Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)
lieblichem Lächeln zu Olli hinunter, der seine kugelige Gestalt ebenfalls in die Senkrechte quälte und sich dann beeilte, ihren Arm zu nehmen und mit ihr in Richtung Haus davonzuspazieren. Dorothees rosa Pareo flatterte im Wind und ihre Sandalen gaben ein lustig platschendes Geräusch von sich. Sie und Olli waren ein saukomisches Paar, doch mein Amüsement über ihren Anblick hielt sich stark in Grenzen.
Ich schaute den beiden mit wachsender Furcht hinterher und fragte mich, wo das alles wohl enden mochte. Am besten wäre es natürlich, ich wüsste es nicht zu genau, sonst wäre ich am Ende noch wegen Mittäterschaft dran, bei was auch immer. Trotzdem konnte ich das, was ich gerade aufgeschnappt hatte, natürlich nicht einfach so stehen lassen. Ich beschloss, bei nächster Gelegenheit meinen Vater zu löchern, welcher Deal da mit meinem Geld durchgezogen werden sollte. Allein die Reizworte Stoff und Grenze ließen die grässlichsten Assoziationen in mir aufkeimen.
Das Frettchen hatte sein Messer aus der Mülltonne gegraben und schüttelte sich Salat- und Toskanatopf-Reste vom Ärmel seiner Jeansjacke.
Der Anblick der Fleischfetzen rief mir etwas in Erinnerung, das ich ebenfalls gern verdrängt hätte, aber manchen Dingen schaute man lieber gleich ins Gesicht, bevor sie sich verselbstständigten. Ein weiteres, dringendes Gespräch stand an. Fragte sich nur, welches ich zuerst führte.
»Tschüs«, sagte ich höflich zu Stanislaw, während ich überlegte, ob ich zuerst mit meinem Vater oder lieber vorher mit Klaus sprechen sollte. Oder doch lieber erst noch einmal mit Annabel?
Das Frettchen schabte mit der rasiermesserscharfen Schneide seines Dolches die Überbleibsel vom gestrigen Abendessen von seiner Kleidung. Ich ließ ihn stehen und marschierte zurück ins Haus, entschlossen, sofort zu Klaus zu fahren und eine Klärung der Verhältnisse herbeizuführen. Doch bevor ich meinen Vorsatz in die Tat umsetzen konnte, traf Sven ein.
*
In einer Mischung aus Besorgnis und Unruhe merkte ich, wie sein Anblick mir weiche Knie verursachte. Und mein Herz schlug definitiv schneller. Es hatte nicht mal so rasend geklopft, als mir vorhin fast das Messer ins Auge geflogen war.
»Hallo«, sagte ich.
»Hallo.« Er blieb im Flur dicht vor mir stehen, und es kam mir so vor, als hätte er mich gern geküsst. Doch um uns herum wuselten die Handwerker mit ihren Tapetenrollen und Kleisterbürsten, und auf der Treppe stand mein Vater, vertieft ins Gespräch mit dem Chef der Malertruppe. Als er Sven sah, hob er kurz die Hand und winkte. Sven nickte grüßend zurück, dann wandte er sich mir wieder zu.
»Ich habe mir den Nachmittag frei genommen«, sagte er.
»Weil du hier im Haus helfen willst?«
Er schüttelte den Kopf. »Ich dachte, wir fahren ein bisschen raus, spazieren. Uns unterhalten.«
Ich nickte nur stumm und überwältigt und fragte mich, was zum Teufel eigentlich mit mir los war, dass ich dermaßen überreagierte. Ob es vielleicht eine Art zeitverzögerter, posttraumatischer Schock war, nach der Messerwurfaktion vorhin im Garten?
»Ich gehe mich nur rasch umziehen«, sagte Sven. Er lächelte mir kurz und bedeutungsvoll zu, bevor er die Treppe hochging. Ich wartete ein paar Sekunden, bis ich oben seine Zimmertür zufallen hörte, dann raste ich ebenfalls nach oben.
Mein Vater wich zur Seite, als ich an ihm vorbeikam. »Übrigens«, sagte ich. »Was hat eigentlich dieser Oleg mit Dorothee zu bequatschen?«
»Ach, das«, meinte er ausweichend und mit angelegentlichem Seitenblick auf den Malermeister. »Das bereden wir später unter vier Augen, wenn du wieder da bist. Viel Spaß auch beim Spaziergang.«
»Worauf du dich verlassen kannst.« Mein drohender Tonfall ließ keinen Zweifel, dass ich damit nicht meinen bevorstehenden Ausflug meinte, sondern die angekündigte Aussprache.
Ich flitzte ins Bad und machte mich im Eiltempo frisch, einschließlich einer Extraladung Sensi auf Hals und Armen. Anschließend stürzte ich in Annabels Zimmer, wo ich mit Lichtgeschwindigkeit Wonderbra und Mini-Tanga aus meinem Wäschekorb riss und dann das Kunststück fertig brachte, mir beides überzustreifen, ohne Rock und Bluse auszuziehen. Danach hörte ich auch schon Svens Schritte auf der Treppe und beeilte mich, wieder nach unten zu gehen. Er wartete an der Haustür und wieder wackelten mir die Knie bei seinem Lächeln. Diesmal war mir klar, dass es nichts mit Stans Messer zu tun hatte.
Ich ging mit ihm zu seinem Wagen und ließ
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