Habiru
Und die menschengemachte Klimaveränderung ist nicht ortsgebunden. Es können sich auch die Niederschlagsmengen in ganz weit entfernten Gebieten ändern, denn die Winde tragen die Wolken mitunter Hunderte Kilometer weit und regnen dort erst ab. Oder eben nicht.«
Alle waren sprachlos. Das war eindeutig zu viel an Information.
Sarah machte Pause, die anderen mussten das erst verdauen. Alle schienen Fragen zu haben, jedenfalls waren vor allem auf den Gesichtern von Nestas und Arnek viele Fragenzeichen zu sehen, welche sich in dem schon obligatorischen Stirnrunzeln zeigten.
»Woher weißt du das eigentlich alles?« fragte Arnek interessiert.
»Nun, in unserer Welt sind schon viele Auswirkungen des Raubbaus nicht mehr zu übersehen. Unsere Welt wird in ihrer Gesamtheit davon bedroht. Viele Menschen haben sich Gedanken dazu gemacht, und uns wird in der Schule beigebracht, was da passiert.«
Arnek fragte: »Wenn ihr so viel Wissen darüber habt, warum ändert ihr euer Verhalten nicht und stoppt den Raubbau - damit die Kräfte des Lebens wieder ins Gleichgewicht kommen?«
»Tja ...« Sarah wusste nicht wirklich, was sie sagen sollte.
Aber eine weitere Antwort blieb ihr erspart, weil Nestas schon weitergedacht hatte.
»Du sagst also, dass du aus der Zukunft kommst, und dass Eridu in deiner Welt lange untergegangen ist, weil es zur Wüste wurde?«
Sarah nickte heftig.
»Und heute ist Krieg auf dem verwüsteten Land?«
Sarah sagte nichts, sondern schaute mit einem mitleidigen Blick in die Runde. »Puh, das ist alles etwas viel für mich.« stöhnte Nestas.
Aber im nächsten Augenblick war sie sofort wieder gefasst und wollte der Sache weiter auf den Grund gehen. »Wie auch immer das sein kann, das hört sich spannend an. Wahrscheinlich wollen dir die Traumgeister etwas bestimmtes sagen.«
Sarah blickte zu Schena. »Genau das hatte Schena mir auch schon gesagt. Es ist für etwas gut.«
Nestas lächelte sie an. »Finden wir heraus, wofür!«
Sarah strahlte. Diese Menschen waren durch nichts zu erschüttern und immer noch hilfsbereit und freundlich. Und neugierig. Genau wie sie, endlich hinter das Geheimnis ihrer Anwesenheit hier zu kommen.
»Ich würde gerne mehr über die Steinkundigen erfahren. Mich hat die Matu- Hütte fasziniert, ebenso wie eurer Omphaloi-Stein. Aber auch eure Hütten selbst. Arnek meinte, man könnte eventuell ein Treffen mit einem Steinkundigen arrangieren.«
Nestas lächelte. »Na, aber sicher doch. Wir werden morgen Mousud besuchen, er ist einer der Besten seines Faches. Vielleicht hilft es uns bei der gemeinsamen Suche, nach dem Sinn deiner Vision.«
Sarah nickte ihr dankbar zu.
5. Pulsierendes Leben
Runde um Runde kreiste der Wein, und Sarahs Zunge wurde schwerer und schwerer, bei ihren Antwortversuchen auf die unzähligen Fragen nach ihrer Welt und ihrem Wissen über Eridu. Aber den anderen erging es auch nicht besser. Obwohl sie diesen Menschen ihr Wissen offenbart hatte, war ihnen die Fröhlichkeit nicht verloren gegangen. Sie erzählten sich in ihrer kleinen geselligen Runde auch ständig Witze und Anekdoten, auch wenn das Hauptthema der Diskussionen Sarahs Anwesenheit war.
Sie hätte nicht gewusst, wie sie sich gefühlt hätte, nach der Offenbarung, ihre Welt würde verwüstet und untergehen.
Andererseits konnte man ja deswegen auch nicht in Depressionen verfallen und sich treiben lassen. Es war ja gar nicht klar, ob überhaupt und wann so etwas geschehen würde.
Und außerdem: Auch zu Hause in Hamburg drohte beständig die Gefahr der Verwüstung und des Untergangs der Welt. Sie erinnerte sich an das ohnmächtige und angsterfüllte Gefühl, welches sie hatte, als der Anschlag auf das World Trade Center und das Pentagon stattfand. Krieg, Umweltzerstörung, Klimawandel, Überbevölkerung. Es gab auch bestimmt ein Dutzend weiterer schlechter Gründe, warum das Leben in seiner Gesamtheit bedroht war.
Diese Gedanken machten sie traurig, man konnte ihr das vermutlich ansehen, jedenfalls schien Schena es gesehen zu haben und sprach sie an: »Sarah, du siehst so traurig aus. Du musst nicht traurig sein. Wir finden schon heraus, was hier passiert.«
Sarah war dankbar für diese Worte. »Ich weiß - es ist nur - auch in meiner
Welt sieht es nicht sonderlich rosig aus. Und die Gedanken dran können einen schon schwermütig machen.«
»Schluss jetzt damit! Komm' mit, lass uns nach draußen in die Nacht gehen und den Sternenhimmel bewundern.«
Sie entschuldigten sich bei den anderen
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