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Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)

Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)

Titel: Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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heißt, ich war schweigsam und Sven redete auch nicht allzu viel. Die anderen, vor allem Pauline und mein Vater, schnatterten unentwegt, wobei ich mich hinterher nicht erinnern konnte, worüber sie sich unterhalten hatten. Das, was sie sagten, rauschte als endloser Strom von Worten an mir vorbei, ohne dass ich auch nur den geringsten Sinn dahinter erkennen konnte.
    Ich merkte, wie Sven mich immer wieder von der Seite anschaute. Von vorn wurde ich – noch eindringlicher – von Annabel gemustert. Ich kam mir vor wie ein besonders auffallendes Exemplar einer neuen Spezies, das jemand unter einem Mikroskop festgenagelt hatte. Um mich abzulenken, trank ich von dem leckeren Grappa ein paar Gläser mehr als die anderen. Das schien zu helfen. Am Ende hatte ich den deutlichen Eindruck, dass ich dem Rest des Tages völlig entspannt entgegensehen konnte, egal wer mich alles anstarrte.
    Nach dem Essen blieben alle gemütlich zusammen in der Küche sitzen, aber ich hatte ein Bedürfnis nach frischer Luft. Ich schnappte mir mein Grappaglas und entschuldigte mich bei den anderen. Da das Parkett noch nicht trocken war, ging ich durch die Haustür nach draußen. Als ich hinterm Haus ankam, merkte ich, dass ich vergessen hatte, meine Jacke überzuziehen. Doch das war nicht weiter schlimm, denn es war überraschend warm. Entweder war der Sommer tatsächlich im Anzug oder meine innere Hitze brach sich Bahn. Mir war den ganzen Abend schon unmenschlich heiß gewesen, trotz meines leichten Aufzugs.
    Vom Garten aus sah man die Fensterfront von Wohnzimmer und Esszimmer, wo ab der kommenden Woche Sven seine Mandanten betreuen würde. Es war ein komisches Gefühl, sich das vorzustellen, aber nicht unangenehm, sondern eher respekteinflößend. Ob er dazu seine Anwaltsrobe anzog? Dieser Gedanke verstärkte sofort wieder das Kribbeln, das mir schon die ganze Zeit zu schaffen gemacht hatte. Während ich überlegte, was zum Teufel daran erotisch war, wenn Sven seine Robe trug, hörte ich Schritte hinter mir auf dem Kiesweg.
    Ich drehte mich um und sah Sven durch die Dunkelheit auf mich zukommen. Er hatte wie ich ein Grappaglas in der Hand und war ohne Jacke.
    Das Kribbeln entwickelte sich zu einem wahren Schmetterlingssturm.
    »Ziehst du eigentlich deine Robe an, wenn du die Leute berätst?«, platzte ich heraus.
    Trotz der Dunkelheit sah ich, dass er lächelte. »Nein, die brauche ich nur vor Gericht. Warum?«
    »Nur so. Weil doch Ärzte ihren weißen Kittel anhaben, wenn Patienten kommen. Und Apotheker in der Apotheke auch.« Ich kam mir selten dämlich vor und merkte außerdem, dass ich leichte Schlagseite hatte, als ich auf die Veranda zusteuerte und mich auf die lange Holzbank setzte, die vor dem Fenster stand.
    Sven folgte mir und blieb vor mir stehen. Er stellte einen Fuß neben mir auf die Bank und stützte die Hand mit dem Glas auf einem Knie ab. Seine Haltung wirkte auf den ersten Blick locker und entspannt, doch ich spürte hinter seinen gelassenen Gesten einen Hauch von Nervosität.
    »Es ist übrigens nicht so, als würde ich ständig nur deswegen ins Bad rennen, um dich nackt zu sehen«, erklärte ich würdevoll. »Nicht, dass du nackt nicht gut aussiehst«, fügte ich hinzu. »Im Gegenteil. Du siehst sehr, sehr gut aus.« Im selben Moment merkte ich, wie mein Gesicht anfing zu glühen. Du liebe Zeit, was redete ich da eigentlich die ganze Zeit für einen hirnverbrannten Quatsch?
    »Du auch«, sagte er mit belegter Stimme. »Wahnsinnig gut.«
    Mir wurde noch heißer, nicht nur im Gesicht, sondern überall, auch an Stellen, die ich schon lange nicht mehr bewusst wahrgenommen hatte.
    »Äh … Findest du nicht, dass ich … ähm, dass ich …« Ich stockte und überlegte, wie ich die folgende Frage möglichst dezent formulieren konnte, doch mir fiel nichts ein, also brachte ich es auf den Punkt. »Findest du nicht, dass ich einen dicken Hintern habe?«
    So, jetzt war es draußen. Die Frage aller Fragen. Die Stunde der Wahrheit war gekommen, jetzt musste er Farbe bekennen. Ich wappnete mich, es zu tragen wie eine Frau.
    Seine Stimme war wie rauer Samt. »Du hast den schönsten, erotischsten Körper, den ich je gesehen habe.«
    Mir entfuhr ein ersticktes Seufzen, als er mir das Glas wegnahm und es zusammen mit seinem auf der Bank abstellte. Fassungslos schaute ich die beiden kleinen Gläser an, wie sie in stummer Eintracht Wölbung an Wölbung dicht nebeneinander auf der Bank standen. War es möglich, dass allein der Anblick von zwei

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