Hackenholt 06 - Reichskleinodien
im Restaurant.«
Hackenholt nickte und sparte es sich, Belzl darauf hinzuweisen, dass er selbst den Vater bereits getroffen hatte.
»Ich kümmere mich derweil darum, dass jemand von der Spurensicherung ins Leichenschauhaus fährt und die Fingerabdrücke der Toten nimmt.« Sie hielt einen Moment inne. »Denkst du, das kann jemand vom Dauerdienst machen? Dann muss ich keinen von meinen Leuten abziehen.«
»Das sollte kein Problem sein.«
Die Eltern saßen dicht beisammen auf einer Eckbank am vordersten Tisch. Frau Veccio hielt ein zusammengeknülltes Taschentuch in der Hand und weinte. Als der Vater Hackenholt erblickte, sprang er auf.
»Sie schon wieder? Was haben Sie nur über unsere Familie gebracht?«
»Ich bin lediglich der Überbringer der schlechten Nachrichten, Herr Veccio. Angerichtet hat das alles ein anderer. Können wir uns setzen? Ich habe einige Fragen an Sie.«
»Möchten Sie Kaffee?«, fragte die Mutter und wischte sich die Tränen aus den Augen. Zu viele Jahre war sie hinter dem Tresen gestanden, als dass es ihr nicht in Fleisch und Blut übergegangen war, Gästen etwas anzubieten.
Josef Lehmeier lehnte dankend ab, weil er sonst nicht schlafen könne. Hackenholt setzte ebenfalls zu einem Kopfschütteln an, überlegte es sich dann jedoch anders. In den kommenden Stunden würde er sowieso kaum Schlaf bekommen. »Wenn es nicht zu viele Umstände macht und Sie ebenfalls einen trinken?«
Frau Veccio erhob sich. Während sie an der großen edelstahlglänzenden Espressomaschine hantierte, schwiegen die Männer. Erst nachdem sie mit zitternden Händen drei Tassen auf den Tisch gestellt und sich wieder neben ihren Mann gesetzt hatte, ergriff dieser das Wort.
»Was geht hier vor, Herr Kommissar? Erst verhaften Sie unsere Tochter und durchsuchen ihre Wohnung, weil sie an dem Mord eines Museumsmitarbeiters beteiligt gewesen sein soll. Und vierundzwanzig Stunden später wird unser Sohn direkt vor unserem Restaurant erschossen.«
»Daran ist bestimmt Domenico schuld!«, sagte Frau Veccio heftig. »Ich habe schon immer gesagt, dass er kein guter Umgang für Cesare ist.«
»Könnten Sie mir ein paar Informationen zu dem Freund Ihres Sohnes geben?«
»Er hat geglaubt, er wäre etwas Besseres, weil seine Eltern aus Sizilien stammen und er dort geboren wurde«, schnaubte die Mutter. »Dabei konnte er nicht einmal anständig Italienisch. Alles, was sie ihm beigebracht haben, waren ein paar Brocken Sizilianisch.«
»Woher kannte Ihr Sohn Domenico Bonucci?«
»Sie waren zusammen in der Schule. Immer in einer Klasse – sie haben sogar gemeinsam ein Schuljahr wiederholt. Das ist nur passiert, weil Cesare sich von Domenico hat beeinflussen lassen. Wären sie nicht nebeneinandergesessen, hätte Cesare nicht so schlechte Noten geschrieben.«
»Hat Ihr Sohn bei Ihnen gelebt?«
Der Vater schüttelte den Kopf. »Er hatte seine eigene Wohnung wie Giulietta.«
»Ebenfalls in Speikern?«
»Nein, hier in Lauf, zwei Straßen von unserem Haus entfernt.«
»Wir müssen uns dort umsehen.«
»Diesmal komme ich nicht mit.«
»Kein Problem. Kennen Sie einen Luigi Di Natale?«
Frau Veccios Kopf schoss in die Höhe. »Ist das nicht einer von den zwei, die bei Domenico zu Besuch waren?«, fragte sie ihren Mann misstrauisch.
»Ja.«
»Können Sie Herrn Di Natale beschreiben?«
»Einen Meter fünfundsiebzig groß, mag gutes Essen, hat ein rundes Gesicht und hier so einen kleinen Bart.« Herr Veccio deutete auf eine Stelle unterhalb der Unterlippe. »Er hat kurze schwarze Haare und beim Reden macht er immer große Gesten mit den Händen.«
Hackenholt nickte. Soweit es sich nach der Beschreibung beurteilen ließ, handelte es sich um den Kerl, den sie am Vormittag verhaftet hatten. »Besitzt er ein Auto?«
»Einen blauen Fiat Punto.«
»Kennen Sie jemand, der einen dunklen BMW fährt?«
»Ja, Domenico. Warum?«
»Nur so.« Hackenholt mochte den Eltern nicht sagen, dass der das Tatfahrzeug bei dem Überfall auf den jungen Volontär gewesen war. »Wie heißt der andere Mann, mit dem Luigi Di Natale hier war?«
»Santino Di Canio. Die beiden waren immer zusammen in Deutschland, wenn sie Domenico besucht haben.«
»Sie waren schon öfter hier?«
»Immer, wenn es ihnen in Italien zu heiß geworden ist«, zischte Frau Veccio.
Ihr Mann sah sie streng an.
»Stimmt doch«, verteidigte sie sich. »Zumindest Santino hat im Gefängnis gesessen: Er hat sogar damit angegeben, dass seine Mutter seinen Namen nicht wirklich
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