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Hades

Hades

Titel: Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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Lee.

    Ich erinnerte mich, wie sich seine dunklen Augen in meine gebohrt hatten und dass ich dabei tief in mir eine schreckliche, brennende Unsicherheit verspürt hatte. Das gleiche Gefühl erfüllte mich jetzt. Mein Hals wurde trocken und mein Herz klopfte wie wild. Konnte er es wirklich sein? Hatte ein unschuldiges Spiel etwas so Grauenvolles herbeirufen können? Ich weigerte mich, es zu glauben, aber ein Blick auf die verängstigten Gesichter um mich herum sagte mir, dass ein Irrtum ausgeschlossen war:
    Die Nachricht war an mich gerichtet, an mich allein.
    Jake Thorn war zurück. Und er war direkt hier im Zimmer.
    Meine erste Reaktion war, mich loszureißen, aber ich kämpfte dagegen an. Ich musste die anderen schützen. Ich betete, dass uns noch genug Zeit blieb, die Séance abzubrechen, um das Böse wieder dahin zurückzuschicken, woher es gekommen war.
    «Was willst du?», fragte Abby. Sie musste schlucken, und ihre Stimme klang mehrere Oktaven höher als vorher.
    Was tat sie jetzt? Erkannte sie nicht, dass wir viel zu wenig Erfahrung für das hatten, was vor sich ging? Ich war kurz davor, die Leitung an mich zu reißen und Abby zu stoppen, als auf einmal der Türgriff heftig zu wackeln begann. Er flog hin und her, als ob eine unsichtbare Kraft versuchte, nach draußen zu gelangen. Und so rational man es auch betrachtete, war das unmöglich, denn die Tür war unverschlossen. Für einige der Mädchen war das zu viel.
    «Bleibt ganz ruhig», riet ich und versuchte dabei so gelassen zu klingen wie möglich, aber es war zu spät. Im nächsten Moment riss sich Molly los und krabbelte auf allen vieren nach hinten. Dabei stieß sie mit dem Fuß gegen das Brett, das daraufhin über den Boden schlitterte. Das Sherryglas flog in die Luft und zersplitterte neben mir in winzige Scherben. Im gleichen Moment spürte ich, wie mich ein eiskalter Windhauch an der Brust traf und mir beinahe die Luft nahm. Mit schnarrenden Scharnieren flog die Tür auf.
    «Molly!», krächzte Hallie, als sie sich von dem Schock erholt hatte. «Was hast du getan?»
    «Ich will nicht mehr mitspielen», schrie Molly mit erstickter Stimme. Sie umklammerte ihren Körper mit den Armen, als ob sie damit wieder Wärme in sich hineinpressen konnte. «Beth hatte recht, das war eine blöde Idee, wir hätten das niemals tun dürfen!»
    Ich stand auf und suchte den Lichtschalter. Als mir wieder einfiel, dass es im ganzen Haus keinen Strom gab, wurde mir übel.
    «Ist schon gut, Molly.» Ich legte ihr den Arm um die Schulter und drückte sie. Hauptsache, sie bemerkte nicht, dass ich genauso in Panik war wie sie selbst. Eine von uns musste Ruhe bewahren. Molly hörte nicht auf zu zittern, und ich hätte ihr so gern gesagt, dass es nur ein dummes Spiel war und wir später alle darüber lachen würden. Aber ich wusste tief in mir, dass es kein harmloser Scherz gewesen war. Ich rieb Mollys Arm und sagte das Beruhigendste, was mir in diesem Moment einfiel. «Lass uns runtergehen und so tun, als wäre nichts gewesen.»
    «Ich glaube nicht, dass das so einfach ist.» Abbys Stimme klang leise und unheilvoll. Sie kniete noch immer am Boden und sammelte mit starrem Blick die Scherben des zerbrochenen Glases auf.
    «Hör auf damit, Abby», sagte ich wütend. «Du siehst doch, dass sie Angst hat.»
    «Nein, Beth, du verstehst nicht.» Abby blickte zu mir auf, und ich sah, dass jegliche Herablassung von ihr abgefallen war. Ihre blauen Augen waren genauso geweitet und panisch wie Mollys. «Sie hat den Zirkel zerrissen.»
    «Und?», fragte ich.
    «Was immer wir herbeigerufen hatten, war im Zirkel gefangen», flüsterte Abby. «Wir hätten es zurückschicken können. Aber jetzt …» Ihre Stimme zitterte, während sie sich unbehaglich im Raum umsah. «Molly hat es freigelassen.»

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    5
    Highway to Hell
    Vom Treppenabsatz aus sah ich zu, wie meine Freundinnen, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe heruntertaumelten. Bald würde sich herumgesprochen haben, dass in der Halloween-Nacht ein echter Geist unter uns gewesen war. Obwohl niemand wirklich etwas gesehen hatte, war ich mir sicher, dass es noch vor Ende der Nacht mit vielen Ausschmückungen in aller Munde sein würde.
    Mir wurde schwindelig, und ich griff haltsuchend nach dem Geländer. Dieser Abend war alles andere als lustig. Ich hatte genug. Es war Zeit zu gehen. Jetzt musste ich nur noch Xavier finden und ihn bitten, mich nach Hause zu fahren.
    Als das Schwindelgefühl nachließ, ging ich in

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