Haertetest
sollten?«
Ich runzelte die Stirn. Kurz war ich skeptisch. Andererseits, wer hier erst morgens schwankend nach Hause kam und mir Geschichten von »Schessika hadd« erzählte, hatte es auch nicht anders verdient. Das sah Lilly auch so.
»Na klar!« Sie klatschte betont munter in die Hände. »Und wir legen auch gleich los. Mach aber erst mal den Termin bei deiner Friseurin, mit diesen gescheckten Haaren kannst du jedenfalls nicht rumlaufen. Und dann fangen wir an, uns durch eure Schubladen zu wühlen. Da können wir auch gleich mal aufräumen und ausmisten. Du meckerst doch immer darüber, dass du zu nichts kommst. Sag mal, was ist eigentlich mit eurer Putzfrau – sollte da nicht eine anfangen? Ich meine, nötig wär’s echt.«
Sie rümpfte die Nase und sah demonstrativ auf unsere Spinnweben über den Küchenschränken, die schmutzigen Fenster und die undefinierbaren Flecken auf dem Boden.
»Ähm, das hat bis jetzt noch nicht so ganz geklappt«, gestand ich und erzählte, wer heute Morgen angerufen hatte.
Lilly lachte noch zehn Minuten später, als wir im Schlafzimmer die ersten Schubladen unseres Schreibtisches öffneten. Während sie sich schon durch unser Chaos forstete, versuchte ich, meine Friseurin zu erreichen.
Von ihrer Chefin erfuhr ich, dass sie diese Woche auf Lehrgang war. So ein Mist! Andrea hätte mich immer zwischendurch reingenommen, das wusste ich! Vor allem, weil ich im Moment ein absoluter Notfall war! Ihre Chefin überlegte lange, dann bot sie mir einen Termin in drei Wochen an: »Am fünfzehnten November, 17.30 Uhr?«
»Ähm, nein, ich sagte ja, es ist ein Notfall. Ich hab mir gestern Abend selber die Haare blondiert, und es ist nicht ganz so geworden, wie ich es mir vorgestellt hatte … Und es wäre schön, wenn es ein Donnerstag oder Freitag wäre, und dann vor 16 Uhr … wenn das geht.« In einer Welt, in der sonst anscheinend niemand Kinder hatte, fiel es nur immer unangenehm auf, dass ich mich nach den Abholzeiten meiner Tochter richten musste. Als ob ich was dafür könnte, herrje!
Die Friseurin schwieg und blätterte.
»Dann hätte ich den Dienstag, die Woche drauf, 16.45 Uhr?«
»Ähm, nein danke, da kann ich nicht.«
»Dann am Mittwoch, 17.30 Uhr?«
»Ich melde mich einfach nächste Woche noch mal, vielen Dank!« Damit legte ich auf. Und hatte immer noch keinen Friseurtermin in Aussicht. Genervt ging ich zu Lilly ins Schlafzimmer.
Unser Arbeitstisch hatte rechts und links jeweils vier Schubladen. Die auf der rechten Seite gehörten mir, die auf der linken Jonas. Lilly hatte sich mit der Nase eines Untreuespürhundes durch seine Schubladen gearbeitet. Mit einem schwer zu deutenden Gesichtsausdruck hielt sie mir einen Brief entgegen. Was sollte das?
Ich traute meinen Augen nicht, als ich einen Blick darauf warf.
»Was soll das sein? Ein Wellness-Wochenende? Für zwei Personen?«
Lilly nickte. Tatsächlich hielt ich die Buchungsbestätigung für einen Kurzurlaub an der Nordsee für Ende November in den Händen und war mir ganz sicher, dass ich diese noch nie gesehen und dass Jonas mir auch nichts davon erzählt hatte. Abgesehen davon: Wenn wir in den Urlaub führen, würden wir Maja mitnehmen. Und dann hätte er doch wohl ein Family Hotel gebucht. Oder eine Betreuung für Maja organisieren müssen. Und das wiederum hätte er auf jeden Fall mit mir absprechen müssen.
Aber er wäre doch nicht so blöd, so etwas für sich und eine andere Frau zu buchen und die Bestätigung dann in der Schublade liegen zu lassen? Oder ging er davon aus, dass ich genau das dachte, und hatte es deshalb getan? Oder hatte er so viel Vertrauen zu mir, dass er wusste, dass ich eigentlich nicht an seine Sachen ging? Dann musste er sich meiner ja wirklich sehr sicher sein.
»Romantikhotel Meeresrauschen, St. Peter Ording, mit Anwendungen und allem Pipapo«, las Lilly vor. Pipapo stand da nicht, aber ich wusste, was sie meinte. »Vier-Gänge-Menü, die Verliebten-Suite, zwei Personen, reserviert auf den Namen Ahorn …« Sie ließ die Beschreibung fallen.
»O Sophie, es tut mir so leid.«
»Ach was«, winkte ich ab. »Das muss noch gar nichts heißen! Das hat er bestimmt für uns geplant. Und es sollte eine Überraschung werden.«
Aber wenn das wirklich so war, warum plante er so was? Ende November hatten wir überhaupt nichts zu feiern. Weder Geburtstag noch Jahrestag oder sonst was.
»Das ist immer noch kein Beweis!« Ich klammerte mich an die Hoffnung. Und die stirbt ja
Weitere Kostenlose Bücher