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Haeppchenweise

Haeppchenweise

Titel: Haeppchenweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia_Winter
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zurück.“
    Julius Hand hält mitten in der Trinkbewegung inne. Sein knotiger Adamsapfel wandert auf und ab, ohne dass er den Alkohol herunterschluckt.
    „Und was soll das deiner Meinung nach sein?!“
    Mein Finger zeigt zur Haustür, eine Spur anklagender, als mir vorschwebte. „Sie heißt Henry. Keine Ahnung, woher sie kommt, aber deine Tochter ist hier. Was auch immer zwischen Euch vorgefallen ist – du solltest bei ihr sein. Stattdessen verschanzt du dich hier und ersäufst dein schlechtes Gewissen!“
    Julius´ Augen flackern verräterisch, sein Brustkorb füllt sich wie ein Ballon.
    „RAUS!“ Er spuckt den Whisky auf den leidgeprüften Teppich.
    Ich lächle mitleidig und steuere den Ausgang an.

Biergartengeschichten
     
    Die Biergärten sind der Grund, weshalb man Köln als das „Rheinländische München“ bezeichnet. Im Gegenzug zu den Schicki-Micki-Lokalen in Bayern besitzen die Kölner Freilufttheken aber einen unschlagbaren Vorteil: Man muss nicht der Oberschicht angehören, um sich dort wohlzufühlen. Im lockeren Per-Du-Ambiente kümmert es niemanden, ob sein Gesprächspartner im farbbeschmierten Blaumann oder mit Armanikrawatte am Biertisch sitzt. Unter ausladenden Walnussbäumen genießt der 17-jährige Azubi sein Kölsch neben dem Zigarre schmauchenden Rentner und beide rücken gern zusammen, um Murat und seiner kleinen Tochter Platz zu machen. Eben ganz Kölsch.
     
     
    „Henry ist Julius Tochter??“
    Sämtliche Blicke richten sich auf Henry, die mit verheulten Augen zwischen Friedrich und Julia auf der Bank kauert. Sie versucht sich an einem Lächeln, sieht aber aus, als habe man ihr Lebertran eingeflößt.
    Ich habe Friedrich gebeten, sich um die Ärmste zu kümmern. Nun tätschelt er unbeholfen Henrys Arm, als streichle er einen bissigen Hund, während seine aufmunternden Worte in der Geräuschkulisse des Biergartens untergehen.
    Weit und breit ist keine Bedienung in Sicht, dabei verlangt Henrys Zustand dringend nach einem Kölsch. Außerdem bin ich dem Mädchen etwas schuldig.
    „Ich bin sofort zurück.“
    Rasch schäle ich mich von meiner Bank und steuere den Ausschank an. Die Warteschlange preisverdächtig. Ich drängele mich zwischen einem Koreaner und einem Afrikaner in das Kopfende und lächle in die verärgerten Gesichter.
    „Sorry, ist ein Notfall. Meine Freundin hat vor zehn Minuten herausgefunden, dass ihr Verlobter mit dem Nachbarn schläft“ Ich versuche, ein betroffenes Gesicht zu heucheln. Der Asiat mustert mich mitleidig von unten, der Schwarze grinst auf mich herab.
    „Harry!? Die Kleine hier hat ihren Macker mit ´nem Kerl erwischt! Gib dem Mädchen zwei große Kölsch auf mich und tu noch zwei Kurze bei“, dröhnt sein potentes Organ durch den Biergarten. Ungefähr zweihundert Augenpaare starren mich an, das Blut schießt sofort in meinen Kopf.
    „Nein, ich meinte doch nicht mich ...“
    „Es ist nie die Freundin.“ Er hängt einen schokoladenbraunen Athletenarm über meine Schultern. Ich könnte im Erdboden versinken. Zu allem Übel erhebt sich einige Bankreihen entfernt eine Gestalt aus der Menge, der ich jetzt am allerwenigsten begegnen möchte. Felix.
    „Katta! Duck dich!“, zischelt eine Stimme, kalte Finger umschließen mein Handgelenk und ziehen mich nach unten. Ich sinke auf die Knie.
    „Britta! Was zum Teufel machst du hier?“
    „Mittagspause“, raunt sie und legt ihren Zeigefinger auf die Lippen.
    Ein vertrautes Schuhpaar aus teurem, handgegerbtem Ziegenleder wäre fast auf meine Hand getreten. Ich winkle die Ellbogen an und krabbele schleunigst unter die Biertheke.
    „Vierhundert Euro für ein Paar Treter?! Mussten die das Leder selber kauen?“ Felix hatte ungläubig gelacht und sich standhaft geweigert, den exklusiven Berliner Schuhladen zu betreten. Dreißig Minuten später landeten seine ausgelatschten Turnschuhe im Mülleimer unter der Ladentheke und Felix schritt hoch erhobenen Hauptes in  neuen Slippern aus dem Schuhgeschäft.
    „Entschuldigung? Stand hier nicht eben eine Frau? So um die eins siebzig, dunkle Augen, schlank?“ Felix Schokoladenstimme peilt umstandslos meinen Unterleib an. Britta entwischt ein hysterisches Kichern.
    „Die ist Richtung Keramikabteilung gelaufen“, ertönt der Bass meiner Thekenbekanntschaft. Eins muss man den Kölnern lassen: Ist man erst per du mit ihnen, gebärden sie sich wie alte Sandkastenfreunde, selbst wenn man sich erst seit zehn Minuten kennt.
    „Danke, nett von Ihnen.“
    „Keine Ursache.

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