Habiru
bleibt, dass Eridu in meiner Zeit nicht mehr bewohnt ist und nur noch als Ausgrabungsstätte für Archäologen existiert. Und da Eridu hier euer blühendes Zentrum ist, bedeutet das, dass ich hier in der Vergangenheit meiner Welt bin, während es für euch die Zukunft ist.«
Auch wenn Schena mit einem Archäologen nichts anfangen konnte, die Erklärung Sarahs leuchtete ihr ein.
»Vielleicht hat deine Anwesenheit genau diesen Grund. Wir sollen voneinander lernen. Du aus eurer Vergangenheit, wir aus deiner Zukunft.« Ihr fiel der eigentliche Anlass für ihren kurzen Halt ein. »Warum kann man in eurer Zeit weniger Sterne sehen?«
»Das kann ich dir nicht sagen.«
Nach einer kurzen, stillen Pause redete Schena weiter: »Nestas interessiert sicher auch, was du zu sagen hast. Lass uns zum Fest gehen, die anderen werden bestimmt schon ungeduldig!«
2. Der Omphaloi-Stein
So etwas hatte Sarah noch nicht gesehen. Ganz Eridu war auf den Beinen. Im Zentrum war alles mit Blumen und Bändern geschmückt, allein die Vorbereitung für dieses Fest musste Tage gedauert haben, und hatte unzählige Helfer erfordert.
Auf der linken Seite des Dorfplatzes waren mehrere Zelte aufgebaut, in denen Tische und Bänke aufgestellt waren. In einem größeren Zelt hatte die Sippe der Sigura groß aufgetafelt. Eine wahre Menschenmenge schob sich über den Platz. Sie sah viele festlich gekleidete und froh gelaunte Menschen jeden Alters. In der Mitte des Platzes war eine Stele zu sehen.
Arnek kam einen Schritt auf sie zu, hielt seine Hand an den Mund und erhob seine Stimme, die gegen den Lärm der Menge ankommen musste: »Da hinten steht der Omphaloi, der Nabelstein. Willst du ihn mal näher anschauen?« Natürlich wollte sie das, deshalb nickte sie heftig. Der Nabelstein dieser Kultur war schließlich etwas, was sie sehr interessierte. Sie drängelten sich in seine Richtung, zur Mitte des Platzes. Schena hielt ihre Hand fest, was Sarah angenehm war. So hatte sie keine Angst, die anderen angesichts der Menschenmenge aus den Augen zu verlieren.
Dann standen sie vor dem Omphaloi. Schena und Sarah erstarrten in Ehrfurcht. Er war um die drei Meter hoch und bestimmt einen halben Meter im Durchmesser. Er war rund, natürlich, und auch seine Spitze verjüngte sich mit einer Rundung.
Wie ein überdimensionaler Poller waren ihre Gedanken. Die Oberfläche war schwarz und glattgeschliffen, nur Ornamente verzierten den Stein, diese waren eingraviert und mit goldener Farbe angemalt.
Die goldenen Stellen funkelten im Schein der rundherum aufgestellten Fackeln, die schwarze Oberfläche schluckte das Licht. Sarah konnte im Dunkeln nicht alle Bilder erkennen, sie sah aber mehrfach ein Schlangenmotiv.
»Es ist ein Obsidian. Selbst unsere erfahrendsten Steinkundigen hatten Schwierigkeiten, diesen Stein zu verzieren.«
Nestas war zu ihnen getreten und hatte bemerkt, wie erstaunt Sarah den Stein ansah. Sie war wie gefesselt von diesem Stein.
»Er ist wunderschön!«
»Das ist er wirklich. Und sehr selten. Kommt mit, lasst uns zum Essen gehen. In einer halben Stunde fängt die Zeremonie an.«
Nestas ging schon los, und durch die Hektik kam Sarah nicht dazu, ihr eigentliches Anliegen vorzutragen. Sie folgten ihr durch die Menschenmenge in Richtung der Zelte.
Sarah war gleich hinter Nestas. Die Eindrücke des Festes nahmen sie gefangen. Als sie in dem Zelt mit dem aufgetafelten Essen ankamen war etwas mehr Platz. Sarah sprudelte vor Fragen nur so über. »Was ist das eigentlich für ein Fest? Was hat es mit der Zeremonie auf sich? Und wieso heißt es, es wird zu Ehren der Sigura gefeiert?«
Nestas schaute gütig und sprach: »Nur keine Hast. Wir haben genug Zeit, um wirklich alles zu besprechen. Die Sigura haben Wohlstand erworben, die Felder, die sie nutzen, waren sehr fruchtbar und ertragreich. Nun teilt sich das gesamte Dorf diesen Ertrag. Diese Feier findet immer dann statt, wenn es etwas zu verteilen gibt.«
Sarah war wie schon so häufig irritiert, wenn sie von den Sitten dieses Volkes hörte.
»Und die Sippe der Sigura gibt einfach alles so her? Warum behält sie nicht einfach ihren Besitz?«
Und nun runzelte auch Nestas ihre Stirn. »Warum sollten sie das tun? Welchen Nutzen hätten sie von einer Anhäufung von Nahrung? Sie kann doch nur jetzt gegessen werden, wenn man sie zu lange lagert, verdirbt sie.«
»Aber was ist mit schlechten Zeiten? Was ist, wenn es mal eine Missernte gibt? Wie sorgt ihr davor vor?«
»Die Große Mutter ist sehr
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