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Hämatom

Hämatom

Titel: Hämatom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucie Flebbe
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finster, dass ich einen Moment
stehen blieb, damit sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnen konnten.
    Musik mit langsamem, dumpf dröhnendem Beat erfüllte den
Raum. Das hellste Licht kam von einem Scheinwerfer und war auf die langbeinige
Dunkelhäutige gerichtet, die sich wie eine Schlange um eine Go-go-Stange
wickelte.
    Allmählich erkannte ich die Schemen der im Raum verstreuten
Tische, die mit matt glimmender, kitschig bunter Weihnachtsbeleuchtung
dekoriert waren. Fünf oder sechs Typen verfolgten mit einem Glas in der Hand
die Bewegungen der Tänzerin, die sich nach und nach der glitzernden Fetzen
entledigte, die ihren Körper eben noch verhüllt hatten. Die makellose Haut der
Frau glänzte ölig im Licht des Scheinwerfers.
    Direkt neben mir schnaufte irgendwas, was mich erschrocken
zusammenfahren ließ.
    Ein dicker Kerl gaffte mit offenem Mund zu der Tänzerin
hoch und fummelte dabei mit einer Hand in seiner geöffneten Hose herum.
    Bäh!
    Die Frau oben im Lichtkegel konnte ihr Publikum wohl
nicht sehen, und wahrscheinlich war das auch ganz gut so.
    Ich tastete mich an den Tischen vorbei auf die Bar im hinteren
Bereich des Raumes zu. Der Tresen war schwach beleuchtet, sodass ich die beiden
gelangweilten Bedienungen gut erkennen konnte. Sie quatschten mit Champagnergläsern
in den Händen. Die eine kam mir bekannt vor, eine übertrieben geschminkte
Blondine, deren Haare im matten Licht glitzerten. Sie trug ein dirndlartig
zusammengeschnürtes Korsett zu pinkfarbenen Strapsen.
    Ich musste eine Sekunde überlegen, wo ich sie schon einmal
gesehen hatte, bevor ich mich erinnerte: Die Frau hatte auf Jannas Beerdigung
neben mir gestanden.
    Die Musik verstummte. Die farbige Tänzerin hatte sich
inzwischen der letzten Reste ihrer Glitzerkleidung entledigt und lächelte nackt
ins Scheinwerferlicht. Dann ging das Licht aus und es wurde dunkel. Nur die Bar
war noch beleuchtet. Ein oder zwei Gäste klatschten müde.
    Ein zweiter Scheinwerfer flammte auf.
    Auf einer Bühne weiter links stand jetzt eine schöne Brünette
mit blutroten Lippen, Fingernägeln und Pumps. Sie war in ein knallrotes Etwas
gehüllt, das hauptsächlich aus Federn zu bestehen schien und an die Kleidchen
erinnerte, in die kleine Kinder beim Fotografen gern gesteckt werden.
    Die Musik setzte wieder ein und die Dunkelhaarige begann,
sich aus den Federn zu mausern.
    Sie hatte eine perfekte Figur, lange Beine und ordentlich
Oberweite, aber sie tanzte wie ein betrunkener Storch. Ich befürchtete, sie
könnte sich in ihrem Kostüm verknoten und abstürzen.
    Ich erinnerte mich an meinen Plan und stellte mich an die
Theke.
    Â»Hallo«, begrüßte ich die beiden Bedienungen, die ihr Gespräch
abbrachen und abschätzend meine streng zugeknöpfte, blasslila Abteilungsleiterinnenbluse
musterten.
    Â»Was kann ich für dich tun, Schätzchen?«, erkundigte sich
die Blondine, die auf der Beerdigung gewesen war. Ihre schmal
zusammengepressten Lippen verrieten, dass junge, weibliche Gäste in diesem
Lokal nicht für Begeisterung sorgten. Lag vielleicht dran, dass nicht so viel
Trinkgeld zu erwarten war.
    Na gut. Ich war Detektivin und ich wollte etwas über Jannas
Verletzung herausfinden.
    Also jetzt oder nie!
    Â»Ich hab ein kleines Problem«, begann ich. »Kassentechnisch.«
Vielsagend rieb ich Daumen und Zeigefinger gegeneinander.
    Â»Meld dich beim Amt«, riet mir die Blonde, ohne eine
Miene zu verziehen.
    Â»Eine Freundin von mir hat hier mal gearbeitet«, ließ ich
mich nicht beirren. »Sie meinte, ich könnte hier vielleicht ein paar Euro
nebenbei machen …?«
    Â»Eine Freundin?«
    Â»Janna.« Ich registrierte, dass beide aufhorchten.
    Â»Janna?«, hakte die Blonde nach.
    Â»Johanna Degenhardt. Sie hat hier mal gearbeitet, hat sie
gesagt. Kennt ihr sie nicht?« Einfach mal ganz direkt nachfragen, ich hatte ja
nichts zu verlieren.
    Â»Doch«, nickte die Dunkelhaarige. Im mageren Licht der
Barbeleuchtung erinnerte sie ein wenig an Lily Munster: groß, nicht mehr ganz
jung, gruselig. Ich betrachtete ihre knochigen Arme. Krank oder Drogen?
    Â»Klar kennen wir sie.« Die Blondine musterte mich noch
immer mit flinken, kleinen Augen unter auffällig unechten Wimpern: »Warst du
nicht auf Jannas Beerdigung?«
    Gutes Gedächtnis. Hätte ich ihr gar nicht zugetraut. Irgendwie
war ich davon ausgegangen, dass so viel Schminke

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