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Hades

Hades

Titel: Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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zusammen und rief seinen Namen. Und da hörte er sie plötzlich durch den Lautsprecher: meine Stimme.
    «Dreh um, Xavier! Es ist hier nicht sicher. Fahr zu Ivy und Gabriel. Bleib bei ihnen. Jake ist auf dem Weg!»
    Xavier riss erschrocken das Steuer herum, so heftig, dass er fast von der Straße abfuhr. Doch er kam rechtzeitig wieder zu sich und stieg auf die Bremse. Der Chevy hielt kreischend an, mitten auf der verlassenen Straße.
    «Beth? Bist du das? Wo bist du? Kannst du mich hören?»
    «Ja, ich bin es. Du musst zurückfahren» , sagte ich eindringlich. «Vertrau mir.»
    «Natürlich», sagte Xavier. «Ich dreh um. Aber sprich weiter!»
    Xavier schaltete und machte eine Kehrtwende. Erleichtert zog ich neben ihm auf dem Beifahrersitz die Knie an und lehnte mich zurück. Wenn er erst einmal im Motel war, würde er Ivy und Gabriel meine Nachricht überbringen, und sie würden wissen, was zu tun war.
    Als wir losfuhren, fielen mir Kaugummipapier und eine leere Wasserflasche im Fußraum ins Auge. Das passte gar nicht zu Xavier – normalerweise war er mit seinem Auto furchtbar pingelig. Ich erinnerte mich daran, wie einmal sein neues Navi einen Abdruck auf der Windschutzscheibe hinterlassen hatte. Das hatte ihn so gestört, dass wir an der nächsten Tankstelle eine Halterung für das Armaturenbrett kaufen mussten. Bei der Erinnerung daran musste ich lächeln.
    «Beth, bist du noch da?»
    Obwohl es mich ziemlich erschöpft hatte, die Radiowellen anzuzapfen, bündelte ich noch einmal meine übrig gebliebene Energie, um mit meinen Fingerspitzen Reibung zu erzeugen. Dann fuhr ich ihm leicht mit den Fingern über die Wangen. Es war nicht mehr als eine federleichte Berührung, aber ich sah, wie sich ihm die Haare auf den Armen aufstellten.
    «Mach das noch mal», sagte Xavier lächelnd.
    Langsam näherten wir uns dem Easy Stay Inn. Die Landschaft wurde vertrauter, wir hatten das Ende der steilen Klippen erreicht. Gerade wollte ich entspannt durchatmen, als etwas Unerwartetes geschah. Der Chevy schlingerte, beschleunigte und fuhr an der Ausfahrt vorbei, hinter der sich die rechteckige Fassade des Motels befand.
    «Was zum Teufel …» Xavier drehte sich um. «Beth, was ist los?»
    Das Auto schien ein Eigenleben entwickelt zu haben. Xavier trat zwar immer wieder auf die Bremse, aber sie gehorchte ihn nicht. Das Lenkrad war blockiert. Ich rutschte neben ihn auf den Fahrersitz, um ihm zu helfen, aber auch meine Versuche, das Auto zu stoppen, waren vergeblich. Als ich aufschaute, sah ich im Rückspiegel plötzlich zwei Augen, die mich wie glühende Kohlen vom Rücksitz her anstarrten.
    «Lass das, Jake», flehte ich. Das Auto schleuderte jetzt gefährlich von einer Straßenseite zur anderen. Und natürlich waren Xaviers verzweifelte Versuche gegenzusteuern völlig sinnlos. Das Auto preschte weiter voran, dass die Zweige der Bäume über die Windschutzscheibe kratzten und die Steine unter den Reifen zerbröselten.
    Als ich sah, wohin die Reise ging, setzte mein Herz einen Moment aus. Jack steuerte das Auto wieder aus dem Waldgebiet heraus und direkt auf die steilen Klippen zu. Ein paarmal taumelte es so nah an den Abgrund, dass ich sicher war, es würde hinunterstürzen und zerschellen. Staub stieg auf und nahm Xavier die Sicht, aber alles, was er tun konnte, war, sich in den Sitz zu pressen und hilflos am Lenkrad zu kurbeln.
    Ich drehte mich zu Jake um, der ruhig auf der Rückbank saß. Er rauchte eine französische Zigarette und blies Ringe aus dem Fenster.
    Er spielte ein Spiel mit uns.

[zur Inhaltsübersicht]
    30
    Schutzengel
    «Stopp», flehte ich Jake an. «Bitte, halt an!»
    Das Gaspedal wurde durchgedrückt, und das Auto raste trunken weiter, als würde es von einem Blinden gesteuert. Rechts fielen die Klippen steil ab, und nur eine schmale Metallbrüstung trennte die Straße vor dem tödlichen Fall. Ich musste mich bemerkbar machen, schon allein, damit Xavier begriff, was vor sich ging. Vielleicht gab es ja einen Weg, ihn sicher aus dem Auto zu bringen. Aber vor lauter Angst konnte ich mich nicht konzentrieren. Es hätte mich meine gesamte verbliebene Energie gekostet, mit ihm in Kontakt zu treten, und ich war mir nicht einmal sicher, ob ich noch so viel Energie besaß.
    Mein Blick fiel auf Xaviers Hände, die das Steuer umklammerten. Ich sah meinen Ring und das Lederband, sein Markenzeichen, das er stets trug. Ich wusste genau, wie sich beides anfühlte. Seine Hände hatten meine so oft gehalten, hatten mir Trost

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