Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)

Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)

Titel: Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
Vom Netzwerk:
der Regel höchstens auf Hochzeiten ausgeschenkt, aber bei weitem nicht auf jeder Feld-Wald-Wiesen-Feier, sondern eher auf solchen Festivitäten, wie Marie-Luise eine im Auge hatte. In jedem Fall hatte allein diese eine Flasche – in der Speisekammer stand noch eine davon – weit mehr gekostet als das Fleisch, das im Ofen vor sich hinschmorte.
    Sven hatte sich ebenfalls umgezogen. Anstelle des Anzugs trug er heute Abend Jeans und ein kurzärmeliges Polohemd wie mein Vater, mit dem entscheidenden Unterschied, dass Sven darin aussah wie Brad Pitt, allerdings um einiges jünger, größer und attraktiver.
    »Setz dich doch«, sagte ich zu Sven, nur um etwas von mir zu geben.
    »Wenn du gestattest.« Er setzte sich neben mich und kam mir dabei wegen der beengten Platzverhältnisse sehr nahe. Sein Arm berührte den meinen von der Schulter bis zum Ellbogen, und schockiert stellte ich fest, wie mich ein heftiges Erschauern durchlief, das in mir sofort das Verlangen wach werden ließ, er möge dasselbe noch einmal tun. Doch er war bereits mit einem gemurmelten Sorry ein kleines Stück von mir abgerückt, damit wir beide bessere Armfreiheit hatten.
    Wieso hatte er Sorry gesagt? War es ihm etwa unangenehm gewesen, meine nackte Haut auf seiner zu spüren? Heute Abend hatten anscheinend alle Bewohner dieses Hauses einen Hang, sich ärmellos zu präsentieren, ich machte in dem Punkt keine Ausnahme. Um genau zu sein, ich hatte vermutlich von allen hier Anwesenden am wenigsten an, nämlich einen ultrakurzen Rock und ein Hemd mit Spaghettiträgern. Wozu hatte ich mir die Beine epiliert und die Achselhöhlen rasiert? Und was nützte die teure neue Körperlotion, die ich mir heute nebst Rock und Top in der Stadt gekauft hatte, wenn sie nicht auf möglichst viel unbedeckter Haut ihren unverwechselbaren Duft entfalten konnte?
    »Dieser Duft …«, sagte Sven. »Was ist das?«
    »Toskanischer Lendentopf«, antwortete Annabel leicht irritiert. Sie hatte den Backofen aufgemacht und die Auflaufform herausgeholt.
    »Äh … Wunderbar«, sagte Sven.
    Annabel stellte die Form auf den Tisch und zauberte eine weitere Schüssel aus dem Backofen hervor. »Das ist Brittas Spezialgratin«, sagte sie. »Aus lauter frischen Sachen. Auberginen, Zucchini, Kartoffeln, Champignons …«
    »Britta, du verwöhnst uns ja richtig«, sagte mein Vater begeistert. »Wann hast du das eigentlich alles gemacht? Einfach so zwischendurch? Ich habe dich heute Abend noch gar nicht hier unten in der Küche gesehen!«
    Ich hatte schon den Mund geöffnet, um einiges richtig zu stellen, doch Annabels Blicke brachten mich zum Schweigen. Untersteh dich, sagten ihre Augen.
    »Alles, was es heute gibt, lässt sich toll vorbereiten«, erklärte sie den anderen. »Das hat Britta einfach drauf.«
    Als weitere Beilage tischte sie noch einen bunten Salat auf, ebenfalls nach einem Spezialrezept von mir, von dem ich, nebenbei bemerkt, noch nie etwas gehört hatte.
    Der Tisch krachte fast zusammen unter all den Köstlichkeiten, die Annabel uns servierte, und irgendwie schaffte sie es dabei, allen den Eindruck zu vermitteln, als wäre ich ein kulinarisches Genie. Das Gemüse und der Salat schmeckten wie in einem Fünfsterne-Restaurant und das Fleisch stand dem in nichts nach. Es entlockte uns allen Seufzer des Entzückens, so zart war es. Das Rezept war denkbar einfach, ich hatte es mal bei einem Hochzeitsessen abgestaubt und mit heimgebracht, aber nie selbst ausprobiert, obwohl es kaum Arbeit machte und vor allem gut vorbereitet werden konnte. Die Medaillons wurden dabei in dünne Baconscheiben gewickelt und dicht an dicht in die Form geschichtet, anschließend mit einer vorher aufgekochten und reichlich mit frischem Rosmarin und Thymian gewürzten Sahne-Tomatensauce übergossen, mit Butterflöckchen bestreut und dann einfach vierzig Minuten im Ofen gebacken. Dazu konnte man wahlweise Gemüse oder Salat reichen, oder, wenn man es unbedingt übertreiben musste, auch beides. Und natürlich Ciabatta, das rundete dieses Essen perfekt ab.
    Ich hätte mich am liebsten bis zum Umfallen voll gestopft, so lecker war alles, aber mein neuer Rock war Größe sechsunddreißig und passte nur knapp, folglich konnte ich mich nicht einfach innerhalb einer Stunde auf Größe vierzig hochfressen, das wäre spätestens dann aufgefallen, wenn ich aufstand und mit lautem Krachen mein Reißverschluss barst. Also übte ich Verzicht und aß manierlich nur geringe Mengen von allem. Dafür hielt ich mich an

Weitere Kostenlose Bücher