem sich die meisten Schüler gut verstanden. Das lag vielleicht daran, dass er noch nicht so alt und verknöchert wirkte, wie viele ihrer anderen Lehrer. Er war Ende dreißig, und einige in ihrer Klasse schwärmten regelrecht für ihn. Er sah nicht wirklich gut aus, aber anscheinend machte die geringe Auswahl an gut aussehenden Lehrern ihn zum Favoriten. Sie überlegte nicht lange:
»Nun, wir hatten doch gerade erst Hitler und den 2. Weltkrieg im Unterricht. Ich möchte gerne wissen, warum Hitler ausgerechnet ein Hakenkreuz als Zeichen nahm. Was hat es damit auf sich?«
Herr Berger runzelte die Stirn: »Hmm, ich bin der Meinung, Hitler war ein wenig okkult veranlagt. Dieses Zeichen ist ein uraltes Symbol, ich glaube sogar indogermanischer Abstammung, man nannte es Swastika. Aber was es bedeutet weiß ich auch nicht. Ich werde mich aber mal schlau machen, das interessiert mich nun auch.«
Beim Wort Swastika war Sarah nun regelrecht hellhörig geworden. Konnte das, was Schena sagte, wahr sein? Gab es das wirklich, benutzte Hitler dieses uralte Symbol deshalb?
»Wie kommst du eigentlich darauf - ich meine, das ist doch nicht eigentlich dein Interessengebiet, in meinem Unterricht warst du ja nur mittelmäßig inter-essiert.«
Sarah vernahm wohl den kritischen Unterton. Sie antwortete ohne darauf einzugehen: »Ach, ich habe neulich dazu ein Buch gelesen, und da fiel mir dieses Zeichen auf, weil es überall zu sehen war. Da war sogar so ein Bild mit einem richtigen Fahnenmeer von Flaggen mit dem Hakenkreuz drauf.«
Sarah war schnell im Improvisieren, auf keinen Fall wollte sie erzählen, warum sie in Wirklichkeit etwas zur Swastika wissen wollte, geschweige denn etwas von Schena. Herr Berger hätte sie für komplett verrückt gehalten. Und das Bild, was sie schnell in Erinnerung hatte, war eines aus ihrem Geschichtsbuch. »Fahnen, Symbole und sonstige Zeichen braucht der Mensch wohl, um sich positiv gegenüber anderen abzugrenzen. Letztlich ist doch auch das Kreuz der Kirchen so etwas ähnliches. Oder Nationalflaggen. Die Bedeutung hängt von der Wahrnehmung der Empfänger ab. Für viele Hitlergetreue war es bestimmt kein negatives Symbol, das Hakenkreuz, wir heute sehen es so - weil Hitler mit diesem Symbol so viel Unrecht und Leid in die Welt brachte, verknüpfen wir das mit diesem Symbol. Denk nur an die USA-Fahne. In den USA wird sie als Zeichen der Freiheit verstanden, im islamischen Raum ist sie verhasst und ein Zeichen der Unterdrückung und Ausbeutung.«
Sarah musste aufpassen, um nicht zu viel Wissen über die Swastika und seine wirkliche Bedeutung zu verlieren, damit Herr Berger nicht skeptisch wurde, warum sie das interessierte.
»Da haben sie wohl recht. Das Symbol selbst ist an seinem Missbrauch wohl kaum schuld.«
»Genau.« Herr Berger lächelte.
»Sie haben mir sehr geholfen, vielen Dank. Ähm, eine kurze Frage habe ich noch: Wissen Sie, warum es damals diese Notlage gab, und Hitler die Macht ergreifen konnte?«
»Es gab eine Weltwirtschaftskrise, die überall Not und Elend brachte. Die Menschen waren arbeitslos, ohne Hoffnung, hatten kaum was zu essen. Ausgehend von
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