Hackenholt - 02 - Das letzte Laecheln
fünfzehn einzelnen Bernsteinen, die in rechteckiger Form geschliffen und mit Gold gefasst wurden. An einem schlanken Frauenhals sehen sie wie einzelne Strahlen aus. Fällt genügend Licht darauf, funkeln sie wie eine aufgehende Sonne.«
Hackenholt nickte fasziniert.
»Natürlich machen der Bernstein und das Gold die Kette sehr schwer. Das ist ein großer Nachteil, aber der Kunde bestand auf die Materialien. Ich sollte das Collier so und nicht anders fertigen.«
»Es war eine Auftragsarbeit?« Endlich fand Hackenholt die Sprache wieder.
Van Bergen nickte. »Ein junges Paar. Sie kamen letzten Sommer mit dieser Skizze zu mir in die Werkstatt.« Er deutete auf eine einfache Zeichnung. »In jede Bernsteinfassung sollte ich einen Buchstaben eingravieren.«
Der Belgier zeigte auf ein weiteres Foto, auf dem man die Rückseite der Kette sehen konnte. Mit angehaltenem Atem las Hackenholt die Buchstaben »A N N I K A • • P A T R I C K«.
»Können Sie die beiden Kunden beschreiben?«
»Nicht so gut wie die Kette«, antwortete van Bergen verlegen lächelnd. »Ich achte weniger auf Menschen. Die zwei Mal, die sie hier waren, machten sie auf mich den Eindruck, in großer Eile zu sein.«
Nachdem Hackenholt die nun folgende spärliche Beschreibung notiert hatte, zog er aus seiner Jacketttasche ein Bild von Annika Dorn.
»Ja, das ist die Frau«, sagte der Goldschmied. »Der funkelnde Bernstein passte sehr gut zu ihren Augen.«
»Sie sagten, Sie hätten noch die dazugehörige Rechnung?«
Pieter van Bergen nickte und wies auf ein weißes Blatt, an das ein gelber Beleg geheftet war. »Die Anzahlung hat der Mann mit Kreditkarte geleistet, den Rest hat er dann in bar bei Abholung gezahlt.«
Patrick Hettenbach. Hackenholt grübelte. Der Name kam ihm bekannt vor. Dann fiel es ihm wieder ein: Renate Simons Ehemann.
»Darf ich die Unterlagen mitnehmen? Ich verspreche Ihnen auch, Sie werden sie unbeschädigt zurückbekommen.«
Der Belgier winkte ab. »Nehmen Sie, was immer für Sie von Wichtigkeit ist.«
Hackenholt hatte es eilig, ins Präsidium zurückzukommen, und entschied, über die B 2 zu fahren, da sich auf dem Frankenschnellweg der Verkehr mal wieder wegen einer Baustelle staute. Von unterwegs aus rief er Wünnenberg an und bat ihn, die Ermittlungsgruppe zur Abendbesprechung zusammenzutrommeln.
Bei seiner Ankunft hatten sich schon alle im Besprechungszimmer versammelt. Selbst Christine Mur war vom Hafen hergekommen. Knapp schilderte Hackenholt sein Gespräch mit dem Goldschmied und zeigte die Rechnung samt Kreditkartenbeleg sowie die Fotografien der Kette herum.
Stellfeldt pfiff leise durch die Zähne und massierte seine Glatze. »Das könnte der Durchbruch sein.«
»Allmächd! De Herr Heddenbach is de Liebhobba vo de Fraa Dorn gwen. Und als dej vo ihm schwanga gworn is«, mutmaßte Saskia, »hoddas loswern mejn, weil de ja verheirad is. Obba dou bassd de Ludwich Kork ned ins Bild, gell?«
»Dees is doch ganz einfach, gell«, zwinkerte Wünnenberg seiner Kollegin zu. »Kork hat Hettenbach gesehen, oder Annika Dorn hat ihm etwas gesagt, und er wollte daraufhin auch diese Geschichte ›ganz groß rausbringen‹.« Die letzten Worte markierte er mit in die Luft gemalten Gänsefüßchen. An Hackenholt gewandt fügte er hinzu: »Wollen wir Hettenbach gleich ins Präsidium holen?« Dabei stellte er seine Kaffeetasse so schnell ab, dass es aussah, als wolle er sofort aufstehen und losfahren.
Mur schüttelte vehement den Kopf. »Ich glaube, du spinnst! Schau doch mal auf die Uhr! Wir hatten alle einen anstrengenden Tag. Außerdem haben wir mit der Besprechung gerade erst angefangen. Bis wir fertig sind, ist es locker halb neun. Wir könnten also frühestens um neun bei Hettenbach sein. Und dann schau dir an, was wir bislang gegen ihn in der Hand haben. Die Unterlagen«, sie zeigte auf die vor Hackenholt liegenden Papiere, »besagen doch nur, dass sich Hettenbach und Dorn letztes Jahr nahestanden. Damit ist er noch lange nicht der gesuchte Täter. Wir können ihn also allenfalls als Zeugen befragen. Und das macht sich am Samstagabend um neun ganz schlecht!«
»Du vergisst die Aussage des Rentners, der den Hund gehört hat. Hettenbach besitzt so ein kleines dickes Tier.«
»Und wie viele kleine dicke Hunde gibt es in Nürnberg? Einen? Zwei? Zwanzigtausend? Der Zeuge konnte ja nicht einmal sagen, um welche Rasse es sich bei dem Hund gehandelt hat!«, schnaubte Mur verächtlich. »Warum schalten wir nicht die Kollegen
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