Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)
besetzt.«
»Kein Problem«, sagte Pauline. »Tu dir keinen Zwang an.«
»Bin schon weg«, sagte ich. Während ich mich mit einem gespielt fröhlichen Bis dann an Annabel vorbeiquetschte und mich eilig wieder nach unten verkrümelte, beschloss ich, morgen als Erstes in allen nur erreichbaren Schubladen nach dem Badezimmerschlüssel zu suchen.
Von der Treppe aus sah ich durch die offene Küchentür, dass Sven die Spülmaschine ausräumte. Er war allein, folglich war mein Vater auf dem Gästeklo. Es war frisch gestrichen, hoffentlich dachte er dran, dass er die Wände nicht anfassen durfte.
Mein Herz klopfte heftig, als ich in die Küche ging und vor Sven stehen blieb. Er schaute mich an, dann ging er an mir vorbei und machte die Tür zu. Anschließend war er mit zwei großen Schritten wieder bei mir und riss mich mit einem hungrigen Knurren in seine Arme.
Wir hatten gerade noch Zeit für einen kurzen, aber leidenschaftlichen Kuss und etwas Gefummel, als auch schon das Zuklappen der Klotür zu hören war.
»Heute Nacht?«, flüsterte Sven. »Kommst du rauf zu mir, wenn alle schlafen?«
Ich schluckte und starrte ihn an, unfähig, etwas anderes zu tun, als stumm zu nicken.
Die Tür ging auf und mein Vater kam in die Küche. Er sah die offene Spülmaschine und Sven und mich mit Händen voller Geschirr.
Er grinste uns an. »Sieht ganz so aus, als wolltet ihr doch noch den Abwasch erledigen.«
*
Ich konnte mich nicht erinnern, dass Annabel früher jemals so lange gebraucht hatte, um einzuschlafen. Wir lagen beide im Bett, und mir schwirrte der Kopf vor Grappa und Vorfreude, doch das Problem war, dass Annabel nicht aufhören wollte zu reden.
Und zu allem Überfluss anscheinend nur über Sven.
»Ist er nicht toll? Ein wirklich absolut geiler Typ? Ich meine, nicht nur, wie er aussieht. Sondern auch wie er redet und sich bewegt. Und seine Manieren … Das ist doch Wahnsinn, oder? Britta? Hast du gehört, was ich sage? Bist du noch wach?«
»Ja«, sagte ich verdrossen.
»Ja, was? Findest du ihn etwa nicht klasse?«
»Doch, irgendwie schon.«
»Er ist doch total erotisch, oder? Ich meine, so als Mann.«
Pause.
»Findest du ihn nicht erotisch?«, insistierte sie.
»Ähm … doch, ja.«
»Ich finde, sein Hintern sieht in diesen engen Jeans sagenhaft knackig aus.«
»Echt? Habe ich gar nicht so drauf geachtet.«
»Musst du mal.« Annabel kicherte. »Vor allem, wenn er sich bückt, zum Beispiel über die Spülmaschine.«
Ich knirschte lautlos mit den Zähnen und atmete erleichtert auf, weil sie gleich darauf das Thema wechselte.
»Weißt du eigentlich, warum ich Altenpflegerin geworden bin? Ich meine, ich hätte dafür ja nicht unbedingt Abi gebraucht.«
»Abi kann nie schaden«, sagte ich. »Wenn du den Job blöd gefunden hättest, hättest du es leichter gehabt, was anderes anzufangen.«
»Stimmt. Aber darum habe ich kein Abi gemacht. Da wusste ich ja schon, dass ich Altenpflegerin werden wollte.«
»Warum hast du dann Abi gemacht?«
»Wegen Klaus«, sagte sie. »Ich fand es so toll, mit ihm in einer Klasse zu sein. Das ganze letzte Jahr auf der Schule habe ich nur davon geträumt, mit ihm auf dem Abschlussball zu tanzen.«
Ich schluckte. Sie hatten tatsächlich getanzt, die beiden. Aber hinterher, ganz am Ende des Balls, hatte Klaus seinen eigenen Tanz veranstaltet, mit Serena in der Besenkammer am Ende des Ganges hinter der Aula. Und dabei hatte dieses Weibsstück nicht mal das Abi gepackt, sie hatte das letzte Jahr wiederholen müssen, von Rechts wegen hätte sie also gar nicht zu dem Ball auflaufen dürfen. Na ja, diesem Thema würden Annabel und ich uns noch auf unsere spezielle Art widmen. Zu den wichtigsten Utensilien, die ich für die Märchenhochzeit besorgen würde, gehörte ein Fläschchen Laxoflott forte.
»Der Ball war so schön«, sagte Annabel. »Jedenfalls, bis dann das andere passierte. Genau wie meine Hochzeit. Die war auch toll. Bis zu …« Ihre Stimme erstarb in einem Seufzer.
»Warum bist du denn nun Altenpflegerin geworden?«, fragte ich, um sie abzulenken.
»Weil ich meine Uromi so gerne gepflegt habe«, sagte Annabel verträumt. »Sie war so eine liebe alte Frau. So dankbar für alles. Und wie sie mich immer mit großen Augen angesehen habe, wenn ich sie gefüttert und gewaschen habe. Und beim Kämmen hat sie sich immer geduckt wie ein kleines Kind, wenn die Bürste geziept hat.« Sie hielt kurz inne. »Überhaupt – alte Menschen sind wirklich fast wie kleine Kinder. Sie
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