Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hades

Hades

Titel: Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Adornetto
Vom Netzwerk:
weiß, dass du Beth zurückhaben willst, das wollen wir alle, aber es hilft uns nicht weiter, wenn du dich wie ein Comic-Held aufführst.»
    «Aber herumzusitzen und so zu tun, als ob man sowieso nichts machen kann, hilft ebenso wenig. Beth hat mir erzählt, dass du ein Krieger Gottes bist. Ein schöner Krieger!»
    «Pass auf, was du sagst!», warnte ihn Gabriel mit blitzenden Augen.
    «Sonst?», forderte ihn Xavier heraus. Er sah aus, als wäre er jeden Moment bereit, handgreiflich zu werden und etwas zu tun, was er später bereuen würde. Wie gern hätte ich ihn berührt, ihm gesagt, dass Gabriel recht hatte. Zwar liebte ich Xavier für seine Treue und Entschlossenheit, aber ich wusste auch, dass sein Heldenmut uns nicht weiterbringen würde. Tief in mir ahnte ich, dass Gabriel einen Plan schmiedete, jedenfalls hoffte ich das. Xavier musste ihm nur Zeit zum Nachdenken geben.
    Gabriel stand Xavier noch immer im Weg und sah ihm fest in die Augen. Xavier hielt seinem Blick eine Weile stand, senkte ihn aber schließlich doch.
    «Ich muss hier raus, den Kopf freikriegen», sagte er und drängte Gabriel zur Seite.
    «Ist gut», rief Ivy ihm nach. «Wir warten auf dich.»
    Ich folgte Xavier, der leichtfüßig die Treppen zum Strand herunterstieg, und versuchte, ihm beruhigende Energien zu senden. Ob es mir gelang, war schwer zu sagen, aber als Xavier am Strand ankam, erschien er mir ein bisschen entspannter. Er holte tief Luft, atmete erleichtert aus und lief im dunklen Sand bis zum Flutsaum. Von dort aus blickte er mit den Händen in den Taschen aufs Meer hinaus, wobei er nervös hin und her wippte, als versuchte er, seine Unruhe in den Griff zu bekommen. Konnte er nicht mal für eine einzige Minute sein Versagen vergessen? Dann hätte ich mich vielleicht bemerkbar machen können! Er musste unbedingt aufhören, mein Verschwinden zu betrauern, und seine Gedanken frei bekommen.
    Als ob er meine Gedanken lesen konnte, zog er ruhig seinen Pullover und seine Schuhe aus und legte sie in den Sand. Jetzt trug er nur noch Shorts und ein weißes T-Shirt. Er blickte den leeren Strand herunter und holte tief Luft, bevor er zu laufen begann. In meiner geistigen Gestalt rannte ich neben ihm her, beschwingt von seiner schnellen Atmung und seinem klopfenden Herzen. So nah wie in diesem Moment hatte ich mich ihm seit unserer Trennung nicht mehr gefühlt. Xavier bewegte sich anmutig, wie ein trainierter Läufer. Schon immer hatte er sich beim Sport entspannt, und ich konnte spüren, wie auch jetzt seine Anspannung nachließ. Sein Gehirn konzentrierte sich endlich auf etwas anderes als darauf, dass ich verloren war. Sein Gesichtsausdruck wurde weicher, und sein Körper fand seinen eigenen Rhythmus. Ich betrachtete seine muskulösen Waden und die breiten Schultern, spürte beinahe seine schnellen Bewegungen und sein Gewicht, wenn er den Sand berührte. Ich konnte nicht abschätzen, wie lange er lief, aber als er schließlich anhielt, war Haus Byron nur noch ein Punkt am Horizont. Xavier beugte sich vor und stemmte die Hände in die Hüften. Die Sonne ging bereits unter und färbte das Meer rot. Xaviers Brust hob und senkte sich, während er versuchte, seine Atmung unter Kontrolle zu bekommen. Ich war mir sicher, dass er in diesem Moment gar nichts dachte, vermutlich zum ersten Mal in all den Wochen.
    Ich durfte keine Zeit verlieren. Hinter uns lagen die Felsen, wir waren nicht weit von der Stelle entfernt, an der ich ihm offenbart hatte, wer ich wirklich war, meine Flügel geöffnet hatte und von der Klippe gesprungen war. Mir kam die Frage in den Sinn, ob das damals richtig gewesen war. Von diesem Moment an hatte ich sein Leben für immer und unwiderruflich verkompliziert, hatte seine Existenz mit meiner verwoben und ihm Probleme aufgebürdet, die nicht die seinen waren.
    Ich studierte Xaviers Gesicht. Es war nur Zentimeter von meinem entfernt. Als sein Körper langsam wieder auf Normaltemperatur herunterfuhr, begann sich sein Gesicht sofort wieder zu bewölken. Die Anstrengung hatte ihm eine kurze Atempause verschafft, aber schon bald würde er wieder ins Grübeln verfallen. Mir lief die Zeit davon. Ich wich ein Stück zurück, sodass ich ein paar Meter von ihm entfernt war. Dann schloss ich die Augen und konzentrierte mich darauf, meine Energien dort zu bündeln, wo mein Herz gewesen wäre, wenn ich einen Körper gehabt hätte. Ich stellte mir die Energie als wirbelnden kraftvollen Ball vor. In diesem Ball steckte all meine Liebe, all

Weitere Kostenlose Bücher