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Hänschen klein - Winkelmann, A: Hänschen klein

Titel: Hänschen klein - Winkelmann, A: Hänschen klein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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neben sich spüren, seine Haut berühren, sich selbst dadurch beruhigen, ihn vielleicht aufwecken, damit er sie in den Arm nahm.
    Doch die Betthälfte war leer.
    Sebastian war nicht da!
    Augenblicklich war Saskia hellwach! Sie tastete zum Nachtschrank hinüber, fand den Schalter, machte Licht. Sebastians Bettdecke war zurückgeschlagen. Warum hatte sie es nicht bemerkt, dass er das Zimmer verlassen hatte? Warum war er überhaupt aufgestanden? Saskia betrachtete das Zimmer. Die kleine Lampe schaffte es nicht, die schwarzen Schatten aus den Ecken und zwischen den Möbeln zu vertreiben. Sie war allein, hatte aber trotzdem das Gefühl, beobachtet zu werden. Eben aus diesen Schatten heraus. Das war kindisch, sie konnte es aber nicht abstellen.

    Nein! Es war nicht ihr pochender Stumpf, der sie aus dem Schlaf gerissen hatte. Angst war es. Ihr Instinkt sagte ihr, dass etwas Schreckliches im Haus vor sich ging. Sie lauschte. Kein Geräusch. Absolute Stille. In diese Stille hinein nach Sebastian rufen mochte Saskia nicht. Zu stark war die Angst davor, sich zu verraten.
    Verraten? Vor wem?
    Die Frage war rein rhetorisch. Sie wusste genau, vor wem, wollte es aber nicht einmal in Gedanken formulieren. Stattdessen versuchte sie, sich zu beruhigen.
    Sei nicht so kindisch. Er musste sicher nur zur Toilette, vielleicht hatte er auch Durst und ist besonders leise aufgestanden, um mich nicht zu wecken. Ja, so wird es gewesen sein! Ich habe schließlich auch Durst.
    Es half nicht. Die Furcht blieb. Trotzdem, und obwohl ihr mehr nach dem Gegenteil zumute war, schlug Saskia die Decke zurück und schwang die Beine aus dem Bett. Sofort fiel ihr ihre Nacktheit auf. Ein Luftzug drang vom geöffneten Fenster herein, strich über ihre schlafwarme Haut und ließ sie erschauern. Sie erinnerte sich. Ihre Kleidung vom Tag lag noch im Bad, von dort aus waren sie nackt ins Schlafzimmer gelaufen. Saskia stand auf, schlich zu dem großen, alten Schrank hinüber, öffnete die Tür, zog sich einen Slip und ein langes T-Shirt an, das ihr bis weit über den Po reichte. Es war eines der Männershirts, in denen sie zu schlafen pflegte.
    Dann stand sie mitten im Raum, zog das T-Shirt vor der Hüfte zusammen und wusste nicht, was sie tun sollte. Nun, eigentlich wusste sie es schon, doch sie hatte Angst davor, die Tür zu öffnen und damit die vermeintliche Sicherheit des Raumes aufzugeben. Bevor sie das tat, ging sie die zwei Schritte zum Fenster hinüber und sah hinaus. Das Fenster
ging jedoch nach hinten raus, und sie konnte nichts weiter sehen als Dunkelheit.
    Also doch die Tür!
    Mit unsicheren Schritten schlich Saskia hinüber. Wieder pochte ihr Herz ungewohnt stark und schnell, wieder reagierte ihr Stumpf mit Schmerz darauf. An der Tür angekommen legte sie die rechte Hand auf die Klinke, zögerte aber noch, presste erst ihr Ohr an die Füllung. Hielt den Atem an und lauschte. Nichts. Nur das Rauschen ihres Blutes im Ohr, das sich auf das Holz der Tür zu übertragen schien.
    Saskia atmete tief ein und drückte vorsichtig die Klinke runter, hielt sie in der unteren Stellung und zog die Tür auf. Kein noch so winziges Geräusch entstand dabei. Aber sie spürte sofort den Luftzug, der von der Diele her ins Schlafzimmer strömte.
    Mit dem bisschen Licht von der Nachttischlampe, das nun durch die geöffnete Tür auf die Diele fiel, trat Saskia einen Schritt vor. Sie musste an dem großen Bauernschrank vorbeispähen, um einen Blick auf die Haustür werfen zu können.
    Die Tür stand sperrangelweit offen!
    Da ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt waren, reichte das wenige Licht aus, um einen kleinen Bereich vom Hof einsehen zu können. Was Saskia dort sah, verstand sie zunächst nicht. Ein riesiges, unförmiges Etwas schob sich aus der Dunkelheit her auf die Tür zu. Als es näher kam, erkannte Saskia, dass es sich dabei um einen gewaltigen Rücken mit einem ebenso gewaltigen Hintern handelte. Die Person da draußen ging gebeugt und rückwärts, und sie zog etwas hinter sich her, das zwei tiefe Furchen in dem aufgeweichten Boden hinterließ.
Zwei parallele Furchen, gezogen von den Fersen nackter Füße.
    Und plötzlich verstand Saskia!
    Sie presste sich eine Hand auf den Mund, um den Schrei zu unterdrücken, der sich längst aus ihrer Kehle gelöst hatte. Es war Ellie! Ellie Brock. Unlängst hatte dieser gewaltige Rücken sie an die Wand gequetscht, hatte sie spüren lassen, welche Kraft darin steckte. Niemals würde Saskia das vergessen können. Keuchend und

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