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Hades

Hades

Titel: Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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ein Ende der Kette um sein Handgelenk und befestigte die Fesseln an meinem Knöchel. Weil sie wie ein Netz gearbeitet waren, waren sie sehr flexibel und schmiegten sich an meine Haut, als wären sie ein Teil von mir.
    Ich ließ den Blick über die Schlucht schweifen, in der ich fliegen sollte. Auf beiden Seiten erhoben sich steile Felsen, die sich in tiefer Dunkelheit verloren. Die schwarzen Wasserfälle flossen stumm vor sich hin. Es war eine steinerne Leere, eine geisterhafte Kluft, einzig beleuchtet von den Strahlern an Jakes Motorrad, die einen Kreis aus milchigem Licht um uns herumwarfen.
    «Los geht’s!», sagte Jake.
    Es widerstrebte mir zwar immer noch, Jake meine Flügel zu zeigen, aber sie schienen einen eigenen Willen zu haben und warteten nicht einmal auf ein Startsignal meines Gehirns. Als sie sich entfalteten, knackten sie laut – ein klares Zeichen, das sie zu lange nicht benutzt worden waren. Gleich darauf hing mir mein Nachthemd in Fetzen den Rücken hinab. Die Vorstellung, fliegen zu können, verschaffte mir einen Energieschub. Meine Flügel versprühten ein blasses silbernes Licht, und ich spürte, wie sie an Kraft gewannen. Auch meine anderen Muskeln erwachten jetzt, wo mein Blutkreislauf wieder vollständig in Betrieb kam, zum Leben.
    Jake beobachtete mich in stummer Bewunderung. Wie lange es wohl her war, dass er die Flügel eines Engels aus der Nähe gesehen hatte? Konnte er sich noch an das berauschende Gefühl erinnern? Aber ich hatte keine Zeit, länger darüber nachzudenken, meine Flügel vibrierten bereits über mir wie ein Schutzdach aus Federn. Als Jake sie mit einer Art wehmütigem Verlangen betrachtete, verspürte ich plötzlich Stolz. Meine Flügel waren das körperliche Merkmal, das uns voneinander unterschied, auch wenn wir von gleicher Herkunft waren. Sie waren eine greifbare Mahnung, nicht zu vergessen, wer ich war und wo ich herkam. Ich würde immer anders sein als Jake. Mein Flug durch die Dunkelheit würde eine Erinnerung an alles sein, was er und die seinen für Stolz und Machtlust aufgegeben hatten.
    Ich bewegte meinen Knöchel, um zu testen, wie stark meine Fesseln waren. Dann senkte ich den Kopf und rannte ein paar Schritte, bevor ich schließlich meine Flügel in die Luft aufsteigen ließ.
    Als meine Füße vom Boden abhoben, verspürte ich eine unglaubliche Befreiung. Es war, als würde tief in meinem Inneren etwas Vertrocknetes und Verkümmertes zum Leben erwachen. Ohne Anmut oder Rhythmus warf ich mich der Dunkelheit in die Arme, tauchte durch sie hindurch, und als ich mit den Flügeln schlug, schien sie sich zu öffnen und mich aufzunehmen. Ein heftiges Ziehen am Fuß sagte mir, dass ich zu weit nach oben geflogen war, aber ich kehrte nicht schon wieder zu meinem Wärter am Boden zurück, sondern schoss nur ein kleines Stück hinab, um dann insgesamt tiefer zu bleiben. Schließlich schaltete ich meinen Kopf aus und ließ meinen Körper übernehmen. Ich verspürte zwar nicht das gleiche Hochgefühl wie damals, als ich in Venus Cove mit meinen Geschwistern zusammen geflogen war, aber trotzdem war es die tiefe körperliche Erleichterung wert.
    Unten auf dem Felsvorsprung stand Jake, den Blick in die Höhe gerichtet und die Kette fest um sein Handgelenk gebunden. Von oben aus wirkte er klein und unbedeutend. Für mich existierte in diesem Moment nur ich – nicht meine Sorgen oder Ängste, nicht einmal meine Liebe zu Xavier. Ich war auf mein Innerstes reduziert, zu nichts als Energie, die durch die luftlose Schlucht geschleudert wurde.
    Ich flog, bis meine Flügel erschöpft waren, und auch dann hörte ich noch nicht auf. Als ich schließlich wieder landete, betrachtete mich Jake mit unverhohlener Ehrfurcht. Wortlos reichte er mir einen Helm und schwang sich auf sein Motorrad.
    «Komm», sagte er. «Du kannst die Nacht im Ambrosia verbringen – unser Geheimnis.»
    «Aber Luzifer bleibt nichts verborgen», sagte ich. «Und das wird Folgen haben.»
    «Sicher.» Jake zuckte die Achseln. «Aber das ist mir jetzt gerade völlig egal.»

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    29
    Rache ist süß
    Als ich am nächsten Morgen erwachte, fühlte ich mich beinahe wieder wie ich selbst, so sehr wie schon lange nicht mehr. Ich streckte und beugte den Rücken und stellte erfreut fest, dass meine Muskeln entspannt waren, nicht schwer wie Zement. Und wie schön war es, wieder in der luxuriösen Umgebung des Ambrosias zu sein, auch wenn es nur vorübergehend war.
    Gerade hatte ich die Bettdecke

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