Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
Vom Netzwerk:
geboren worden, vielleicht hatte er während eines Gewitters eine Heldentat vollbracht oder, je nachdem, eine Schurkerei begangen; nach dem Grunde für seinen Namen durfte man einen Indianer niemals fragen, wenn er ihn nicht von selbst preisgab. Aber neben aller Härte, die sich natürlich in seinem Gesicht eingeprägt hatte, bemerkte ich einen wehmütigen Zug. Einen solchen kannte ich auch von Winnetou. Alle großen Indianerführer jener Zeit hatten ihn. Sie waren eben Männer, welche binnen weniger Jahre die einschneidendsten Veränderungen für ihre Völker hinnehmen mußten, trotz einzelner gewonnener Feldzüge.
    Doch das herausragendste Merkmal im Gesicht des Häuptlings der Schoschonen waren Narben – Blatternarben. In jungen Jahren, vielleicht noch als Kind, mußte er die schreckliche Krankheit gehabt und überstanden haben. Mir blieb zwar kaum Zeit, den Mann genau zu betrachten, geschweige denn ihn zu mustern, aber ich glaubte bei Donnerwolke zu erkennen, daß er ein zweifelnder Mensch war. Wie gesagt, es war die Zeit der größten Umwälzungen in der kurzen amerikanischen Geschichte. Schon jetzt war für die Ureinwohner nur noch weniges so, wie es immer gewesen war. Mit Eigenschaften wie Vertrauen, Zuversicht und Hoffnung war es nicht anders, auch innerhalb des eigenen Stammes. Sofort dachte ich, daß, wenn es mir gelänge, menschlichen Zugang zu Donnerwolke zu finden, das Unmögliche doch möglich werden könnte, nämlich mich und die Gefährten zu befreien, erst recht Washburn und seine Männer.
    So öffnete ich vollends die Augen und blickte dem Häuptling unbefangen entgegen.
    »Old Shatterhand kann mich sehen, aber kann er mich auch
verstehen? Er hat im Kampf mit Ma-ta-weh einen schweren Hieb erhalten.«
    »Donnerwolke mag unbesorgt sein. Ich kann ihn sehen, und ich kann ihn hören. Wenn ich mich nicht sogleich erhebe, um ihn zu begrüßen, wie es einem großen Kriegshäuptling wie ihm zukommt, so liegt es an den Fesseln, welche eure Knaben mir angelegt haben.«
    »Wieso spricht Old Shatterhand von Knaben?«
    »Weil es nur solche gewesen sein können. Sie werden sich fürchten vor mir, selbst wenn ich einen Hieb erhalten habe und all meiner Waffen beraubt bin. Würden sie sonst mehr Stricke aufwenden, als nötig sind, um eine ganze Herde Mustangs aneinanderzubinden?«
    »Uff!« rief der Schoschone. »Old Shatterhand spricht stolz, dabei ist er ein Gefangener der Nimi 69 . Er hat sich in die Jagdgründe der Schlangen geschlichen, um sie zu verderben.«
    »Was du sagst, Donnerwolke, bestätigt das, was ich denke: Mit Knaben habe ich es zu tun, die schon vom Rauschen des Windes Gefahr befürchten – hätte man je gehört, daß Old Shatterhand und Winnetou auch nur einem einzigen roten Manne Verderben gebracht hätten? Sind sie nicht die Brüder und Freunde aller Menschen, besonders der roten?«
    Mit Vorbedacht hatte ich die Sprache auf Winnetou gebracht. Falls auch er in Gefangenschaft geraten war, wollte ich das wissen.
    Donnerwolke ließ sich hinreißen, denn er sagte:
    »Dies ist ein großer Tag für die Schlangen! Old Shatterhand wurde in Fesseln geschlagen, bald wird auch Winnetou es sein. Wir wissen, daß er der Fährte Ma-ta-wehs gefolgt ist, welcher wiederum durch einen Krieger der Krähen auf Old Shatterhand stieß.«
    »Ja, Donnerwolke, so ist das mit den Knaben anderer Stämme. Die Upsarokas senden die ihren aus, um Gefahren zu bestehen
und um zu kundschaften; aber die jungen Söhne der Schlangen lassen sich nachsagen, an den Feuern zu warten, bis ein weißer Mann einen anderen niederschlägt. Es war ja keiner eurer Krieger, der mich niederschlug.«
    Da verfinsterte sich Donnerwolkes Gesicht, und seine Stimme klang heiser.
    »Sprich nicht in dieser Weise von Ma-ta-weh! Er ist ein Bleichgesicht, aber ganz anders als du. Einst rettete er das Leben von Donnerwolkes Vater, dem Gelben Blitz, als zwei andere, feindlich gesinnte Bleichgesichter ihn gefangenhielten und einen Bären anlockten. Ma-ta-weh verhinderte diese Tat. Allein mit seinem Messer, ohne seine Büchse, rang er das Untier nieder, und obwohl er ein friedlicher Mann ist und durch die Berge zieht, um Steine zu sammeln, die für die Schlangen keinen Wert besitzen, rühmt man ihn an jedem unserer Feuer als tapferen, mutigen Krieger.«
    Das war ja wunderbar! Da bekam ich ja gleich die ganze Geschichte geliefert: So also hatte sich Hayes ins Vertrauen der Schoschonen eingeschlichen, durch eine angebliche Lebensrettung. Keine Sekunde lang

Weitere Kostenlose Bücher