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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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deshalb so, weil es in ihm keine Straßen und Wege gibt, kaum Pfade. Woher kommt wohl das Wort Scout, Pfadfinder? Selbst dem hervorragendsten Reiter sind schnell Grenzen gesetzt. Denkt nur an reißende Wasser, Schluchten und Felsen.«
    »Ich denke daran, Master, und höre es und habe das alles bedacht. Und doch hoffe ich, daß es nicht allzu sehr auf den Yellowstone zutrifft. Ich habe mir nämlich eine Pritsche angeschafft. Der Sattler liefert mir dazu eine Plane nebst einem Gestell, worauf diese gezogen wird. Ein Pferd habe ich auch schon, die Liesl. Die wird mir das Ding über Stock und Stein hieven. Unser Herr Richard Hornig, Oberbereiter und sicherlich bald Königlicher Stallmeister, hätte mir kein besseres Tier erwählen können.«
    »Dann, lieber Herr Hirtreiter, bleibt mir nur, Euch Glück zu wünschen. Wißt Ihr was, macht einen schönen Tagesausflug! Erkundet die Umgebung der Stadt; folgt ein wenig den Geleisen der jungen Eisenbahn. Aber haltet Euch fern von der Prärie und dem Yellowstone, in Eures Königs Namen, denn diese Gegend bedeutet Euren Tod!«
    Ich machte mich los, um das Gespräch zu beenden, denn ich wollte Winnetou, der hinter der angelehnten Hoftüre stand, nicht länger warten lassen. Obwohl der enttäuscht dreinblickende Bayer
mir leid tat, blieb ich fest und machte Anstalten, ihm die Tür zur Wirtsstube zu öffnen, weil ich befürchtete, daß er den totdiskutierten Gegenstand sonst wiederbeleben würde. Ein Koch, der in den Wilden Westen wollte, das war ganz und gar unsinnig. Genausogut hätte ein Beduine auf die ulkige Idee kommen können, von Nordafrika nach Nordamerika zu reisen – – –
    Da war es wieder, dieses Wort: Beduine!
    Ich habe schon beschrieben, wie konsterniert ich nach dem Belauschen von Hayes und Kilmer gewesen war, ebenso nach den Auskünften von Pfäffle und Hirtreiter. Heute, aus der Entfernung der Jahre, erscheint es mir lachhaft, daß ich auf den einen wesentlichen Gedanken, den gewiß ulkigsten, aber doch nachvollziehbarsten nicht gekommen bin. Ich wiederhole, es war wohl meine Ähnlichkeit zu Hayes und umgekehrt, was mir im Unterbewußten zu schaffen machte. Außerdem war etwas im Blick von Hirtreiter, das dem Auge eines Rehkitzes glich, welchem man die Mutter weggeschossen hatte. Ich konnte nicht anders. Ganz sanft fragte ich Hirtreiter:
    »Ist dies denn Eure erste Reise nach Übersee?«
    »Ja, Master, und vielleicht auch meine letzte. Der Hofküche darf ich auf Jahre nicht mehr fehlen. Das Buch zu schreiben wird lange dauern, da ich diese Arbeit in meiner Freizeit leisten muß.«
    »Und dennoch habt Ihr Euch schnurstracks nach Westen gewandt, nach Cheyenne, in das Boarding House von Mister Faffle oder vielmehr Herrn Pfäffle?«
    »Stimmt, Master. Irgendwo mußte ich doch anknüpfen. Ich war noch nie in Amerika, und noch nie habe ich einen der Ureinwohner gesehen. Deren Kochkunst soll ich studieren, so lautet mein Auftrag, das ist Euch bekannt. Was läge näher, als dies von der Grenze zum Indianerland aus zu versuchen?«
    Ob so viel naiven Freimuts mußte ich lächeln.
    »Herr Hirtreiter! Laßt Euch gesagt sein, daß sie alle recht verschieden sind, die Ureinwohner. Sie teilen sich in über zweitausend Stämme, von denen bereits die meisten ausgerottet sind. Auch
dürft Ihr nicht denken, die Ureinwohner glichen einander aufs Haar. Wie ist das denn bei uns in Europa? Der Spanier, der Franzose, der Italiener, der Grieche und natürlich der Deutsche, wir alle haben weiße Haut, und doch sind wir, allein was das Temperament betrifft, höchst verschieden – so sehr, daß wir einander seit Ewigkeiten bekriegen. Wie erst die Indianer! Die gefährlichen von den weniger gefährlichen zu unterscheiden bedarf großer Erfahrung. Für den Neuling, welcher ich freilich auch einmal war, sehen sie alle gleich aus. Ihr würdet glatt einen Komantschen für einen Kiowa und einen Schoschonen für einen Sioux halten!«
    Über meinen Darlegungen neuen Mut schöpfend, machte Hirtreiter eine abwehrende Gebärde. »Mag alles sein, Master, aber wenigstens einen Indianer würde ich erkennen: Winnetou. Unter tausend Häuptlingen finde ich ihn heraus!«
    »So?« sagte ich gedehnt, an einen ganz bestimmten Mann hinter einer ganz bestimmten Hoftür denkend.
    »Ja, Master, ich erkenne Winnetou«, fuhr Hirtreiter, der mit dem Rücken zu jener Tür stand, fort. »In jeder Eurer Erzählungen habt Ihr den Apachen aufs genaueste beschrieben, jedesmal mit ziemlich den gleichen Worten. Weil Ihr

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