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Hades

Hades

Titel: Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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du kannst jetzt damit aufhören. Das Spiel ist aus. Zugegeben, für eine Weile hast du mich eingelullt. Ich hatte schon fast geglaubt, dass es mit dir bergauf geht. Aber ich hätte es besser wissen sollen. Hätte ich dich doch in den Katakomben verrotten lassen! Du hast mich sehr, sehr wütend gemacht.»
    «Das ist mir egal», sagte ich. «Mach mit mir, was immer du willst, schick mich zurück oder liefere mich an Luzifer aus.»
    «Oh, du hast mich völlig missverstanden. Ich werde dir kein Haar krümmen.» Jake warf mir einen drohenden Blick zu. «Aber es wird dir leidtun, dass du mich mit so wenig Respekt behandelt hast.»
    Die unterschwellige Bedeutung seiner Worte verursachte mir Gänsehaut.
    «Was soll das heißen?»
    «Es heißt, dass ich jetzt eine Reise machen werde. Es ist an der Zeit, dass ich mir persönlich ansehe, was du so schrecklich vermisst.»

    Was genau Jake vorhatte, konnte ich nur ahnen, eins aber wusste ich genau: Er verschwendete keine Zeit mit leeren Drohungen. Dafür kannte ich ihn inzwischen zu gut. Er würde mit Sicherheit erst Ruhe geben, wenn er sein Ziel erreicht hatte. Dass ich Xavier treu blieb, obwohl Jake sich eingebildet hatte, eine Chance bei mir zu haben, musste eine bittere Pille für ihn sein. Jeder andere hätte sie mit Würde geschluckt, Jake aber wollte nur eins: Rache. Und was war dafür besser geeignet, als die Menschen ins Visier zu nehmen, die ich liebte? Allerdings war Jake trotz seiner dämonischen Kräfte meinen mächtigen Geschwistern nicht gewachsen, und sich auf Molly zu stürzen, machte für ihn wenig Sinn. Also blieb nur noch Xavier. Meine Achillesferse. Ungeschützt und verletzlich. Ganz besonders dann, wenn Jake ihn allein erwischte – was nicht besonders schwer sein würde.
    Ich hatte keine Zeit zu verlieren: Xavier war in großer Gefahr. Ich musste zurück auf die Erde und ihn warnen, bevor Jake kam.
    Es gelang mir nicht sofort zu projizieren, ich hatte den Kopf nicht frei, er war erfüllt von meiner Sorge um Xavier. Schließlich sprang ich unter die Dusche und drehte das kalte Wasser voll auf. Der Schock löschte alle Gedanken und stellte sie lange genug ruhig, dass ich meine Energien bündeln konnte. Jetzt gelang mir die Projektion problemlos.

    Einen Moment später stand ich vor Xaviers und Mollys Zimmer im Easy Stay Inn. Das Fenster stand einen Spalt offen, sodass ich hineingleiten konnte wie eine Rauchfahne. Gleich darauf schwebte ich über dem Deckenventilator. Alles war still, abgesehen von den regelmäßigen Atemzügen der beiden und dem Wind, der trockenes Laub über den Parkplatz jagte. Molly war im Tiefschlaf, so friedlich, als hätte es die dramatischen Ereignisse des Vorabends nie gegeben. Ich wunderte mich immer wieder, wie belastbar sie war. Xavier hingegen schlief unruhig. Er wälzte sich herum und setzte sich sogar zwischendurch auf, um die Kissen neu zu ordnen. Dann stützte er sich auf den Ellenbogen und blickte auf die Digitalanzeige der Uhr auf dem Nachttisch. 5.10 Uhr. Er ließ den Blick durch den Raum schweifen, wobei seine türkisfarbenen Augen im Dunkeln zu leuchten schienen. Als er sich schließlich wieder hinlegte, wirkte er weiterhin so angespannt, als ob er im Traum einen Kampf ausfechten musste.
    Wie gern hätte ich die Hand nach ihm ausgestreckt und ihn beruhigt, auch wenn mir bewusst war, dass ich schuld an seinen Qualen war. Nur weil ich sein Leben auf den Kopf gestellt hatte, war er jetzt in Gefahr. Bisher schien Jake ihm allerdings nichts getan zu haben. Für den Bruchteil einer Sekunde hoffte ich, dass er nur geblufft hatte, um mich zu verunsichern. Aber ich hatte den Blick in seinen Augen gesehen und wusste es besser.
    Auf einmal wurde der Raum von einer solchen Kälte erfüllt, dass Molly sich die Decke über den Kopf zog. Keuchendes Atmen wie von einem Wolf war zu hören. Und dann sah ich ihn: Ein Schatten, der durch den Raum glitt. Er kroch über die schlafende Molly und tanzte über Xaviers Gesicht.
    Xavier riss die Augen auf (hatte er gespürt, dass da jemand war?) und sprang aus dem Bett. Sein ganzer Körper wirkte kampfbereit. In seinem Nacken pulsierte eine Vene, und ich hörte beinahe sein Herz schlagen.
    «Wer bist du?», fragte er mit zusammengebissenen Zähnen, als der Schatten vor ihm Konturen anzunehmen begann. Seine Locken und sein Baby Face verrieten ihn, noch bevor er sich vollständig manifestiert hatte. Es war Diego. In seinem schwarzen Anzug sah er aus, als wäre er auf dem Weg zu einer

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