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Hades

Hades

Titel: Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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auf uns herabregnete. Als er mir die Splitter aus dem Haar pflückte, wehrte ich mich nicht. Ich war nicht mehr in der Lage zu reagieren. Ich konnte mich nicht einmal mehr bewegen, es war, als hätte ich vergessen, wie das ging.
    «Ich glaube, wir haben uns beide verschätzt», sagte ich und lächelte leicht. «Anfängerfehler, hm?»
    Ein Auto brachte mich zurück ins Hotel Ambrosia, während Jake mit dem Motorrad vor uns herraste. Er fuhr so halsbrecherisch, dass er mehrmals fast aus der Kurve geflogen war. Ich stellte mir vor, wie er während der Fahrt Ideen ausheckte, völlig gefangen in seiner Welt der Intrigen und Tricks. Als er mich in meine Suite zurückbrachte, widersprach ich nicht.
    Hanna wartete mit dem Abendessen auf mich. Und dieses Mal wies ich das Essen nicht zurück und sagte ihr auch nicht, dass ich später essen würde. Zum ersten Mal, seit ich in Hades war, nahm ich das Essen, das sie mir brachte, wirklich wahr: Dünne Roggenbrotscheiben, Ziegenkäse, Räucherkäseröllchen, dekorativ am Tellerrand arrangiert, glänzende Oliven und rubinroter Wein, der nach Pflaumen duftete. Ich aß langsam und versuchte, jeden einzelnen Bissen zu genießen. Für mich war dieses Essen eine Erinnerung an mein Dasein auf der Erde. Es war etwas, was ich nie wieder erleben würde, und ich wünschte mir, dass dieser Moment nie endete.
    Hanna hatte mich noch nie so aufmerksam essen sehen und noch nie erlebt, dass ich Jakes Gesellschaft klaglos akzeptiert hatte. Der Schmerz stand ihr im Gesicht geschrieben. Sie wusste, dass sie mir nicht mehr helfen konnte.
    «Alles wird gut, Miss», sagte sie schließlich. «Vielleicht sieht morgen früh ja schon wieder alles anders aus.»
    «Sicher», murmelte ich abwesend. «Morgen ist alles besser.»
    Hanna machte einen zögernden Schritt auf mich zu, im Bewusstsein, dass Jake jeden ihrer Schritte beobachtete.
    «Kann ich noch etwas für Sie tun?»
    «Ruh dich einfach aus, Hanna. Mach dir um mich keine Sorgen.»
    «Aber …»
    «Du hast gehört, was sie gesagt hat», sagte Jake kühl. «Räum das weg und lass uns in Ruhe.»
    Hanna nickte pflichtbewusst und stellte eilig das Geschirr zusammen. Dann warf sie mir einen letzten verzweifelten Blick zu.
    «Gute Nacht, Hanna», rief ich ihr leise nach, als sie durch die Tür glitt. «Vielen Dank – für alles.»
    Als sie gegangen war, wusch ich mir das Gesicht und putzte mir die Zähne wie jeden Abend. Doch ich tat es so aufmerksam wie nie zuvor, machte mir jede einzelne Bewegung bewusst. Alles fühlte sich für mich jetzt anders an. Ich spürte nach, wie mir das warme Wasser in kleinen Rinnsalen den Körper hinunterfloss, und verharrte bei dem Gefühl des sauberen Handtuchs an meiner Haut. Jede Bewegung fühlte sich neu an, als ob ich sie zum allerersten Mal erlebte. Ich mochte zwar in der Hölle sein, aber noch war ich am Leben. Noch immer war ich eine lebendige, atmende, redende Person. Wenn auch nicht mehr lange.
    Als ich aus dem Bad kam, saß Jake zusammengesunken auf dem Sofa und starrte vor sich hin, das Kinn in die Hände gestützt. Seinen schwarzen Frack und seine weiße Krawatte hatte er achtlos zu Boden geworfen. Die Hemdsärmel waren hochgekrempelt, als ob er gleich hart arbeiten musste. Ein heftiger Zigarettengeruch hing in der Luft. Jake hatte sich ein großes Glas Scotch eingeschenkt, was seine Nerven offenbar ein bisschen beruhigt hatte. Er hob die Flasche fragend hoch, ob ich auch einen Schluck wollte, aber ich schüttelte den Kopf. Ich wollte mich nicht mit Alkohol benebeln. Ziellos lief ich um ihn herum, strich die Sofakissen glatt, leerte den Aschenbecher und räumte die Frisierkommode auf. Dann fiel mir nichts mehr ein, mit dem ich mich ablenken konnte, als ins Bett zu gehen, mich in eine Ecke zu kuscheln und auf den Morgen zu warten. Es war klar, dass keiner von uns würde schlafen können. Trotzdem versuchte Jake gar nicht, ein Gespräch mit mir zu beginnen, er saß da wie eine Statue, eingeschlossen in seiner eigenen Welt. Ich zog die Knie an und wartete geduldig auf die Panik, die mich irgendwann wie eine Flutwelle überkommen musste. Aber sie kam nicht. Ich hatte keine Ahnung, wie spät es war – am Telefon gab es zwar eine digitale Zeitanzeige, aber ich versuchte, nicht hinzusehen. Irgendwann aber konnte ich nicht mehr anders: Es war erst Viertel vor vier. Die Minuten schienen sich zu kleinen Ewigkeiten zu dehnen, denn als ich erneut einen Blick auf die Uhr warf, waren nur fünf Minuten vergangen. Jake und ich

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