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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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schließen. Erstens, daß die Schoschonen ihn seit langem kannten und schätzten, er sich also um die Geschicke des Volkes verdient gemacht haben mußte, zweitens, daß auch ihnen sein Hang zu Metallen bekannt und sogar angenehm war, denn sie unterstützten ihn, erlaubten ihm, mit ihnen auf Kriegszug zu gehen.
    Der Ring war geschrumpft, um bereits die Hälfte seines Ursprungs. Immer mehr Reiter strömten aus ihm ab, weil in dem beständig kleiner werdenden Radius immer weniger Pferde ihre Bahn ziehen konnten. Halefs Wort von der Fantasia hatte also hohe Berechtigung – potzblitz: Kannte denn Hayes arabische Gepflogenheiten, war er nicht nur Westmann, sondern auch eine Art Kara Ben Nemsi ? Als ich ihn belauscht hatte, waren von seiner
Seite einige Erklärungen zu den Beduinen gefallen – aber das konnte doch nicht sein?! Sah dieser Mann nicht nur aus wie ich, lebte er auch so ähnlich? Ich zweifelte: In Kilmer, seinem Kumpan, hatte Hayes kaum einen Hadschi Halef Omar, erst recht keinen Winnetou. Anstatt meines Henrystutzens oder Bärentöters besaß er nur sein Bärenmesser, um sich ein ganz eigenes Gepräge zu geben. Aber was wußte ich sonst von ihm? Womöglich barg dieser Mensch noch weitere Geheimnisse?
    Es verdient Erwähnung, daß ich nicht als einziger konsterniert war, so sehr, daß ich das Schießen und überhaupt jede Gegenwehr unterließ. Meine vermeintliche Tatenlosigkeit erstreckte sich auch auf die Gefährten. Noch verfügten wir über unsere Waffen und hätten sie durchaus benutzen können, allein wir taten es nicht. Es war klar, daß die eigentümliche Schlacht gleich vorüber und es uns diesmal nicht möglich sein würde, den Feinden zu entschlüpfen. Denn auch so ist der Mensch: Noch der Wehrhafteste schickt sich drein, hat er die Unsinnigkeit seines Kämpfens erst einmal erkannt. Mehr weiß ich von den Gedanken, die mich in jener Lage bewegten, nicht zu berichten. Die Augen wegen des Staubes zugekniffen, sah ich fast nichts mehr, und zu hören im eigentlichen Sinne gab es ebenfalls nichts, weil der geballte Lärm der Hufe und das Gejohle der Männer jedes unterscheidbare Geräusch übertönten:
    »Ma-ta-weh, Ma-ta-weh!«
    So traf mein Schicksal mich nicht unerwartet, aber kraftvoll – ein Schlag ließ mich taumeln, dann brach ich nieder.

    Anders, als man es gemeinhin zu beschreiben pflegt, fühlte ich mich nicht in ein tiefes, schwarzes Loch fallen. Im Gegenteil, hinan schien es mich zu ziehen, in eine Höhe, die mir das Überschauen unserer »Insel« möglich machte, als wäre ich ein Vogel – winkte mir nicht ein Indianerjunge hinterher?
    Immer höher ging es, vorbei an tausend Gestalten, die mit
gezückten und ungewöhnlich breitschneidigen Messern ein Spalier bildeten. Durch dieses mußte ich hindurch. Gesichter blickten streng gegen mich, und alle führten wie anklagend dasselbe Wort auf den Lippen:
    »Ma-ta-weh, Ma-ta-weh!«
    Eine Kraft ließ mich weiter steigen und steigen, immer weiter, und als das Licht, welches mich umfing, schon nicht mehr hell, sondern nur noch grell zu nennen war, da fielen die Fremden zu meinen Seiten zurück, und ich fand mich allein. Das Tempo, in dem es aufwärts gegangen war, verringerte sich, bis ich im Äther Halt fand. Das war eigentlich unmöglich, aber im Traume oder im Moment des Sterbens war nichts ausgeschlossen.
    Endlich langte ich vor einer Türe an. Sie war ohne Rahmen oder umgebende Mauern. Bequem hätte ich an ihr vorbei- oder über sie hinwegäugen können, aber das tat ich nicht. Vielmehr klopfte ich höflich und trat ein.
    Da war ein Stuhl, der jenen im Boarding House glich. Darauf saß ein Mann, dessen Gesicht mir vertraut war. Es war, obwohl um Jahre gealtert, das meine.
    Vor diesen Mann, dessen Hand mich näher winkte, mußte ich treten und vor ihm stehenbleiben; für mich war keine Sitzgelegenheit vorgesehen. Ich wollte etwas sagen, wurde aber verwiesen, denn gerade schwebte ein Engel an uns vorbei. Erst wagte ich es nicht, einen Blick auf sein Antlitz zu werfen, getraute mich dann aber doch. Ich erkannte die himmlische Gestalt, welche in ein lichtes Gewand anstatt Hosen gekleidet war.
    »Alma!« wollte ich rufen, aber da verflimmerte der Engel und mit ihm mein Ebenbild, und ich hörte nur noch eine Stimme, die der meinen glich und die doch höhnisch lachte, was ich niemals tat, und ich vernahm Worte, die ich schon einmal gehört hatte, und erschrak darüber zutiefst:
    »Höllenbiest oder Engel, das schöne Kind schnappe ich mir!«
    Da

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