Habitat C (German Edition)
irritiert an. Das war nicht die Reaktion, die er hervorrufen wollte. Das war gut. Wenn er unsicher wurde, würde es eine Öffnung für Daxxels kleines Brecheisen geben.
»Es ist doch so«, meinte Daxxel in ruhigem Tonfall, »dass wir beide wissen, dass Sie nicht alleine gehandelt haben. Die Ermittlungen haben Geldströme nachvollzogen und zeigen eindeutig auf Komplizen in dieser Sache. Aber ich muss Ihnen Respekt zollen: Die letztliche Eindeutigkeit fehlt, der schlagende Beweis, die alles belegende Tatsache. Sie haben ordentlich gearbeitet. Ein wirres Netz von Transaktionen mit vielen Konten und auf der Basis einer … ich sag mal unkonventionellen Banksoftware, die weitaus mehr kann, als sich den Kontostand zu vergegenwärtigen. Wir wüssten gerne, woher Sie die haben. Die sieht aus wie … selbst gestrickt, doch ein Programmierer sind Sie bestimmt nicht.«
Er beugte sich vor und schaute Felt direkt an. Dieser hatte auf sein Lob mit einem angedeuteten Lächeln reagiert. Er schien stolz auf das Erreichte zu sein, soweit man darauf stolz sein konnte.
»Sie haben ja auch sonst ordentlich gearbeitet. Nein, mehr als das. Ich habe mir Ihren Lebenslauf angeschaut. Ihre Vorgesetzten haben seit Beginn Ihrer Laufbahn große Stücke auf Sie gehalten. Sie sind ein intelligenter Mann, umsichtig, nicht nur ein effizienter Aktenfresser, sondern überdies jemand, der Zusammenhänge versteht oder herstellen kann. Sie waren mit Ihrem Aufstieg in der Hierarchie ein guter Vorgesetzter, haben die Potenziale Ihrer Untergebenen erkannt und richtig genutzt, haben gefördert, wo es sinnvoll erschien. Sie haben kluge Berichte verfasst, mit wichtigen Einsichten und Analysen. Sie wurden in jeder Jahresevaluierung zu Höherem vorgeschlagen, Felt. Sie waren auf dem Weg an die Spitze, und das verdientermaßen.«
Felt sah zur Seite. Das erinnerte ihn möglicherweise an das, was er durch sein Handeln nunmehr fortgeworfen hatte. Daxxel fuhr fort.
»Dann ist es aber so, dass wir alle unsere Schwächen haben. Jeder von uns, der im Diplomatischen Dienst arbeitet, weiß davon. Einige fühlen sich isoliert, eingesperrt, andere ersticken an der Bürokratie. Es gibt innere Kündigungen oder den Burn-out. Und einige von uns kompensieren das dann, manchmal auf sehr destruktive Art und Weise. Ich hatte mal einen Vorgesetzten, der hat in seiner freien Zeit Romane geschrieben. Er meinte einmal zu mir, er würde entweder wahnsinnig oder zum Säufer werden, wenn er das nicht tun würde. Das war noch harmlos, außer seinen Lesern hat er damit niemandem geschadet. Es steckt in jedem von uns, Felt, dieses Bedürfnis, dem Trott zu entkommen und ein Zeichen zu setzen. Sie haben gespielt. Ich kenne Spieler. Es ist wie ein eigenes Universum mit eigenen Naturgesetzen und es ist eine umfassende, alles vereinnahmende Welt. Und wie ich gelesen habe, waren Sie auch darin gut, einer der Besten. Ein Highroller, wenn man so will. Doch dann hatten Sie ein paarmal Pech oder sind sogar betrogen worden. Und dann gab es Probleme mit Schulden und Drohungen. Ein Teufelskreis, nicht wahr? Man fühlt sich von alledem umzingelt und verliert den Überblick, wird getrieben von den Ereignissen, verliert die Kontrolle. Ich kann es mir gut vorstellen und ich weiß nicht, wie ich in einer solchen Situation reagiert hätte, um meine Haut zu retten. Vielleicht genauso wie Sie. Völlig unwahrscheinlich wäre das nicht.«
Daxxel lehnte sich wieder zurück. Felt wirkte mit einem Male schweigsam und in sich gekehrt. Hatten diese Worte ihn erreicht und einen Stimmungswechsel ausgelöst?
»Ich kann verstehen, wie man in eine solche Situation gerät«, log Daxxel. »Sie haben dann einen Ausweg gesehen und ihn gewählt. Es ging eine Weile gut. Dann hat man Sie erwischt. Und jetzt sitzen Sie hier und sind sauer auf mich und das System, aber doch eigentlich auf sich selbst.«
Felt schnaubte verächtlich. »Wohl Hobbypsychologie, ja? Sie beeindrucken mich nicht, Daxxel.«
Daran war viel Wahres, aber so ganz glaubte Daxxel ihm nicht. Felt war beeindruckt. Aber war das bereits genug, um einen echten Fortschritt zu erzielen?
»Ich will Sie nicht manipulieren. Ich sage Ihnen nur, was ich denke. Wenn ich falschliege, höre ich mir jederzeit Ihre Version der Dinge an. Aber solange ich nichts von Ihnen höre, gehe ich davon aus, dass meine Interpretation stimmt.«
Felt schüttelte den Kopf. »Ihre Wahrheit ist nicht einmal die halbe. Und kommen Sie mir nicht mit Ihrem geheuchelten Verständnis. Sie
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