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Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition)

Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition)

Titel: Hämoglobin (Jacks Gutenachtgeschichten) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Torsten Sträter
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mir dabei auf. Und seine Fußn ä gel waren so lang, dass er sich seine Schuhe eine Nummer kle i ner hätte kaufen müssen, wenn er sie schnitt.
    »Gut drauf?«, fragte ich.
    »Ja, Mann!«, schrie er atemlos. »Absolut gut drauf. Suuuupe r gut! Fühle mich so was von geil! Hölle, Alter!«
    »Schön«, sagte ich, »würdest du trotzdem Angus den Hahn abdrehen? Ein bisschen wenigstens?« Nach neun Stunden B e schallung durch eine Chromatex Industrieknochensäge hatte ich kein Verlangen mehr nach Metal, weder Heavy, noch si r rend und sägend.
    Außerdem erschien es mir angebracht, kurz eine kleine Hau s ordnung zu installieren: Seine Körperpflege war sein Problem, aber die Sache mit der Musik musste geklärt werden.
    Wir klärten es.
    Er wirkte nicht eingeschnappt, obwohl er sofort die Anlage ausschaltete und sich verzog.
    Um Elf klopfte ich an seine Tür. Ich hatte das Gefühl, ein bis s chen zu hart gewesen zu sein.
    Kein Geräusch heran tappender Füße. Ich drückte die Klinke herunter.
    Das Zimmer war leer. Und eiskalt. Das Fenster stand offen, und die frostige Nachtluft ließ den billigen Vorhang flattern. Wann war er gegangen? Ich marschierte zum Fenster und schloss es. Dann fiel mein Blick auf den Boden.
    Ich kannte Dave seit vierundzwanzig Stunden, und in dieser Zeit hatte er entweder den Bademantel oder seine Lederhose und ein komisch gemustertes Batikhemd angehabt.
    Diese Sachen lagen vor mir auf dem Boden.
    Was immer er jetzt gerade tat, er machte es offensichtlich nackt.

6
    Ich schreckte hoch, als ich das Klirren hörte.
    Diesmal schenkte ich mir den Blick auf die Uhr; es schien mir angesichts eines Einbruchs völlig unwichtig. Während ich zi t ternd auf die Beine kam, fiel mir ein, dass ich – dass wir – im dritten Stock wohnten.
    Ich griff mir trotzdem den Minigolfschläger aus der Ecke, als ich leise durch mein Zimmer tappte.
    Im Flur herrschte Stille und Dunkelheit. Unter Daves Tür brannte Licht.
    Ich drückte die Klinke.
    Diesmal war sie fest verschlossen.
    Das war erstaunlich. Ich hatte nämlich noch nie einen Schlüssel besessen.
    »Dave?«
    Ich kann nicht sagen, dass ich rief. Ich wollte ihn nicht wecken, falls er schlief.
    Also tat ich etwas völlig Absurdes: ich flüsterte laut.
    »Daaaavvve?«
    Statt einer Antwort hörte ich, wie sich hinter der Tür etwas auf mich zu bewegte, und dabei ein unangenehm schabendes G e räusch verursachte.
    Ein durchdringender Geruch drang unter dem Türspalt hervor; es roch absurd vertraut nach Ponyhof.
    Dave – oder was immer er hinter der Tür hatte – kam näher.
    Dann verdunkelte der Schatten von der anderen Seite den kompletten Spalt. Die Eingänge zu den Zimmern waren breit; alte Bauweise sozusagen. Aber das Licht unter der Tür erlosch einfach; verdrängt durch etwas, das breiter als der Rahmen war, während der Geruch zunahm.
    Ich musste schlucken.
    »David«, sagte ich halblaut. »Alles okay?«
    Ich hörte ein verschnupftes, nasses Schnuppern.
    Der Gestank nahm mir den Atem, und ich fühlte mich mit einem Mal sehr unwohl.
    Hielt David sich ein Tier?
    Möglich, dass David völlig durchgedreht war, und bekifft im Zoo ein Hängebauchschwein geklaut hatte. Verdammt!
    Wie war der Kerl drauf? Nach einem kleinen Intermezzo mit dem Rottweiler meiner Tante hatte sich jedes warme Gefühl für Köter aller Art in Luft aufgelöst. Damals war ich a cht g e wesen, und seitdem verbinde ich mit Hunden nur noch die Erinnerung an eine muffige Notaufnahme und die kalte Nadel einer Spritze, die mich schmerzhaft gegen irgend etwas U nau s sprechliches impfte.
    David, du verdammter Punk. Ich schlich auf Zehenspitzen zurück in mein Zimmer. Lange horchte ich auf ein Grunzen oder Be l len oder irgendetwas. Nichts.
    Trotzdem fand ich lange keinen Schlaf . D as Gefühl, hinterga n gen worden zu sein, wurmte mich.

7
    Lärm weckte mich, und das war auch gut so: Es war zehn nach Neun, ich kam zu spät zur Arbeit.
    Als ich an Davids Tür vorbeihastete, konnte ich sein Schna r chen hören.
    Das würden wir am Abend klären, versicherte ich mir.
    Der unheimliche Vorfall der letzen Nacht steckte mir buc h stäblich noch in den Knochen.
    Im Treppenhaus, wo ich seit neuestem mein Fahrrad aufb e wahrte, ohne das mit unserem cholerischen Hauswart abgeklärt zu haben, traf ich Frau Pe.
    Frau Pe, deren richtigen Namen ich nicht kannte, da auf ihrem verwitterten Klingelschild außer diesen beiden Buchstaben Nichts mehr lesbar war, blickte mich an.
    »Morgen«, sagte ich etwas

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