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Hämatom

Hämatom

Titel: Hämatom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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war gerade
erst sieben. Als ich meinen Reinigungswagen an seiner Leiter vorbeischob,
sprang er von den Stufen, als hätte er meine Anwesenheit gerochen.
    Ich schnupperte an meiner Achsel.
    Â»Hi.« Lose Kabelenden baumelten über Eros’ Kopf aus dem
Loch in der Flurdecke. »Ich hatte nicht mehr zu hoffen gewagt, dass ich dich
noch mal zu Gesicht kriege. Versteckst du dich den ganzen Tag im Keller?«
    Nein, da versteckte ich mich nur nachts. Aber das würde
ich Eros, dem Baggerkönig, natürlich auf keinen Fall auf die Nase binden. »Stell
dir vor, ich arbeite.«
    Â»Machst dir das Leben selber schwer, hm? Na ja, hast ja
auch grad erst angefangen. Was hältst du davon, mal was mit mir zu unternehmen?
Ausgehen, tanzen, quatschen – wenn du gerade mal nicht arbeitest, meine ich?«
    Â»Was hältst du davon, mal zu arbeiten – wenn du nicht gerade
irgendwen anquatschst?« Kopfschüttelnd schob ich meinen Reinigungswagen
vorwärts, sodass Eros Platz machen musste, wenn das schwere Ungetüm nicht mit
seinen Schienbeinen kollidieren sollte.
    Â»Ja, versteck dich vor mir! Das nächste Mal kommst du
nicht so einfach davon!«, rief er mir nach.
    Ich tat ihm den Gefallen und blieb noch mal stehen.
    Eros grinste triumphierend, als ich mich nach ihm umdrehte.
    Â»Konntest du mit der Masche denn bei Janna landen?«,
erkundigte ich mich.
    Eros zuckte zurück, als hätte ich ihm den Reinigungswagen
in die Weichteile gerammt. »Was?«
    Â»Janna. Meine Vorgängerin. Du erinnerst dich sicher noch
an sie, es ist erst eine Woche her, dass sie tot umgefallen ist. Biste mal mit
ihr ausgegangen? Oder im Bett gewesen?«
    Â»Quatsch!«
    Â»Wieso Quatsch?«
    Â»Die Alte war nicht mein Typ, echt nicht!«
    Na klar, der Flachleger vom Dienst war wählerisch.
    Vermutlich hatte Janna ihn abblitzen lassen.

    Â 
    Natürlich hätten Eros und sein verletztes
Aufreißerego zu dem Hämatom an Jannas Arm führen können. Doch wenn Janna
gestrippt hatte, kam sie aus einem Milieu, in dem man sich noch auf ganz andere
Art so eine Verletzung zuziehen konnte.
    Also stand ich an diesem Abend in meiner Nadelstreifenhose
und Businessbluse im Bochumer Rotlichtviertel.
    Das gesamte ›Viertel‹ bestand aus genau zwei Straßen und
einem Parkplatz, über denen mahnend der Kirchturm der Christuskirche aufragte.
    Im Winkel boten zeitweise bis zu hundert
Prostituierte ihre Dienste an. In der Gußstahlstraße , von der Jan Degenhardt gesprochen hatte, gab es genau einen
Sexshop und einen Tabledance-Schuppen.
    Nachdenklich betrachtete ich die bunten Dinge aus Plastik,
Lack und Leder im Schaufenster des Sexshops. Ich war noch nie in so einem Laden
gewesen. Nicht mal auf der Reeperbahn, die ja eigentlich jeder schon mal
gesehen hatte, weil selbst die siebzigjährige Stadtführerin, die ihre Rente
aufbesserte, Touristen munter auf die beliebtesten Bordelle hinwies.
    Aber mir fehlte einfach jedes Interesse, schließlich war
Sex für mich die meiste Zeit meines Lebens etwas gewesen, was man so schnell
wie möglich hinter sich brachte.
    Ein feiner Stich in meiner Brust erinnerte mich daran,
dass es für kurze Zeit anders gewesen war. Erinnerte mich an das kratzige
Gefühl von Danners unrasiertem Kinn auf meiner Haut, an seinen warmen,
kräftigen Griff, an das amüsierte Glitzern seiner eisgrauen Augen.
    Ich versuchte, den Gedanken loszuwerden, und wandte
meinen Blick vom Schaufenster ab.
    Ein paar Meter weiter stand eine aufklappbare Tafel von
der Sorte, auf der normalerweise Gemüsehändler mit Kreide 3 kg Rosenkohl
heute nur 2,99 Euro vermerken. Beinahe wäre ich drum herum gegangen, dann
registrierte ich, was darauf stand: Babajaga .
    Das war der Laden, in dem Janna angeblich gearbeitet hatte!

    Unter dem Namen stand: Heute tanzt Vivi! Bis 21.00
jeder Cocktail nur 8 Euro.

    Ein aufgemalter Pfeil wies nach rechts auf die Häuser.
    Wo ging es hinein?
    Als ich dem Pfeil mit Blicken folgte, entdeckte ich eine
schmale Tür.
    Babajaga, las ich die verblassten Buchstaben darüber.
Der Eingang war mit einem schweren Vorhang verhängt, unter dem nur ab und zu
ein kurzer Lichtstreifen aufblitzte. Schon von außen betrachtet wirkte der
Laden schäbig.
    Ach, Janna. Hast du das wirklich nötig gehabt?
    Und wie war sie da reingeraten?
    Nun ja, ich war hier, um rauszufinden, wie man in so etwas
hineingeriet …

    Â 
    Drinnen war es so

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