Haertetest
mit dem Vorstand, bei der ich als Übergangschefin vorgestellt werden würde.
Unter anderem ging es aber auch um die Themenplanung für die Weihnachts- und Silvesterausgabe im Dezember, die Neujahrsthemen im Januar und die wochenaktuellen Termine in der Belegschaft. Amelie teilte mit, dass die Location für die Weihnachtsfeier gebucht war, das Café Seeterrassen. Alle klatschten begeistert. Dann erhob sich Herr Klawes aus dem Vorstand und langweilte uns mit den Verkaufszahlen. Blablablabla.
Da mich Zahlen im Gegensatz zu Wörtern noch nie wirklich interessiert hatten, erlaubte ich meinen Gedanken, etwas abzuschweifen. Das hier konnte ja noch hundert Jahre dauern. Es war erst kurz vor zehn. Mal sehen, was die Konkurrenz diesen Monat zu bieten hatte. Zum Vergleich hatte Amelie eben die Oktoberausgabe der Kinder & Co. verteilt.
Ein Artikel auf der Titelseite sprang mich direkt an: Heiße Küsse und kalte Schulter – Wenn Mütter fremdgehen.
Kein Wunder, dass wir denen hinterherhinkten, mit unseren Rezepten, Deko-Ideen und Urlaubszielen im Schwarzwald. Gähn. In Kinder & Co. dagegen berichteten vier Mamis von einem Seitensprung.
Ich vertiefte mich in die Lektüre. Eine Frau hatte sich nach einem One-Night-Stand von ihrem Mann getrennt und war dann dummerweise von ihrem Geliebten verlassen worden, als dieser ihre patzige fünfjährige Tochter und ihren trotzigen dreijährigen Sohn kennengelernt hatte. Jetzt war sie alleinerziehend und bezog Hartz IV . Herzlichen Glückwunsch!
Die zweite wurde direkt nach Bekanntgabe des Verhältnisses von ihrem Mann und von ihrem Geliebten (der vorher nicht wusste, dass sie verheiratet war) verlassen und war nun ebenfalls alleine mit ihren drei Kindern.
Die dritte war zwar inzwischen mit ihrem Geliebten verheiratet, hatte aber die Kinder bei ihrem Ex-Mann gelassen, und die vierte hatte ihre Tat bereut und lebte wieder glücklich als Familienmutti mit ihren vier Kindern und ihrem Mann auf einem Bauernhof. Allerdings hatte sie erklärt, dass sie nun nicht mehr ausging und sich das Leben zu Hause so schön wie möglich gestaltete. Fazit: Seitenspringen lohnt sich nicht, my Darling … Ich musste an Lilly denken und daran, wie es mit ihr und Henning und Holger wohl weiterging. Und ob es überhaupt weiterging.
Ein Psychotest war auch noch dabei. Wie die meisten Menschen, die über mehr weibliche als männliche Hormone verfügten, liebte ich Psychotests. Hatte ich überhaupt noch Zeit? Ich blickte einmal hoch und sah Herrn Klawes aus der Geschäftsführung mit seinem altmodischen Projektor eine Statistik veranschaulichen. Das würde sicher noch dauern. Herrlich! Ich widmete mich ganz dem Test, der den Titel trug: »Männer sind Schweine – Ihrer auch?« Das Ankreuzen von Ja oder Nein würde mir hoffentlich gleich Auskunft darüber geben, ob Jonas mich betrog.
Diese Vorgehensweise stand zwar nicht auf Lillys und meiner Liste, aber ich würde den Test trotzdem machen. Sicher ist sicher. Sollte mir das Ergebnis nicht gefallen, konnte ich ihn ja noch mal ausfüllen. Oder wegwerfen und vergessen.
Los geht’s!
1: Sagt Ihr Partner Ihnen noch genauso oft wie früher, dass er Sie attraktiv findet?
Zählte »Sonst hätte ich dich ja nicht geheiratet« auch dazu? Also: nein.
2: Haben Sie nach wie vor ein erfülltes Sexleben voller Zärtlichkeit und romantischer Stunden?
Sehr witzig. Wann denn? Unser Sexleben hieß: Hopp, hopp, ab in die Kiste, ich bin fruchtbar!
3: Schenkt Ihr Partner Ihnen nach wie vor die Aufmerksamkeit, die Sie verdienen?
Äh, siehe Punkt 1 und 2! Nein, natürlich nicht – wann denn auch? Er arbeitete ja schließlich 70 Stunden die Woche. Das konnte zwar durchaus mit seiner Beförderung zusammenhängen, trotzdem ein eindeutiges Nein.
4: Haben Sie das Gefühl, dass Sie in Ihrer Beziehung ganz Sie selbst sein können?
Ja, doch, das schon. Ich konnte zu Hause so entspannt und gemütlich rumlaufen, wie ich wollte, und brauchte mir auch nicht öfter als unbedingt nötig die Beine zu rasieren.
Ob das letztlich zu meinem Vorteil war, war ja egal. Ja, ich konnte ganz ich selbst sein.
5: Können Sie mit Ihrem Partner über alles sprechen, das Sie bewegt?
»Liebst du mich noch?«
»Schatz, lässt du mich jetzt bitte mal das Spiel sehen?« Also: nein.
6: Ist Ihr Partner bereit, jedes Opfer auf sich zu nehmen, um Sie zu entlasten?
»Kannst du heute mal Maja ins Bett bringen?« – »Ich hab Bandprobe!« Definitiv nein.
7: Lachen
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