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Hades

Hades

Titel: Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
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ich litt, aber ansonsten unversehrt. Zwar konnte ich nicht in seinen Armen liegen, wie wir es uns beide wünschten, aber ich kam zurecht. Ich würde überleben.
    «Wie?», sagte er nach einer langen Weile. Seine Stimme zitterte. «Wir haben keine Ahnung, wohin er sie gebracht hat … oder was er ihr antut.» Der letzte Gedanke schien zu viel für ihn zu sein, seine Stimme brach.
    Die Kehle schnürte sich mir zu. Wenn sie keine Ahnung hatten, wo ich war, wie sollten sie mich dann jemals finden?, fragte ich mich panisch. Weder Gabriel noch Ivy waren dabei gewesen, als ich verschwunden war, die einzigen Informationen, die sie hatten, stammten vermutlich von Xavier – und der hatte nicht viel gesehen, bevor Jake ihn zur Strecke brachte. Vermutlich gingen sie davon aus, dass ich in irgendeinem abgelegenen Winkel der Erde als Geisel gehalten wurde.
    «Gabriel arbeitet daran», sagte Ivy und versuchte, Zuversicht auszustrahlen. «Das kann er gut.»
    «Sollten wir ihm nicht helfen?», fragte Xavier hilflos.
    «Gabriel weiß, was zu tun ist und nach welchen Zeichen er suchen muss.» Eine unbehagliche Stille trat ein, die nur vom Ticken der Wanduhr unterbrochen wurde.
    «Es ist alles meine Schuld», sagte Xavier schließlich. Es schien ihn zu erleichtern, die Worte laut auszusprechen. «Ich hätte sie beschützen müssen.» Seine Augen waren nass vor Tränen, aber er wischte sie weg, bevor Ivy sie sehen konnte.
    «Gegen eine solche Macht hat kein Mensch der Welt eine Chance», sagte meine Schwester. «Du hast dir nichts vorzuwerfen, Xavier. Du hättest nichts tun können.»
    Xavier schüttelte entschieden den Kopf. «Doch», sagte er mit zusammengebissenen Zähnen. «Ich hätte bei ihr bleiben müssen. Wenn ich nicht bei diesem Blödsinn am See mitgemacht hätte, wäre all das nicht passiert.» Er ballte seine Hände zu Fäusten und schluckte. «Begreifst du das nicht? Ich habe versprochen, auf sie aufzupassen, und habe sie im Stich gelassen.»
    «Du konntest das doch nicht ahnen. Wie denn auch? Aber du kannst Beth jetzt helfen, indem du dich nicht völlig fertigmachst. Versuch, für sie stark zu sein.»
    Xavier schloss die Augen und nickte.
    «Da kommt Gabriel», sagte Ivy, noch bevor der Schlüssel im Schloss zu hören war. Xavier sprang auf und schwankte ein paar Schritte nach vorn. Sekunden später erschien Gabriel in der Küche. Auch wenn er mein Bruder war und ich ihn besser kannte als jeder andere, verschlug mir sein Anblick, sein Glanz, den Atem. Doch sein perfektes Gesicht, das wie aus Marmor gemeißelt schien, wirkte ernst, und seine regenfarbenen Augen blickten düster.
    «Irgendwas gefunden?», fragte Ivy.
    «Ja, vielleicht», sagte Gabriel zögernd. «An der Stelle könnte ein Portal gewesen sein. Auf der Straße vor diesem alten Haus riecht es nach Schwefel.»
    «O nein», murmelte Ivy und ließ sich auf den nächstbesten Stuhl fallen.
    «Was hat das zu bedeuten? Ein Portal? Was für ein Portal? Ein Portal wohin?», fragte Xavier, ohne Luft zu holen, aber Gabriel antwortete bedächtig und wohlüberlegt.
    «Diese Welt hat Schnittstellen», erklärte er, «Schnittstellen in andere Reiche. Wir nennen sie Portale. Sie können sich zufällig öffnen oder von jemandem herbeigerufen werden, der sehr mächtig ist.»
    «Was für Reiche? Wo ist Beth?» Xaviers Stimme überschlug sich beinahe.
    Ich bin hier, direkt neben dir , wollte ich rufen, aber mir versagte die Stimme.
    «Der Asphalt auf der Straße war geschmolzen», sagte Gabriel und ignorierte die Frage. «Drum herum war alles verbrannt. Es gibt nur einen Ort, der solche Male hinterlassen kann.»
    Xavier atmete tief ein, um sich zu beruhigen. Ich sah, wie die Bedeutung von Gabriels Worten langsam zu ihm durchdrang.
    «Das kann nicht wahr sein», sagte er leise. Offensichtlich kämpfte sein Verstand damit, es zu begreifen.
    «Doch, es ist wahr, Xavier.» Selbst Gabriel musste das Gesicht abwenden, um den Effekt, den diese Worte auf Xavier hatten, nicht sehen zu müssen. «Jake hat Bethany in die Hölle entführt.»
    Xavier sah aus, als wären seine schlimmsten Albträume wahr geworden, als hätte er einen Schlag ins Gesicht verpasst bekommen. Er öffnete den Mund und starrte meinen Bruder an, als ob er darauf wartete, dass er zu lachen begann und das ganze zu einem schlechten Witz erklärte. So verharrte er minutenlang wie versteinert. Dann krümmte sich plötzlich sein ganzer Körper. Mein gespenstisches Ich, das so wenig Substanz hatte wie Wasserdampf, trauerte

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