Habiru
Raum um, und überlegte, was sie machen sollte. Sollte sie die Zwei wecken? Sie wusste nicht recht. Da sah sie einen Zuber mit frischen, kalten Wasser, den jemand in der Nacht bereitgestellt haben musste. An Gastfreundschaft mangelte es hier wirklich nicht.
So ging sie zu dem Zuber und wusch sich erst einmal. Das Wasser war herrlich erfrischend, ein paar Schluck trank sie auch davon, und alle ihre Lebensgeister kehrten zurück. Einen Kater hatte sie nicht, logischerweise, da sie den ja schon beim Aufwachen das letzte Mal zu Hause hatte. Sie schaute in das Gesicht von Schena, die nun wegen der Bewegung im Raum tatsächlich auch langsam wach wurde - sie sah ziemlich zerknittert aus. Da blinzelten sie winzig kleine Augen an: »Uahhh...wie spät ist es? Und wieso bist du schon wach? Und warum siehst du nach der Nacht aus wie die strahlende Sonne?«
»Pst, Schena, weck Arnek nicht auf.« Sie freute sich, wieder mit ihrer Freundin plaudern zu können.
»Ich hatte einen Kater in meiner Welt, nach dem letzten Aufwachen. Ich sah bestimmt genauso aus wie du und hatte tierische Kopfschmerzen.«
»Was bitte meinst du denn mit einem Kater? Katzen?«
Sarah lachte. »Nein. So nennt man den Zustand, den du bestimmt gerade mitmachst. Wenn man zu viel Alkohol trinkt und das beim Ausnüchtern dem Körper Schmerzen bereitet.«
»Ach so nennt ihr das? Bei uns ist es der Geist des Weines, der sich nur langsam wieder von uns abwendet.«
Sarah lächelte. So konnte man das auch sagen. »Bis jetzt kannte ich das nur von meinen Eltern. Angenehm ist das nicht. Ich weiß gar nicht warum so viele Leute immer Alkohol trinken.« sagte sie mehr zu sich selbst.
Erst jetzt wurde Schena wacher. »Du bist also in deiner Zeit aufgewacht und hattest deinen, äh, Kater schon? Und nun hast du ihn nicht mehr, weil in deiner Welt danach noch Zeit verging?«
»Genauso ist es, dieses Mal über eine Woche - was auch immer der Schlüssel war, ich habe ihn wohl gefunden.«
»Erzähl!«
»Später, wenn Nestas dabei ist. Ich möchte nicht alles doppelt erzählen. Wir wollten doch heute zum Steinkundigen.«
»Ja. Zu Mousud. Nestas kommt vorbei, uns abholen. Mal sehen, wann der Geist des Weines sie verlässt. Ich vermute, wir haben noch ein wenig Zeit.« Schena konnte anfangs ihre Neugier kaum verbergen, zu groß war ihr Interesse an Sarahs neuen Erkenntnissen. Dennoch hatte sie sich die halbe Stunde, die es lediglich dauerte, bis Nestas zu ihnen kam, um sie abzuholen, gut unter Kontrolle.
Dann stand Ehrwürdige Mutter Nestas in der Tür, und wenn sie tatsächlich von irgendwelchen Weingeistern besessen war, waren diese ebenfalls früh aufgebrochen.
Arnek verschlief den halben Morgen. Bevor sie gingen weckten sie ihn, um ihm zu sagen, dass sie nun aufbrechen würden. Arnek murmelte, er wolle auf den Markt gehen.
Sie verabschiedeten sich kurz und brachen dann auf.
Die Tholoi vom Steinkundigen Mousud war außerhalb Eridus, in westlicher Richtung. Nestas hatte einen Besuch bei Mousud vorgeschlagen, weil er ihrer Meinung nach der erfahrenste Steinkundige war.
Schena und Sarah folgten Nestas auf einem schmalen Pfad über grüne Wiesen und kamen bald in eine leicht hügeligere Gegend, bewachsen mit schon größeren Gehölz, aber ohne dass man es Wald nennen konnte.
Auch heute war es wieder ein wunderbares Wetter, sonnig, aber nicht zu warm, mit einem lauen Lüftchen. Sarah genoss die Sonnenstrahlen auf ihrer Haut. »Sagt mal, Ehrwürdige Mutter Nestas. Ist eigentlich euer Wissen um die Steine eine Art Geheimwissen? Bisher hat mir niemand genau gesagt, wie ihr eure tonnenschweren Steine formt oder bewegt ...« fragte Sarah an Nestas gewandt.
»Nein, es gibt bei uns kein Geheimwissen. Jeder kann alles in Erfahrungn bringen, was er möchte. Es gibt keinen Vorteil für den Kundigen, wenn er ein Geheimnis aus seiner Arbeit machen würde. Er müsste immer fürchten, dass sein Wissen irgendwann ausstirbt. Und Vorteile aus seiner Arbeit außerhalb von Ruhm und ewiger Erinnerung an seine Arbeit gibt es nicht.«
»Was bedeutet das? Verdient er kein Geld mit seiner Arbeit?«
»Was bitte ist Geld?« Nestas verstand nicht. Jetzt musste Sarah auch noch Geld erklären. Es wird ja immer doller.
»Na nur mal zum Beispiel, man muss sein Essen und die Unterkunft bezahlen. Dafür muss man Geld verdienen. Und das macht man, in dem man arbeitet.« Nun blickte Nestas vollkommen verwirrt, so dass sie sogar stehen blieb. Sarah ging auf, dass hier gar niemand Geld zu kennen
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