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Hades

Hades

Titel: Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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oder?»
    «Stimmt», sagte ich und nahm seinen Arm. «Ich bin froh, dass du es durch die Lethe einfacher hast.»
    Tucker drückte meine Hand, wirkte aber nicht überzeugt.
    Wir machten uns auf den Weg zurück zum Hotel und waren aus lauter Angst, erwischt zu werden, doppelt so schnell wie vorhin. In Gedanken sah ich die ganze Zeit Xaviers Hände vor mir, aber nicht so angespannt, wie ich sie gerade eben erlebt hatte – in meiner Vorstellung strich er mir mit ihnen über das Gesicht wie zu der Zeit, als wir noch glaubten, dass keine Dunkelheit der Welt unserem Glück etwas anhaben konnte.
    Wie naiv wir gewesen waren! Jetzt wusste ich, wie fatal die Düsternis sein konnte. Um gegen sie anzukämpfen, würden wir unseren ganzen Mut brauchen. Und selbst dann erschienen mir unsere Chancen gering.

[zur Inhaltsübersicht]
    12
    Hannas Geschichte
    Nach meiner ersten «Projektion», wie Tucker es nannte, konnte ich an nichts anderes mehr denken. Jetzt, wo ich mein Zuhause gespürt hatte, erschien mir das Hotel Ambrosia leerer als je zuvor. Doch ich beklagte mich nicht, sondern tat vielmehr so, als wäre nichts, während ich sehnsüchtig auf die nächste Gelegenheit wartete, nach Venus Cove zurückzukehren und zu erfahren, was dort vor sich ging. Wenn Hanna mir die Haare kämmte oder sich auf andere Art um mich kümmerte, schmiedete ich im Geiste Pläne, wie ich Xavier wiedersehen konnte. Wenn Tucker nachts Wache hielt, zählte ich die Minuten, bis er endlich ins Bett ging und ich frei war, an den Ort zu wandern, an den ich gehörte, auch wenn mich dort niemand wahrnehmen konnte.
    Aber Tucker erriet meine Gedanken besser, als ich gedacht hatte.
    «Es macht süchtig, stimmt’s?», fragte er. «Am Anfang kann man einfach nicht genug bekommen.»
    Das konnte ich nicht leugnen. Mein Aufenthalt in Haus Byron hatte mir einen größeren Kick gegeben, als ich mir je hätte vorstellen können.
    «Es hat sich so echt angefühlt! Ich war so nah, dass ich ihren Geruch wahrnehmen konnte.»
    Tucker musterte mich. «Du solltest dein Gesicht sehen. Wenn du über sie redest, strahlst du richtig.»
    «Weil sie alles für mich bedeuten.»
    «Das weiß ich, aber trotzdem solltest du eins nicht vergessen. Jedes Mal, wenn du zurückkehrst, ist ihr Leben ein kleines Stückchen weiter vorangeschritten. Ihr Schmerz wird nach und nach verstummen, und irgendwann bist du für sie lediglich noch Erinnerung. Es wird der Tag kommen, an dem du das Gefühl hast, ein Geist zu sein, der Fremde besucht.»
    «Das wird niemals geschehen.» Ich sah Tucker an. Der Gedanke, dass Xavier einfach ohne mich weiterleben würde, war unerträglich, und ich war nicht bereit, mich mit dieser Vorstellung auseinanderzusetzen. «Und im Übrigen hast du eins vergessen. Ich bin kein Geist. Ich lebe. Siehst du?» Ich kniff mir so heftig in den Arm, dass sich eine kräftige rote Stelle auf der weißen Haut ausbreitete. «Au!»
    Meine Vorführung ließ Tucker lächeln. «Du willst sofort wieder hin, oder?»
    «Ja, natürlich. Verstehst du das nicht?»
    «Warst du schon immer so ungeduldig?»
    «Nein», antwortete ich heftig. «Erst seit ich ein Mensch bin.»
    Tucker runzelte die Stirn. Ob er bezweifelte, dass ich meine neue Gabe auch richtig nutzen würde? Ich versuchte, ihn zu beruhigen. «Danke noch mal, dass du es mir gezeigt hast, Tuck. Es hilft mir, hier zu überleben. Meine Familie wiederzusehen bedeutet mir so viel.»
    Tucker, der Lob nicht gewohnt zu sein schien, trat verlegen von einem Fuß auf den anderen.
    «Gern geschehen», murmelte er. Dann verdüsterte sich sein Gesicht. «Aber bitte sei vorsichtig. Ich weiß nicht, was Jake anstellt, wenn er es herausfindet.»
    «Ich passe schon auf», sagte ich. «Und ich werde einen Weg finden, uns hier herauszuholen.»
    «Uns?», wiederholte er.
    «Natürlich. Wir sind jetzt ein Team.»

    Tucker hatte recht. Ich wollte noch in dieser Nacht zurückkehren. Der kurze Blick auf mein Zuhause hatte meine Sehnsucht nur noch verstärkt, statt sie zu stillen. Ich hatte nicht gelogen, als ich Tucker versprochen hatte, für uns gemeinsam einen Weg in die Freiheit zu suchen, aber richtig bei der Sache war ich in diesem Moment nicht gewesen. Was mir durch den Kopf ging, war viel egoistischer. Ich wollte Xavier wiedersehen und mir vorgaukeln, es wäre alles wie früher, wollte bei ihm sein, was auch immer er gerade tat, so viel von seiner Anwesenheit aufsaugen wie möglich und speichern. Für die vielen langen Tage und Nächte, die vor mir

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