Hände, die der Satan schuf
festhielt.
Er ging zurück. Sein Blick traf die Schneide. Sie war blank, glatt und scharf wie immer. Keine Spuren wiesen darauf hin, daß sie vor Sekunden noch im Kopf eines Menschen gesteckt hatte. Bachara lachte wieder. Es war ein Gelächter, über das er sich selbst erschreckte und auch einige Waldtiere aus dem Schlaf riß, denn zwischen den Bäumen vernahm er ein aufgeregtes flattern. Er lachte noch, als er angesprochen wurde.
Die Stimme klang dumpf, und sie drang aus dem Dunkel des Waldes an seine Ohren.
»Nun, Ricardo, wie gefällt dir dein Todfeind?«
Bachara beendete sein Gelächter. Er duckte sich dabei. Über seinen Rücken strich eine Gänsehaut. Nicht weit entfernt flog ein dunkler Vogel mit trägem Flügelschlag vorbei.
»Nicht schlecht«, sagte er. »Wirklich nicht schlecht. Hast du das getan?«
»Wir beide«, erwiderte Asmodis, denn kein geringerer als er hatte die Antwort gegeben.
Seine Stimme war von dem Schnitzer längst erkannt worden. Bachara riskierte es und drehte sich um. Er schaute in die Richtung, wo seiner Meinung nach der Teufel stehen mußte.
Dort befand sich das düstere Dickicht des Waldes. Aber etwas war noch dunkler.
Etwa in Menschenhöhe schwebte eine Wolke. Sie war kreisrund, absolut schwarz, und nur in ihrem Zentrum wurde sie von innen her allmählich aufgehellt.
Ein Gesicht erschien.
Satan zeigte sich.
Diesmal sah seine Fratze noch fahler als das Mondlicht aus. Seine Züge hoben sich klar und scharf in der Schwärze ab. Sehr deutlich war die dreieckige Form seines Gesichtes zu erkennen. Mittendrin die bösen, kalten Augen, die den Blick der Hölle wiedergaben. Bachara erschrak. Er spürte die Angst wie einen Gürtel, der sich um seine Brust gelegt hatte. Noch nie zuvor hatte er den Teufel gesehen. Bisher war der Höllenfürst nur in seinem Rücken aufgetaucht. Nun sah er die Gestalt vor sich, die so vielen Menschen Alpträume bereitete. Er wußte nicht, was er sagen sollte, da ihn der Anblick einfach zu stark getroffen hatte. Jeder Mensch, der den Teufel zum erstenmal von Angesicht zu Angesicht sieht, kommt sich klein, hilflos und verloren vor. Bachara erging es da nicht anders, obwohl er sich auf die Seite des Satans gestellt hatte.
Asmodis grinste. Er verzog dabei sein Maul in die Breite. Die Augen blickten noch kälter und grausamer, als er sagte: »Da siehst du, welch eine Kraft ich dir gegeben habe, mein Freund.«
»Ich… ich verstehe nicht.«
»Es ist ganz einfach. Dein Todfeind hat sich ein wenig verändert. Er ist größer geworden.«
»War er denn vorher kleiner?« Bachara konnte nicht mehr denken. Er war viel zu durcheinander.
»Natürlich war er kleiner. Du hast ihn ja selbst geschaffen.«
»Ich?«
»Denke nach.«
Auf dem Gesicht spiegelten sich die Gefühle wider, die er in den kommenden Augenblicken empfand. Da war das Begreifen, gleichzeitig vermischt mit dem Nichtverstehen, und auch das allmähliche Durchblikken. Er atmete stoßweise, und er hatte große Mühe, seine Gedanken in Worte zu fassen und diese auszusprechen.
»Ich habe ihn geschnitzt«, flüsterte er. »Danach… danach ist er dann gewachsen.«
»Jetzt hast du es bemerkt.«
»Eine Holzfigur?« staunte der Schnitzer.
»Natürlich ist es eine Figur. Du darfst nur nicht vergessen, daß ich sie mit meiner Kraft gefüllt habe. Ich mache aus der toten Materie eine lebendige. Hast du verstanden? eine lebendige. Für mich gibt es so etwas nicht. Was tot ist, soll nicht tot bleiben. Es muß lebendig werden.«
»Wie die Figur?«
»Ja.«
Für Ricardo Bachara war es unbegreiflich. Er konnte einfach nicht glauben, daß es solche Dinge gab, drehte den Kopf und leuchtete die Figur an. Sie stand noch immer auf derselben Stelle. Ricardo ließ den Strahl bis zum Kopf wandern und sah dort genau den Einschnitt, wo das Beil getroffen hatte. Die Kerbe befand sich in der Stirnmitte. Ein kalter Schauer rieselte über den Rücken des Mannes. Allmählich spürte er, in welch einen Machtbereich er sich da begeben hatte. Er war in den Kreislauf des Teufels integriert worden und wußte nun, was mit den anderen Figuren geschehen sollte, die er noch schnitzen mußte. Der Teufel las die Gedanken seiner Diener. Auch hier, denn er lachte und nahm den gedanklichen Faden des Ricardo Bachara auf.
»Weißt du nun, welche Pläne ich verfolge, mein Lieber?«
Der Schnitzer nickte.
»Dann wird dir auch bekannt sein, daß bei mir alles gelingt, was ich in die Hände nehme.«
»Möglich.«
»Nicht nur möglich,
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