Hände, die der Satan schuf
langen Gischtfontänen trieben auf den Kommissar zu und durchnäßten ihn. Hier, in direkter Nähe des Wasserfalles, hatte er das Gefühl, unter einer Dusche zu stehen. Mittlerweile gab es keinen trockenen Flecken mehr an seiner Kleidung.
Das alles kümmerte ihn nicht. Wichtig für ihn war die Entdeckung des Jungen.
Will stand auf verlorenem Posten, denn er hatte bisher von dieser Figur noch nichts gesehen.
Falls sie überhaupt vorhanden war, hielt sie sich versteckt, und das ärgerte den Kommissar ein wenig.
Das Rauschen des Wasserfalls übertönte nach wie vor jedes andere Geräusch. Mit einer kaum zu ermessenden Kraft jagten die Hüten in die Tiefe. Sie donnerten, wenn sie auf das Gestein trafen, schleuderten gewaltige Gischtfahnen in die Höhe, deren Ausläufer sich wie eine nie abreißende Dusche auf den Kommissar niedersenkten. Innerhalb des Wasserfalls würde der andere kaum verschwunden sein, und Will rechnete schon damit, den Weg umsonst gemacht zu haben. Er ging ein paar Schritte zur Seite drehte sich halb und schaute einen Teil des Hangs hoch, über den er nach unten geklettert war. Da sah er den Wagen!
Für einen Moment stand der Kommissar wie erstarrt auf dem Fleck. Er glaubte sich in einen Action-Film versetzt.
Der Jeep kam.
Ein massiges Ungeheuer aus Stahl, Glas und Gummi, das alles, was sich ihm in den Weg stellte, kurzerhand mitriß. Die mächtigen Baumstämme konnten es ebensowenig aufhalten, wie das Unterholz. Manchmal hieb der Jeep gegen die Stämme. Dieser Krach war selbst im Rauschen des Wasserfalls zu hören, und der Wagen wurde auf halber Höhe zu einer »Billardkugel«. Er tickte von einer Seite zur anderen. Seine Kühlerschnauze war längst ein verbogener Haufen von Blech, das Dach schien von einem gewaltigen Hammer eingeschlagen worden zu sein, und auf seinem Weg riß der Wagen, Steine, Zweige, Äste und Blätter mit.
In breiter Front rollte es dem wartenden Kommissar entgegen, der unwillkürlich den Atem angehalten hatte.
Über die Steine konnte er hinwegspringen. In der Bewegung sah er, daß der Wagen wieder schräg gegen einen Baumstamm krachte und sich dabei zwei Reifen lösten.
Die konnten gefährlich werden.
Einer rutschte Will auf der flachen Seite entgegen. Der andere hatte es geschafft, sich aufzurichten, bekam Geschwindigkeit und wurde, wie der Zufall es wollte, auch nicht von einem Baustamm aufgehalten, so daß er wie ein böses Mordgerät auf den Kommissar zuhüpfte. Mit jedem Meter, den der Reifen zurücklegte, wurde er schneller, und einige Sprünge vergrößerten sich.
Will konnte nicht mehr stehenbleiben.
Er hatte den ersten Schrecken überwunden, sah den Reifen näher kommen, und auch den Jeep, der hinter ihm herrutschte, gefolgt von einer der beiden Türen, die der Wagen auf seiner unfreiwilligen Reise nach unten verloren hatte.
Es wurde Zeit.
Will Mallmann hatte auch den ersten Schock überwunden. Von ihm aus gesehen, wich er zur rechten Seite aus und hatte Mühe, sich auf den Beinen zu halten, denn die Feuchtigkeit des Bodens wollte ihm den Fuß wegreißen.
Das Rad wurde noch schneller. Ein sich drehender Koloß, der darauf lauerte, alles zermalmen zu können.
Will setzte zu einem Sprung an. Er knallte zu Boden, spürte scharfe Steine durch seine Kleidung dringen und sah den gewaltigen Schatten schräg vor sich.
Das Rad!
Die nächsten beiden Sekunden erschienen ihm viermal so lang, obwohl er Glück im Unglück hatte. Kurz bevor das Rad den Abhang hinter sich lassen konnte, stieß es noch gegen einen Felsen. Es wurde zwar nicht abgestoppt, aber es bekam noch einmal Schwung, der es nicht nur in die Höhe, sondern auch über den Kommissar hinwegkatapultierte. Wie ein Schatten rauschte es durch die Luft, tickte hinter Will schräg auf und wurde von der kochenden Flut des kleinen Sees aufgesaugt, als wäre das Wasser ein Magnet und das Rad ein metallener Gegenstand. Will lag auf dem Bauch. Er hatte die Hände schützend über seinen Kopf gelegt. Der Mund stand offen. Auf den Lippen spürte er Dreck und Feuchtigkeit, und ihm wurde bewußt, daß er der ersten großen Gefahr entkommen war. Nur konnte er sich nicht ausruhen, denn der Jeep folgte noch. Will schnellte hoch.
Die Baustämme, gegen die der Wagen geschleudert war, hatten ihn stark gezeichnet, und Will bekam Angst, daß sich der Treibstoff entzünden konnte.
Einer Tür wich er aus, auch einigen anderen Teilen kleinere Steine tickten noch gegen ihn, dann endlich rutschte der völlig demolierte Jeep
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