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Haeppchenweise

Haeppchenweise

Titel: Haeppchenweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia_Winter
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fühle ich, wie das Sitzpolster unter meinem Gewicht nachgibt. Aus den bis zum Anschlag aufgedrehten Lautsprecherboxen des Radios dröhnt La Fees „Heul doch“. Der Schalthebel rastet mit einem grässlichen Geräusch ein, der Motor jault auf. Mit der Rechten richte ich den Rückspiegel aus, begegne flüchtig meinem entschlossenen Gesicht – und trete aufs Gaspedal. Ich kurbele das Seitenfenster herunter und hebe einen drohenden Finger.
    „Wehe, du schleppst mit deinem Rücken die Einkäufe alleine, Julius!“
    Dann schießt der Lieferwagen rückwärts aus der Einfahrt.
     
    Nach einem prüfenden Blick in den Seitenspiegel setze ich den Blinker und greife nach dem Zigarettenpäckchen auf der Konsole. Als der Tabak in meine Lunge strömt, drehe ich die Musik auf erträgliche Lautstärke herab und fische meine Sonnenbrille aus dem Handschuhfach. Die Hitze treibt mir den Schweiß aus allen Poren, die Fahrzeuge verschmelzen zu flimmernden Silhouetten über dem Asphalt. Ich klopfe ungläubig auf die Temperaturanzeige der Armaturentafel. 35 Grad! Dabei ist es gerade mal zehn Uhr!
    Auf dem Zubringer vom Neumarkt zur Deutzer Brücke stockt der Verkehr auf Grund von Kanalarbeiten, einige Meter dahinter kreuzt die Rheinuferschnellstraße die Fahrbahn. Mein Wagen kommt knapp hinter der Heckstoßstange eines Taxis zum Stehen. Das Bremspedal fühlt sich heute noch ausgeleierter an, als mir neulich schon auffiel.
    Gierig entzünde ich die zweite Zigarette und mustere gedankenverloren die hochroten Köpfe der Bauarbeiter, ehe mein Blick weniger mitleidig über die schweißglänzenden Oberkörper streift.
    Was fällt Britta bloß ein? Allein der Gedanke an das heitere Kaffeekränzchen in Felix neuem Heim ficht meine Wut erneut an. Meine Finger trommeln auf dem Lenkrad herum, ehe sich mein Handballen auf die Lenkradmitte presst. Wenn es sein muss, ziehe ich meine Verräterfreundin an den Haaren da raus!
    Plötzlich ist die Fahrbahn frei. Hinter mir ertönt ein gereiztes „Jez fahr schon, bekloppte Kuh!“ Die verkniffene Grimasse eines BMW-Fahrers im Nacken drücke ich das Knie durch.
    Viel zu spät richte ich den Blick nach vorne. Der Van schnellt vorwärts, im selben Moment springt die Ampel zwanzig Meter weiter auf Rot. Geistesgegenwärtig trete ich auf die Bremse und ... ins Nichts. Das Pedal federt ins Leere.
    Kurioserweise bin ich vollkommen gefasst, als der Transporter auf die Kreuzung zurast. Die Zeit verlangsamt sich und sämtliche Umgebungsgeräusche entschwinden, als stülpe jemand Zellophanfolie über mein Auto. Überdeutlich sehe ich das erschrockene Gesicht eines Fußgängers und die Frau, die vor dem Zebrastreifen auf das Trottoir zurückweicht. Keine Chance also, auf den Bürgersteig auszuscheren. Ich rolle im Schneckentempo an den gesichtslosen Menschen vorbei, die Häuserwand weicht zurück und eröffnet die Sicht auf die Schnellstraße. Mein Fuß wippt mit dem Bremspedal auf und ab, ein Gefühl, als stampfe ich in weiche Butter.
    Der Stadtbus nähert sich viel langsamer, als vermutlich der Realität entspricht. Durch die Windschutzscheibe erkenne ich die weit aufgerissenen Augen des Fahrers. Das Kühlergitter blitzt im Sonnenlicht auf und blendet mich, sodass ich endlich die Hand vom Steuer löse.
    Der Busfahrer trägt einen Oberlippenbart, wie eklig.
    Den Aufprall höre ich nicht.
    Aber bevor es dunkel wird, sehe ich deutlich Knut Zieglers hämisches Gesicht vor mir – und das Kruzifix, das sein Finger auf die beschlagene Streifenwagenscheibe zeichnet.

 
    Zweiter Teil
     
     
    „Wenn ich gut gegessen habe, ist meine Seele stark.
    Daran kann auch der schwerste Schicksalsschlag nichts ändern.“
    (Jean-Baptiste Molière)
     
     

Kölner Stadtbote, 27. August 2012
     
    David gegen Goliath in der Kocharena
     
    Mit vielen frischen Zutaten, Kräutern und Gewürzen liefern sich die Kochschüler zweier Betriebe aus Köln ein Wettkochen, das über die Existenz ihrer Betriebe entscheidet!
     
    „Himmlische Genüsse auf kölscher Erde“ heißt das Motto, unter dem die Laienköche des „Starcooks“ und des „Cook & Chill“ die Qualität ihrer Ausbildung in einer 120-minütigen Sondersendung des Privatsenders „Vivo“ beweisen werden. Fast dramatisch ist der Anlass des Formats: ein offenbar nicht rein berufliches Duell zweier Giganten der Sterne-Gastronomie: Der ehemalige Meisterkoch Julius Zander forderte seinen früheren Arbeitskollegen Mats Jørgensen vor laufender Kamera zu dem ungleichen Wettkampf

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