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Hades

Hades

Titel: Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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die anderen zusammenrief. Würden sie die Geschichte mit den mysteriösen Besuchern und der himmlischen Vergeltung glauben, die sie ihnen erzählen würde?
    Als sie gegangen waren, schlossen sich Gabriels Flügel mit lautem Zischen und falteten sich hinter seinem muskulösen Rücken zusammen. Ivy, die ungewöhnlich still gewesen war, seufzte leise auf und schwankte.
    «Langsam», sagte Xavier und machte einen Schritt auf sie zu. «Ist alles in Ordnung?»
    Dann legte er Ivy den Arm um die Schulter, damit sie sich an ihn lehnen und wieder zu Kräften kommen konnte.
    Es dauerte einen kleinen Moment, bis sich auch ihre Flügel wieder vollständig geschlossen hatten, was für sie offensichtlich eine ziemliche Anstrengung darstellte. Sie atmete tief durch und lächelte Xavier an.
    «Ich bin nur sehr erschöpft», sagte sie. «Das wird schon wieder.»
    Gabriel versuchte, die kleine Gruppe in Richtung Tür zu dirigieren. «Kommt», sagte er. «Unsere Aufgabe hier ist erfüllt, wir sollten gehen.»
    Als sie draußen auf der Veranda standen, musterte Gabriel Molly. Ganz offensichtlich begann sie erst jetzt zu begreifen, was sie alles gesehen hatte. Mit zitternden Fingern suchte sie Halt an der Brüstung. Als sie einen wackeligen Schritt nach vorn machte, schien sie kaum ihr eigenes Gewicht tragen zu können und streckte die Hände aus, um das Gleichgewicht wiederzuerlangen. Gabriel legte stützend den Arm um sie, damit sie sicher die Treppe herunterkam, und als sie sich unten auf den Boden hockte, sank er wortlos neben sie. Seine Hand ruhte noch immer auf ihrer Schulter, und er strich ihr sanft das Haar aus dem Gesicht und hielt es zurück, während er ohne große Worte wartete, bis sie sich wieder gefangen hatte.

[zur Inhaltsübersicht]
    27
    Er liebt mich nicht
    Als die vier am Easy Stay Inn ankamen, war es schon früher Morgen. Molly hatte inzwischen wieder Farbe im Gesicht, wirkte aber völlig erschöpft. Auch Xavier sah nicht viel besser aus, er brauchte dringend Schlaf. Nur meine Geschwister machten den gleichen gelassenen und unergründlichen Eindruck wie immer. Lediglich an ihrer leicht mitgenommenen Kleidung konnte man erahnen, was sie hinter sich hatten. Ivy schien inzwischen wieder vollkommen erstarkt zu sein, auch wenn die Nacht für sie zweifelsohne sehr hart gewesen sein musste. Ich fragte mich, ob sie es frustrierend fand, dass ihre Kraft und Macht im Königreich zwar grenzenlos waren, aber schwächer zu werden schienen, je länger sie auf der Erde blieb und sich mit den Menschen abgab.
    Xavier verschwand bei der ersten Gelegenheit ohne ein Wort in seinem Zimmer. Am liebsten wäre ich ihm nachgegangen, um Zeit mit ihm alleine zu verbringen. Ich stellte mir vor, wie ich neben ihm auf dem Bett lag und wie früher den Kopf auf seine Brust legte. Wie ich mich mit ganzer Kraft darauf konzentrierte, ihm zu zeigen, dass ich da war, ihn zu trösten, so gut es ging, und mich von ihm trösten zu lassen. Aber Ivy und Gabriel waren diejenigen, die den nächsten Schritt planten, und wenn ich wissen wollte, was sie vorhatten, dann musste ich bei ihnen bleiben.
    «Was hat er denn?», murmelte Molly, als Xavier die Tür hinter sich geschlossen hatte.
    «Ich schätze, die heutigen Ereignisse haben ihn etwas mitgenommen», sagte Ivy trocken und schloss ihre Zimmertür auf. «Er braucht ein bisschen Zeit, um alles zu verarbeiten.» Wie so oft schien Mollys Naivität sie zu ärgern.
    Aus irgendeinem Grund wich Molly meinen Geschwistern nicht von der Seite. Wollte sie irgendetwas? Die beiden hatten den Anstand, sie nicht zu fragen. Wollte sie sich vielleicht aus der ganzen Rettungsaktion ausklinken? Schon möglich, dass das alles mehr gewesen war, als sie ertragen konnte. Vielleicht wollte sie einfach nur nach Hause.
    Mit einem tiefen Seufzen öffnete Gabriel die widerlich dunkelbraune Zimmertür und schaltete das Licht ein. Die Lampen leuchteten grell auf, während gleichzeitig ein kaputter Deckenventilator zu rattern begann. Auf dem Doppelbett lag eine Überdecke mit Blumenmuster, gesäumt von zwei identischen Nachtkästchen mit fransigen Deckchen. Der Teppich war ursprünglich lachsfarben gewesen, war aber ausgeblichen, und vor dem einzigen Fenster baumelten Gardinen an einer Metallstange.
    «Es hat einen gewissen Charme», sagt Ivy und lächelte ironisch. Auch wenn meine Geschwister den Luxus von Byron schätzen gelernt hatten, spielte die Umgebung für sie eigentlich keine Rolle. Selbst wenn sie in einer Luxus-Suite im Waldorf

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