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Hackenholt 06 - Reichskleinodien

Hackenholt 06 - Reichskleinodien

Titel: Hackenholt 06 - Reichskleinodien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Mohr
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abhandengekommenen Kunstobjekten hat, möchte ich Ihnen einen kurzen Überblick geben.
    Vergessen Sie zunächst einmal alles, was Sie bisher über Kunstdiebstahl zu wissen glauben; insbesondere, dass es Personen gibt, die jemanden anheuern, um ein bestimmtes Stück für ihre Sammlung stehlen zu lassen. Das ist ein ziemliches Ammenmärchen; innerhalb von zwanzig Dienstjahren in diesem Bereich sind mir auf internationaler Ebene nur zwei solcher Fälle zu Ohren gekommen.
    Es ist auch hier ziemlich unwahrscheinlich. Viel naheliegender ist, dass sich die Täter in den kommenden Wochen melden und vom Museum Geld fordern werden. Im Fachjargon nennen wir das Artnapping – der Raub oder Diebstahl eines Kunstwerks mit dem Ziel, für seine Rückgabe ein Lösegeld zu erpressen.«
    Hackenholt hörte interessiert zu. Winter gestaltete seinen Vortrag wesentlich fesselnder als Dr. Drosthoff, der im Vergleich richtiggehend steif und unbeholfen wirkte.
    »Eine Lösegeldforderung ist zwar einerseits der schnellste Weg, an Bares zu kommen – er ist allerdings auch der gefährlichste. Von jetzt an werden wir einen enormen Fahndungsdruck auf die Verbrecher ausüben. Sie sollen das Gefühl haben, ständig und überall in eine Kontrolle geraten zu können. Wir werden uns vermehrt in der Kunstszene umsehen und den Reichsapfel sofort ins Art-Loss-Register in London eintragen lassen.
    Wenn die Täter schlau sind, halten sie sich ein paar Monate lang völlig bedeckt und tauchen ab. Keine Polizeibehörde der Welt kann sich über einen längeren Zeitraum hinweg eine Sonderkommission leisten, die sich mit der Fahndung nach nur einem einzigen Kunstgegenstand beschäftigt. Spätestens in einem halben Jahr wird der Fahndungsdruck also wieder erheblich sinken.
    Deswegen gilt in unserem Job die Faustregel: Entweder taucht das Kunstwerk innerhalb der ersten drei Monate nach Entwendung wieder auf, oder aber es bleibt über viele Jahre hin verschollen. So unbefriedigend sich das für Sie anhören mag, Sie müssen langfristig denken. Das Geniale an Kunst ist: Die wirklich herausragenden Werke verlieren niemals ihren Wert, auch wenn sie erst nach Generationen ins Museum zurückkehren. In vielen Fällen hilft nichts anderes als Abwarten.
    Wir sollten im Augenblick davon ausgehen, dass wir es mit organisierter Kriminalität zu tun haben. In diesen Kreisen ist es durchaus möglich, bei einem Deal – und ich rede hier nicht nur von Drogen, sondern auch Waffen – das Kunstwerk als Pfand einzusetzen. Oder er wird zum Teil in harter Währung und zum anderen Teil mit einem Gemälde bezahlt. Denn das hat einen entscheidenden Vorteil: Man kann es viel leichter ins Ausland bringen als Geld, das bei jeder Transaktion eine Spur hinterlässt. Laut Statistik tauchen circa vierzig Prozent aller gestohlenen Kunstgegenstände früher oder später im Ausland wieder auf.
    Im Schnitt geht er durch fünf bis acht Hände, bevor er an einen Sammler oder Händler gelangt, der seiner Sorgfaltspflicht nachkommt und vor dem Ankauf überprüft, ob das Stück gestohlen gemeldet wurde.«
    »Wie genau soll man sich eine solche Veräußerung von heißer Ware vorstellen?«, meldete sich Hackenholt zu Wort.
    »Das gestaltet sich denkbar einfach. Nehmen wir an, ein großes Heroingeschäft wird mit einem Gemälde bezahlt, dann sucht sich derjenige, der auf diese Weise in den Besitz des Kunstwerks gelangt ist, einen Händler, der nicht allzu genau auf die Provenienz schaut oder einer Fälschung des Herkunftsnachweises aufsitzt. Oder aber er verkauft seinen echten Monet als unglaublich gut gemachte Fälschung. Auch das kann schon sehr viel Geld bringen. Osteuropa bietet sich für solche Deals geradezu an.«
    »Das mag ja alles für einen Monet oder Picasso oder Dalí gelten, aber wir haben es mit einer Reichskleinodie zu tun. Wenn die irgendwo auftaucht, muss der Händler schon ganz ungemein geistig umnachtet sein, um nicht zu merken, dass er keine Replik in Händen hält«, brummte Stellfeldt.
    »Da haben Sie natürlich recht. Deswegen sehe ich in unserem Fall auch nur drei Möglichkeiten. Erstens: Der Behälter mit der Reichsinsignie taucht in ein, zwei Tagen irgendwo auf einem Parkplatz oder Ähnlichem wieder auf, und der ehrliche Finder übergibt ihn an die Polizei. Zweitens: Die Täter werden sich – wie schon erwähnt – an das Museum wenden, um ein saftiges Lösegeld zu erpressen. Oder drittens: Der Reichsapfel bleibt über Jahre hinweg verschollen.«
    »Ner ganz doll! Un wäi

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