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Hände weg von Zeitmaschinen

Hände weg von Zeitmaschinen

Titel: Hände weg von Zeitmaschinen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bester
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Dann suchte er nach einem ruhigen Plätzchen, wo er sich hinsetzen, nachdenken, Pläne schmieden und sich vielleicht den Anfang eines erfolgreichen Theaterstücks in die Erinnerung zurückrufen konnte. Aber solch ein Plätzchen schien es für einen zehnjährigen Jungen nicht zu geben.
    Um halb fünf kam er nach Hause. Er legte die Bücher in seinem Zimmer ab, stahl sich ins Wohnzimmer, paffte eine Zigarette und wollte gerade wieder gehen, als er entdecken mußte, daß seine Eltern schon nach ihm suchten. Seine Mutter sah schockiert aus, sein Vater war groß und verbittert.
    »Ach ja«, sagte Halsyon. »Ich glaube, Snider hat angerufen. Das hatte ich ganz vergessen.«
    »Mister Snider«, sagte seine Mutter. »Und Mrs. Field auch«, meinte sein Vater.
    »Seht mal«, begann Halsyon. »Das klären wir besser sofort. Hört ihr mir mal ein paar Minuten zu? Ich muß euch etwas Erstaunliches erzählen, und wir müssen überlegen, was wir dann tun wollen. Ich…« Er schrie auf. Sein Vater hatte ihn am Ohr gefaßt und zerrte ihn zur Tür. Eltern hören ihren Kindern noch nicht einmal für ein paar Minuten zu. Eltern hören nie zu.
    »Paps! Nur eine Minute ‘… Bitte! Ich will es dir doch erklären. Ich bin nicht wirklich zehn Jahre alt! Ich bin dreiunddreißig. Es hat einen Riß in der Zeit gegeben, verstehst du? Wegen einer seltsamen Mutation meines Make-ups…«
    »Verdammt! Sei endlich ruhig!« brüllte sein Vater. Der Schmerz, den seine großen Hände ihm zufügten, und die unterdrückte Wut in seiner Stimme brachten Halsyon zum Verstummen. Er mußte sich aus dem Haus und um vier Wohnblocks führen lassen, dann traten sie in Mr. Sniders Büro ein, wo der Schulpsychologe wartete. Er war groß, hager, verbittert, aber lebhaft.
    »Ah, ja«, sagte er. »Das ist also unser kleiner Frechdachs. Unser Al Capone mit dem Milchgesicht, he? Nun, nehmen wir ihn mit zur Klinik. Dort werde ich mich seiner annehmen. Hoffen wir das Beste. Nisi prius. Er kann nicht ganz und gar schlecht sein.«
    Er faßte Halsyon am Arm. Halsyon riß den Arm weg und sagte: »Hören Sie zu, Sie sind ein erwachsener, vernünftiger Mann. Sie werden mir also zuhören. Mein Vater hat emotionale Probleme, die verhindern, daß er die Wahrheit erkennt…«
    Sein Vater versetzte ihm einen kräftigen Schlag hinter das Ohr, packte ihn und übergab ihn wieder dem Griff des Psychologen. Halsyon brach in Tränen aus. Der Psychologe führte ihn aus dem Büro zur kleinen Krankenstation der Schule. Halsyon wurde hysterisch. Er zitterte vor Enttäuschung und Angst.
    »Hört mir denn überhaupt keiner zu?« schluchzte er. »Versucht niemand, mich zu verstehen? Benehmen wir uns so unseren Kindern gegenüber? Müssen alle Kinder so etwas durchmachen?«
    »Ruhig, mein Zuckermäulchen«, murmelte der Psychiater, steckte Halsyon eine Pille in den Mund und zwang ihn, Wasser zu trinken. »Ihr seid alle so verdammt unmenschlich«, weinte Halsyon. »Ihr haltet uns von eurer Welt fern, brecht aber ständig in die unsrige ein. Wenn ihr uns nicht respektiert, warum laßt ihr uns dann nicht in Ruhe?«
    »Begreifst du langsam?« sagte der Psychologe. »Wir sind zwei verschiedene Arten von Lebewesen, Kinder und Erwachsene. God damn! Jetzt bin ich offen und ehrlich. Les absents ont toujours tort. Wir können niemals zusammenkommen. Jeez. Es gibt nichts außer dem Krieg. Deshalb wachsen auch alle Kinder auf, indem sie ihre Kindheit hassen und nach Rache dürsten. Aber Rache wird es niemals geben. Pari mutuel. Wie könnte es auch? Kann eine Katze einen König beleidigen?«
    »Das ist doch… Scheibenkleister«, murmelte Halsyon. Die Pille wirkte bereits. »Die ganze Welt besteht nur aus Haß und is voller Konflikte, die nich gelöst werden können… werd’ alles zurückzahlen… Das is doch so, als ob jemand ‘nen Scherz mit uns treibt, ‘nen Scherz ohne Pointe. Nich wahr?«
    Während er in die Dunkelheit hinabglitt, konnte er den Psychologen kichern hören. Aber kein Preis in der Welt hätte ihn beflügeln können zu erraten, worüber er lachte…
     
     
    Er nahm den Spaten auf und folgte dem ersten Clown auf den Friedhof. Der erste Clown war ein großer, hagerer Mann, verbittert, aber lebhaft.
    »Soll sie nach christlichem Brauch begraben werden, so daß die Erlösung auf sie wartet?« fragte der erste Clown.
    »Jawohl, mein hehrer Gesell«, gab Halsyon zurück. »Also hebt aus das Grab sehr tief; die Kron hat auf ihrem Kopf geruht und verlanget solch einen Brauch.«
    »Wie kann das

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