Habiru
hinterher stürzen. Auf dem Weg aus der Menge heraus sah man viele fröhliche und gut gelaunte Gesichter. Sie waren schon bald am Rand der feiernden Menge und hockten sich hin.
Als ihre Atmung wieder normaler wurde, sagte sie zu Schena: »Euer Fest gefällt mir. Es ist schön, wie wirklich alle eingebunden sind. Außerdem war der Kreis beeindruckend, und die Musik geht direkt in die Füße ...« Sie kicherte, bei dem Gedanken an die Verrenkungen, die sie vorhin machte. »Es ist wirklich ein starker Rhythmus.«
Schena freute sich darüber, dass ihr das Fest auch so gefiel. »Es macht wirklich Spaß, solch ein Fest. Es ist immer schön, wenn alle im Kreis miteinander feiern. Deswegen machen wir es ja so oft!« Bei dem Gedanken lief Sarah erneut ein warmer Schauer über den Rücken, da spielten wieder ein paar Glückshormone mit.
Es war auch jetzt noch angenehm warm, obwohl schon tiefe Nacht. Grillen zirpten ihre Melodie. Die Luft war wie elektrisiert von der Menschenmenge und der von ihr ausgehenden Fröhlichkeit. Man konnte es spüren, welche Lebenslust hier pulsierte, und wie jeder Teil des Ganzen war.
Da sahen sie Nestas, die lachte und richtig in Feierlaune war. Sie stand mit einigen anderen Frauen und Arnek in einer Runde, und unterhielt sich lautstark. Das musste sie auch, der Lärm des Festes war noch kein Deut abgeebbt, und im Kreis tanzten immer noch ausgelassene Menschen.
Sarah überlegte, ob das nun ein guter Moment wäre, endlich zu erzählen, was ihr auf dem Herzen lag. Einerseits wollte sie Nestas nicht das Fest verderben mit ihrer Geschichte, andererseits brannte es ihr richtig auf der Seele. Würde es sehr aufdringlich aussehen, wenn sie jetzt damit anfing? Sie blickte Schena an, und sie lächelte ihr aufmunternd zu, sie schien zu verstehen, wie sehr es sie bedrückte, endlich mit ihrer Geschichte auszupacken. Also machte Sarah es einfach, und wählte dazu eine drastische Methode, damit man ihr auch wirklich zuhören würde. Sie trat genau vor Nestas, damit sie ihre volle Aufmerksamkeit bekam. Nestas blickte auf, als Sarah genau vor ihr auftauchte, und wollte gerade etwas sagen, als Sarah bereits anfing zu erzählen. Sie hatte sich vorher überlegt, wie sie es sagen konnte:
»Nestas, hör' mir bitte zu. Eigentlich sind wir hierher gekommen, um herauszufinden, wo ich hier bin, wie ich hierher gekommen sein könnte und wie ich wieder nach Hause gelangen kann. Inanna und Arnek hielten es für die beste Idee, hier in Eridu zu forschen. Aber das brauche ich vielleicht gar nicht mehr.« Sie holte Luft. »Ich träume das alles hier nur - auch wenn es sehr real ist. Ich liege gerade zu Hause in meinem Bett und schlafe. Und ich kann mich an alles erinnern, wenn ich aufwache. Ich habe versucht, Eridu zu finden. Es gelang mit tatsächlich. Nur ist es in meiner Welt Jahrtausende her, dass es unterging. Es existiert nicht mehr, es gibt nur noch unter Sand begrabene Reste. Ich komme also vermutlich aus der Zukunft.«
Nestas war erstaunt, entsetzt, ungläubig, eine Mischung aus all dem. Ihr Mund stand offen. Die anderen Frauen der Runde schauten skeptisch, Sarah konnte nicht genau deuten, was sie wohl dachten. »Kind! Seit wann weißt du das? Und woher? Und wieso hast du das nicht gleich gesagt?«
Sie hatte mit einer solchen Flut von Fragen gerechnet, wusste aber im ersten Augenblick nicht, wo sie anfangen sollte. »Eigentlich wollte ich es doch schon mehrmals sagen, bis jetzt war nur noch nicht die richtige Gelegenheit dazu. Außerdem wusste ich gar nicht, wie viel ich euch überhaupt sagen sollte. Ich wollte euch keine Angst machen, und ich wusste ja auch nicht, ob ihr mir glauben würdet.«
Nestas blickte sie beleidigt an. »Aber Sarah, natürlich glauben wir dir. Warum solltest du lügen? Und Angst bekommen wir so schnell keine - es sei denn ein wildes Tier bricht hier ins Dorf ein.«
Sie neckte Sarah schelmisch, um sie etwas aufzubauen. Sarah fühlte sich leer, nachdem sie jetzt die Bombe platzen lies. Sie war noch verwirrt von der aufgeschlossenen Reaktion der drei. Denn nicht nur Nestas reagierte so gelassen, auch Schena und Arnek, wirkten längst nicht so beunruhigt, wie sie es ihrer Meinung nach sein sollten und wie sie selbst es war. Schena war die ganze Zeit ruhig neben ihr gestanden, sie war ja aber auch die einzige, die schon das wichtigste kannte. Arnek grübelte zwar, aber auch er war ruhig geblieben, als sie davon erzählte, dass sie aus der Zukunft komme und alles nur träumen würde. Nestas
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