Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)
funkelnagelneu. Jedenfalls war es keines von denen, die ich ihm sonst immer bügelte, also hatte er es vermutlich auch erst heute gekauft.
Griesgrämig setzte ich mich ihm gegenüber an den fertig gedeckten Tisch. Wie schön, dass er für solche Kleinigkeiten wie neue Hemden und bmw-Leasing noch genug Geld übrig hatte. Aber warum auch nicht, schließlich hatte der Müller ja praktischerweise eine fleißige Tochter, deren Haus und künftige Honorare er an russische Gangster verpfänden konnte. Bloß, dass die mich nach Abschluss des Deals nicht heiraten, sondern auf Nimmerwiedersehen gen Osten verschwinden würden.
Annabel stellte das aufgeschnittene Brot auf den Tisch und warf mir einen strengen Blick zu. Ich zog meine Hand, die ich nach dem Brotkorb ausgestreckt hatte, wieder zurück und schenkte stattdessen reihum Wein und Mineralwasser ein, in jeweils verschiedene Gläser. Annabel hatte sich selbst übertroffen in ihrem hausfraulichen Eifer. Dass es Wasser- und Weingläser zu einer Mahlzeit gab, kam bei uns zum ersten Mal vor.
Es war beinahe so, als würden wir eine Party veranstalten und als wäre der Ehrengast des Abends noch nicht da.
Im nächsten Moment klopfte es an der Tür – meine Güte, er klopfte in seinem eigenen Haus an! –, und dann erschien er auf der Bildfläche.
Ich hielt unwillkürlich die Luft an, als ich ihn sah. Nicht nur, weil er mal wieder einen besonderen Anblick bot, sondern weil etwas Magnetisches von ihm auszugehen schien, das die Luft in der Küche auf besondere Art auflud und alle möglichen Schwingungen auslöste. Vor allem in meinem Magen.
»Guten Abend. Es riecht ja toll hier.« Er schnupperte. »Irgendwie … italienisch.«
Annabel strahlte ihn an. Ihre Wangen leuchteten so rosig wie die einer Puppe. »Toskanischer Lendentopf.« Sie zeigte auf das Fenster des Backofens, aus dem der verführerische Duft drang.
»Klingt ja wunderbar. Ich habe schon einen Riesenhunger! Kann ich helfen?«
»Nicht doch, setz dich. Britta und ich haben alles im Griff. Sie ist wirklich die reinste Küchenfee.«
Das war für mich völlig neu, und davon abgesehen hatte ich keine Ahnung, wie sie dazu kam, solche Gerüchte zu verbreiten.
»Britta kann auch hervorragend bügeln«, betonte mein Vater. »Gekocht hat sie noch nicht für mich, aber sie kommt einmal die Woche vorbei und schaut nach dem Rechten. Und sie bügelt mir meist rasch die Hemden, wenn sie schon mal da ist. Ich wüsste nicht, was ich ohne sie täte.«
»Wahrscheinlich bügelfreie Hemden tragen«, sagte Pauline grinsend.
Mein Vater schaute sie angenehm überrascht an. »Gibt es so was auch? Britta, davon hast du mir nie was gesagt!« Er hob nachdenklich die Brauen. »Na ja, die meisten Frauen bügeln wahrscheinlich viel zu gerne, um so was für ihre Männer einzuführen.«
Ich hätte am liebsten meinen Kopf auf die Tischplatte gedonnert. Was sollte das hier werden? Eine einstimmige Wahl zur Hausfrau des Jahres, mit Britta Paulsen als preisgekrönter Siegerin? Fragte sich nur, was es dabei zu gewinnen gab.
Dass Annabel solchen Stuss erzählte, konnte ich ja irgendwie noch nachvollziehen. Sie wollte natürlich vermeiden, vor Sven als Heimchen am Herde dazustehen, nachdem sie kapiert hatte, dass frau den Traummann nicht bei Tisch, sondern ausschließlich im Bett einfing. Folglich trachtete sie danach, mich als Koch- und Hausmuttchen zu etablieren.
Mein Vater dachte vermutlich wie immer nur an eins, wenn er solche Sprüche wie eben abließ: nämlich nichts. Oder vielleicht doch? Falls ja, dann jedenfalls nicht ans Bügeln, sondern höchstens daran, wie er möglichst viel Eindruck schinden konnte, und zwar auf Pauline, die es ihm ganz offensichtlich angetan hatte. Allerdings ließ sie auch nichts unversucht, ihn auf sich aufmerksam zu machen. Die Art, wie sie ständig mit den Fingerspitzen über ihren nackten Hals strich, war an körpersprachlicher Eindeutigkeit kaum zu überbieten.
Sven stand immer noch wie bestellt und nicht abgeholt in der Küche herum, und nicht zum ersten Mal wurde mir die Unangemessenheit der Situation bewusst. Das hier war sein Haus, und hier in seiner Küche saßen vier Schmarotzer an seinem Tisch und wollten sein Essen in sich reinschaufeln.
Na gut, der Tisch gehörte eigentlich uns Frauen, und das Fleisch wohl streng genommen Annabel. Aber dafür hatte Sven mal wieder den Wein organisiert, einen spanischen 83er-Perelada, wie ich mit weit aufgerissenen Augen festgestellt hatte. Solche Tropfen wurden in
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