Haeppchenweise
wird es gut sein.“
Ich lache bitter auf. „Wie verhält es sich mit deinem Weg?“
Eine Herausforderung, die Julius mit einem schiefen Lächeln quittiert.
„Ich hätte in der Vergangenheit besser auf meine innere Stimme gehört.“
„Wir reden von Mats Jørgensen.“
„Mein bester Freund“, spottet Julius.
„Was ist passiert?“
„Er wollte meine Frau und dafür war ihm jedes Mittel recht.“
„Hat er sie bekommen?“
„Niemand hat sie bekommen. Lydia starb an Krebs. Mats begnügte sich stattdessen mit meiner Karriere. Mein Dauersuff kam ihm da ganz gelegen.“
„Das tut mir leid.“
„Ist lange her.“ Julius öffnet den Mund, um noch etwas hinzuzufügen, überlegt es sich aber anders. Er faltet die Hände und senkt den Kopf. „Kann nie schaden, den Himmel auf seiner Seite zu wissen. Nur so für alle Fälle.“
Keine Ahnung, wieso ich es ihm nachtue.
*
„Sie dürfen den Kaffeeautomaten nicht mitnehmen! Wie soll ich den Gästen denn ohne Maschine Kaffee verkaufen?!“
Julia umschlingt die de Longhi mit beiden Armen. Gerichtsvollzieher Riemschneid rollt die Augen und trommelt mit dem Fuß ungeduldig auf den Holzboden. Seit zehn Minuten bin ich stummer Zeuge dieser Auseinandersetzung. Das Summen in meinem Schädel schwillt mit der Lautstärke des Wortwechsels an – von leutseliger Kirchenstimmung kann keine Rede mehr sein.
„Dieses Gerät trägt einen Pfändungsvermerk, wie Sie unschwer an dem Siegel erkennen können, junge Frau. Verweigern Sie die Herausgabe, machen Sie sich strafbar. Notfalls wird die Polizei ...“
„Julia, gib ihm die Maschine“, sage ich müde.
„Neiiin! Und wenn ich mich daran festketten muss!“ Wäre Julia nicht so ein zierliches Persönchen, bekäme man glatt Angst vor ihr. Ihr kriegerischer Tonfall beeindruckt Riemschneid jedoch nicht im Geringsten.
„Verraten Sie mir, welchen Gästen Sie Kaffee verkaufen wollen? Außer Ihnen und mir entdecke ich in diesem Lokal nämlich keine Menschenseele!“
Leider liegt er richtig. Seit Julius die Freundinnen von Linda Meininger-Hennemann mit Tomatensuppe übergossen hat, bleiben immer mehr Stammgäste aus. Vorhin habe ich im Vorbeifahren den Mütterkreis einträchtig an einem Tisch vor dem Starcooks sitzen gesehen. Ich hätte Linda mit der Riesensonnenbrille fast nicht erkannt, aber Mariele zog einen Strich unter die Inkognito-Rechnung ihrer Mutter. Offenbar passte ihr die Eissorte in der Waffel nicht. Ich finde, Johannes Gattin hat das schokoladenbeschmierte Designertop verdient.
„Ohne Kaffeemaschine kommt erst recht keine Kundschaft! Das Gerät dient dem Erhalt des Geschäfts, deshalb können Sie es nicht pfänden!“
Bewundernswert. Schneckenvögelchen kämpft wie eine Löwin für einen Laden, der nicht einmal ihr gehört. Und ich stehe wie gelähmt hinter der Theke und wienere fleckenlose Armaturen.
„Warum nehmen Sie nicht den Lieferwagen?“ Meine Zunge klebt am Gaumen und jedes einzelne Wort schneidet in meine Eingeweide. Ich liebe dieses Auto.
„Die Verwertung des Transporters wurde für nächste Woche angesetzt.“
„Dann die Musikanlage. Sie ist zwar nicht so wertvoll wie die de Longhi, aber Sie täten uns einen großen Gefallen.“
Der Gerichtsvollzieher überdenkt mein Angebot, während Julia nach seiner Hand schlägt. Ehe sie die Schaumdüse als Waffe missbraucht, fasse ich flehend seinen Jackettärmel.
„Na gut!“, knurrt er und wirft Julia einem blasierten Blick zu.
Die Musik verstummt abrupt, als er den Stecker zieht. Felix Lieblings-CD steckt noch im Abspielgerät. Soll Riemschneid sie haben. Meine Finger zittern, als ich meine Unterschrift auf den Quittungsblock kritzele.
Dann endlich geht er – und ich sinke entkräftet auf einen Barhocker.
„Muh“ läutet erneut, ich schaue gar nicht erst auf. Wahrscheinlich hat sich der Vollstrecker umentschieden und kehrt nun zurück, um Julia todesmutig die de Longhi zu entreißen.
„Julchen, lass ihn ...“
„Hallo Katta.“
Die forsche Stimme gehört Henriette Junghans. Und sie trägt meine, äh ... Riemschneiders Musikanlage unter dem Arm.
„Wohin damit?“ Henry dreht sich suchend um die eigene Achse, bis ich stumm auf den leeren Platz im Regal zeige.
„Henry, wie ...?“ Julias Lippen schnappen auf und zu. Sie sieht aus wie ein Goldfisch.
„Ich hab dem Inkasso-Schnösel einen Scheck ausgestellt.“
„Darum habe ich dich nicht gebeten!“, fauche ich, was mir sofort leidtut.
„Weiß ich. Ich bin nicht blöd.
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