Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Hänschen klein - Winkelmann, A: Hänschen klein

Titel: Hänschen klein - Winkelmann, A: Hänschen klein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
Vom Netzwerk:
gingen ins Wohnzimmer, dem einzigen Raum, der von der Spurensicherung nicht mit Beschlag belegt war, und ließen sich in zwei Ohrensessel nieder. Uwe zündete sich eine Zigarette an, ohne Glimmstängel kamen in diesem stillen Raum, in dem es leicht nach Edgars Pfeifentabak roch, sofort die Bilder wieder. Er bot auch dem Kommissar eine an, und eine Weile rauchten sie schweigend.
    »Das kann doch keine Frau getan haben, oder?!«, sagte Uwe schließlich.
    »Sie meinen diese Ellie Brock? Nein, das glaube ich nicht, aber wir werden es herausfinden.«
    Uwe nickte und zog an seiner Zigarette. »Hat sie eine Chance?«
    Derwitz sah zu ihm auf, zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung, aber es kann lange dauern, bevor wir mit ihr sprechen können, wenn es das ist, worauf Sie hinauswollen.«
    »Aber so viel Zeit haben wir nicht«, sagte Uwe, ohne von seiner Zigarette aufzublicken.
    »Warum?«

    »Weil hier vielleicht jemand ganz anderes sterben sollte … oder auch sterben sollte. Sind Sie darauf noch nicht gekommen?«
    Derwitz legte die Stirn in Falten. »Der Sohn?«
    »Natürlich! Das war kein Raubmord. Hier sollte eine Familie ausgelöscht werden, aber der Junge war zufällig nicht zu Hause.«
    »Was ihn in den Kreis der Verdächtigen rutschen lässt«, sagte Derwitz.
    Ruckartig hob Uwe seinen Kopf. »Das ist doch nicht Ihr Ernst?«
    Derwitz straffte sich. »Oberwachtmeister Hötzner, Sie sind hier persönlich betroffen, und ich verstehe Ihre emotionale Anteilnahme. Nichtsdestotrotz ist dies ein Fall von vielen, und er wird auch so behandelt. Ich weiß nichts über diese Familie, nichts über den Sohn, das Umfeld. Wer erbt den Besitz? Wie sieht es finanziell aus, wer hat Schulden und so weiter. Bevor ich es nicht ausschließen kann, ist selbstredend auch Sebastian Schneider verdächtig.«
    »Ach, hören Sie doch auf! Ich kenne die Familie, also können Sie mir ruhig glauben. Sparen Sie sich die Zeit, und suchen Sie nach dieser Ellie Brock.«
    »Aber Sie sagten doch eben noch, dass es keine Frau gewesen sein kann.«
    Uwe zögerte. Derwitz hatte recht, aber was ihm gerade durch den Kopf ging, konnte er dem logisch denkenden KHK wohl kaum erzählen. Eine normale Frau hätte so etwas Scheußliches sicher nicht getan. Aber war Ellie Brock normal? Oder war sie vielleicht doch die furchterregende Person, die der alte Schröder in ihr sah?
    »Wir sollten trotzdem nach ihr suchen«, sagte er leise, »wer weiß, was wir finden!«

    Schwarze, zerstörerische Wut, die alles verdunkelte, den Kopf ausfüllte, keinen Raum für anderes ließ. Dabei musste sie sich konzentrieren, unbedingt konzentrieren, um die Dinge auf die Reihe zu bringen. Aber diese alte Wut ließ sie nicht. Wenn sie nur daran dachte, wie sich erneut jemand zwischen ihren Sohn und sie drängte, konnte sie platzen vor Wut. Dabei war doch alles so perfekt geplant gewesen. Eine so große Gefahr war sie eingegangen, hatte Opfer gebracht für ihr Kind, nur um festzustellen, dass es wieder vergebens war. Wieder, wieder, wieder!
    Warum war er nicht in diesem Haus gewesen? Warum hatte er nicht friedlich schlafend in seinem Bett gelegen? Dann wäre alles so einfach gewesen. O ja! Sie hätte ihn liebevoll in die Arme geschlossen, er hätte sie erkannt, und die vielen Jahre der Trennung wären vergessen gewesen. Stattdessen nur eine neue Situation, neue Gefahren, und wieder war er ihr ein Stück weit entglitten. Er konnte ja nichts dafür, ihr kleiner Junge war doch sein ganzes Leben belogen worden, wie sollte er da wissen, wo sein wirkliches Zuhause war. Ganz gewiss verzehrte sich sein Herz nach ihr, ganz gewiss litt er Höllenqualen in der Nacht, nur wusste er nicht, warum. Aber sie war hier, in seiner Nähe, war nicht so weit entfernt von ihrem Ziel und würde sich um keinen Preis davon abbringen lassen. Sie würde ihr Baby zurückbekommen!
    Doch dazu galt es jetzt die Wut zu unterdrücken, einen Plan zu schmieden und diesen einen letzten Brief zu schreiben. Doch ihre Finger wollten nicht, trafen die kleinen Tasten der Schreibmaschine nicht. Immer wieder wurde ihr Blick angezogen von der kleinen weißen Karte auf dem Tisch. Sie hatte sie gesehen letzte Nacht, durch einen dichten Nebel gesehen und gespürt, was ihr Kind gespürt
hatte. Aber das durfte nicht sein! Nur die Liebe zu seiner Mutter sollte fortan noch eine Rolle spielen! Doch dank der kleinen Karte wusste sie nun, was zu tun war. Und sie würde es tun! Wenn sie endlich die Wut besänftigt und diesen letzten Brief

Weitere Kostenlose Bücher