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Hänschen klein - Winkelmann, A: Hänschen klein

Titel: Hänschen klein - Winkelmann, A: Hänschen klein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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ins Bett. Eng an ihn gedrückt schlief sie schnell ein, Edgar jedoch nicht. Noch immer schlug sein Herz zu schnell. Noch immer sah er die Gestalt, die ihn aus dem Dunkel heraus ansprang. Seine Hand fand tastend das kühle Metall des Schrotgewehrs, das in der Lücke zwischen Bett und Nachtschrank eingeklemmt stand.
    Aber selbst das schien seinen Herzschlag nicht beruhigen zu können.
     
    Nach Atem ringend lagen sie nebeneinander, sprachen nicht, lagen nur da, lauschten ihrem sich nur langsam beruhigenden
Herzschlag und starrten zur Decke. Aus dem Wohnzimmer drang leise Musik herüber.
    Schließlich drehte Sebastian sich auf die Seite und betrachtete Saskia. Sie lächelte matt. Schweiß glänzte auf ihrer Stirn, ihre Haut schimmerte im Kerzenlicht wie Bronze. Ein feines Rinnsal lief von ihrer Brust zum Bauchnabel, ein kleiner Bach auf gebräunter, samtener Haut.
    »Geht es dir gut?«, fragte er leise.
    Sie nickte. »Aber ich habe schrecklichen Durst.«
    »Ich auch. Warte hier, ich hole Wasser.«
    Er küsste sie, stand auf und verließ nackt das Schlafzimmer. Saskia sah ihm lächelnd nach, schob dann die Arme über den Kopf und rekelte sich. Für den Moment war sie zwar erschöpft, fühlte sich gleichzeitig aber auch gelöst und … ja, geliebt war wohl das richtige Wort. Viel benutzt, abgegriffen, klischeebehaftet, aber in manchen Situationen gab es eben kein anderes, kein besseres.
    Sebastian kam zurück, blieb im Türrahmen stehen und betrachtete sie. Obwohl sie auf dem Rücken lag, die Arme über den Kopf ausstreckte und nicht der kleinste Zipfel Bettdecke sie verhüllte, machte es ihr nichts aus, so von ihm angesehen zu werden. Sie fühlte sich sicher, nicht nackt, fühlte sich schön, nicht behaftet mit den üblichen weiblichen Sorgen über Problemzonen.
    »Du bist ein Spanner, was?«, fragte sie ihn lächelnd.
    »Nein, nur ein Genießer. Du bist einfach wunderschön.«
    »Und gleich vertrocknet wie eine alte Jungfer, wenn du mir nicht etwas von dem Wasser gibst.«
    Er kam ins Bett zurück und gab ihr die Wasserflasche, die schon zur Hälfte geleert war. Sie trank in gierigen Zügen. Als ihr Durst gestillt war, war die Flasche leer. Saskia
kuschelte sich an seine Seite, legte ein Bein auf seinen Oberschenkel und den Kopf an seine Schulter. Mit ihrer linken Hand fühlte sie seinen gleichmäßigen Herzschlag.
    »Wie fühlst du dich?«, fragte sie ihn.
    Er strich sanft über ihre Hand, ließ sich Zeit mit einer Antwort. »Als ob mich unser Unfall aus dem Zeitfluss gerückt hätte.«
    »Oje, ich hab mit einem einfachen Wunderbar gerechnet. Wie muss ich das jetzt verstehen?«
    »Auf keinen Fall falsch! Ich fühle mich wirklich gut, dank dir.« Er stupste sie auf die Nase. »Aber irgendwie auch ein Stück weit aus der Realität geschubst. Verstehst du, mein Leben verlief in relativ geregelten, vielleicht schon langweiligen Bahnen … Bis du bei Rot über die Ampel gefahren bist und unsere Wege sich kreuzten.«
    Saskia sah ihn von unten herauf an. »Aber du bereust es doch nicht, oder?«
    »Nein! Auf keinen Fall!«
    »Gut.« Sie küsste ihn auf die Wange. Sein Gesicht war noch immer warm und gerötet. »Bist du noch sehr traurig wegen Taifun?«
    »Nein, traurig bin ich nicht mehr, ich bin wütend. Wenn ich daran denke, was er für ein treuer, mutiger Hund war, dass er sein Leben gegeben hat, um uns zu beschützen, kocht mir die Galle über. Wenn ich den Kerl in die Finger bekäme … Ich weiß wirklich nicht, was ich dann tun würde.«
    Saskia drückte seine Hand. »Du hättest jedes moralische Recht, ihm zumindest ordentlich die Fresse zu polieren.«
    Erstaunt sah Sebastian sie an.
    »Was für Worte aus dem Mund einer so zarten Person! Du wirst doch am Ende nicht eine dunkle Seite haben?«
    Saskia rollte sich auf ihn.
    »Da kannst du Gift drauf nehmen. Und die sollst du heute Nacht noch kennenlernen.«
    Dann zeigte sie ihm, was sie damit meinte.
     
    Er schlug die Augen auf und horchte. Dumpf und hart schlug sein Herz in seiner Brust. Neben ihm atmete seine Frau gleichmäßig in tiefem Schlaf. Edgar bewegte sich nicht, starrte nur in die Dunkelheit, versuchte herauszufinden, was ihn geweckt hatte. Diesmal war es kein Traum gewesen, keine Gestalt, die ihn aus dem Dunkel heraus angriff. Aber irgendwas hatte ihn geweckt.
    Plötzlich ein Geräusch.
    Die Pferde!
    Nicht sehr laut, aber dennoch laut genug, ihn zu alarmieren. Das Fenster des Schlafzimmers ging nach hinten hinaus, der Giebel des Stalls war keine fünf Meter

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