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Hades

Hades

Titel: Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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Herzensangelegenheiten kann ich dir nicht helfen.»
    «Sie könnten es zumindest versuchen. Sie könnten Ihre angebliche Programmierung in Frage stellen, wie Beth es getan hat, und abwarten, was passiert. Woher wollen Sie wissen, was Sie fühlen könnten?»
    Sie war so leidenschaftlich von dem überzeugt, was sie sagte, dass ich beinahe hoffte, sie würde Gabriels Herz zum Schmelzen bringen. Aber er senkte lediglich den Blick, als hätte er eine schwere Sünde begangen.
    «Zu Ihrer Information: Gott möchte, dass die Menschen glücklich sind», fuhr Molly trotzig fort. Ich hatte das Gefühl, dass sie versuchte, Beweise zu sammeln, wie sie es in Gerichtssendungen gesehen hatte. «Gehet hin und mehret euch, oder? So viel habe ich vom Kindergottesdienst behalten.»
    «Das war eine Weisung an die Menschen», sagte Gabriel ganz ruhig.
    «Und Sie dürfen nicht glücklich sein? Dürfen kein Leben haben?»
    «Das ist keine Frage des Dürfens. Eher eine Frage des Plans», sagte Gabriel, und Molly wirkte plötzlich ganz klein. «Du brauchst jemanden, der dich so liebt, wie du es verdienst. Ich verspreche dir, jeden Tag deines Lebens über dich zu wachen.» Seine Stimme wurde sanft. «Ich passe auf, dass dir nichts geschieht.»
    «Nein!», schrie Molly auf wie ein trotziges Kind. «Das ist nicht das, was ich will.» Sie schüttelte so heftig den Kopf, dass sich ein paar kupferfarbene Haare lösten und ihr ins Gesicht fielen. Sie war viel zu sehr mit ihren eigenen Gefühlen beschäftigt, um es zu bemerken – aber Gabriels Gesichtsausdruck veränderte sich plötzlich. Ganz deutlich erkannte ich in seinen Augen den drängenden Wunsch, sie zu berühren – dieses seltsame, ungestüme Wesen, das er nicht verstand. Seine Hand zuckte, und er hob sie vorsichtig, als ob er ihr die Tränen abwischen wollte.
    In diesem Moment betrat Ivy, überrascht über die Aufruhr, im Bademantel den Raum. Gabriel ließ schnell die Hand sinken und setzte den üblichen neutralen Gesichtsausdruck auf. Molly lief tränenüberströmt aus dem Zimmer.
    Ivy warf ihm einen mitleidigen Blick zu. «Auf dieses Gespräch habe ich schon lange gewartet.»
    «Du hast es gewusst? Warum hast du nichts gesagt? Dann hätte ich vielleicht besser damit umgehen können.»
    «Das bezweifele ich», sagte Ivy nachdrücklich. Wenn irgendjemand auf der Welt Gabriel verstand, dann sie. Er war zwar für Menschen und Engel gleichermaßen kompliziert und unergründlich, Ivy aber hatte immer die verblüffende Fähigkeit gehabt, seine Gedanken zu lesen.
    «Und was soll ich jetzt tun?» Es kam selten vor, dass Gabriel Rat suchte, aber Teenager-Liebe war für ihn ein großes Mysterium.
    «Nichts», antwortete Ivy. «So etwas passiert. Sie wird darüber hinwegkommen.»
    «Das hoffe ich», antwortete Gabriel in einem Ton, bei dem ich mich fragte, ob er dabei nur an Molly dachte.
    Ivy legte sich hin und knipste das Licht aus. Gabriel blieb auf der Bettkante sitzen, das Kinn in die Hände gestützt, und starrte in die Dunkelheit. Dort saß er noch lange und unbeweglich, als Ivy längst eingeschlafen war.

[zur Inhaltsübersicht]
    28
    Geteiltes Leid ist halbes Leid
    Es war ein herber Schock für mich, wieder in meinen Körper zurückzukehren, mit all den Beschränkungen, die das mit sich brachte. Während ich mit meiner Familie zusammen und fast wieder Teil ihres Lebens gewesen war, hatte ich beinahe vergessen, in welch misslicher Lage ich mich befand. Jetzt steckte ich wieder in meiner engen Zelle in den stinkenden Katakomben von Hades, die so niedrig war, dass ich nicht einmal aufrecht stehen konnte. Als wäre das noch nicht genug, war die Luft von beißendem Schwefelgeruch und nie verstummenden Hilfeschreien erfüllt. Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich weg gewesen war, aber es musste eine ganze Weile gewesen sein, denn meine Gelenke waren steif, und die Muskeln schmerzten bei jeder Bewegung.
    Irgendjemand hatte trockene Brotrinden und einen Blechnapf mit Wasser in meine Zelle gestellt. Mein Nachthemd war so mit Dreck besudelt, dass die eigentliche Farbe kaum mehr zu erkennen war. Ich versuchte, gleichmäßig zu atmen, um der aufsteigenden Panik in meiner Brust entgegenzusteuern, und drückte mich mit dem Kopf an der Schulter in die Ecke. Immer wieder huschte ein schattenhafter Wächter vorbei, auf dem Weg, gefangene Seelen zu foltern. Alles, was ich von ihm wahrnahm, waren seine Augen, die Glut zu sprühen schienen, und das Klacken von Metall gegen die Gitterstäbe. An meiner Zelle

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