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Haertetest

Haertetest

Titel: Haertetest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
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Übungen. Himmel, wenn das hier das Warm-up war, wie war dann der Rest?
    »So, kurze Trinkpause, aber bleibt bitte in Bewegung«, ordnete die Kursleiterin an. Ich hetzte wie ausgedörrt zu meiner Wasserflasche und schüttete gierig einen halben Liter in mich hinein. Dabei trampelte ich weiter auf der Stelle. Meine Kurs-Nachbarin, die an der Fensterfront neben mir auf der Stelle marschierte, sah mich an, während sie an ihrem Volvic-Fläschchen nippte.
    Sie trug ein Sportensemble von Gucci und weiße, nigelnagelneue Turnschuhe. Ich hatte meine alte schwarze Sporthose rausgekramt, die mir etwas zu eng war, und meine ebenso alten, aber heißgeliebten Pumas. Mein Sportshirt war von der bekannten und beliebten Marke   »Gar nichts«. Ich war ja schließlich hier, um Sport zu treiben, und nicht, um schön auszusehen.
    Das sahen die anderen Mädels aber anscheinend anders. Eine hübscher und dünner als die andere, muskulös und gestylt tupften sie sich mit ihrem Handtüchlein einen imaginären Schweißtropfen von der Stirn und griffen zu ihren Edelwässerchen, mit dem sie kaum ihre Lippen benetzten.
    Fit for Life   hatte erst vor Kurzem in Pinneberg eröffnet, und wie ich jetzt feststellte, war der Werbespruch   »Reich und schön –   und   sportlich!«   nicht   ironisch gemeint. Zum Glück hatte ich den Gutschein ja geschenkt bekommen und nicht auch noch Unsummen in diesen Horror gesteckt. Aber wenn ich nun schon mal hier war, dann konnte ich auch weitermachen. Zumindest, solange ich noch konnte.
    »Wir nehmen jetzt die Longhantel und stellen uns auf den Step!«
    Okay, genug getrunken und wieder auf in den Kampf! Longhantel nehmen und auf den Step, ja, das krieg ich wohl hin. Nahm die Longhantel und stellte mich auf den Step.
    »Die Hantel jetzt bitte hinter den Kopf, schön mittig auf die Schultern.«
    Um Gottes willen, wie viele Kilo hatte mir meine nette Helferin denn da draufgepackt? Zwölf? Ich schielte auf die Gewichte. 1 kg stand da drauf. Fühlte sich eindeutig mehr an. Ich schwankte. Mochte mich jetzt ungern mit Jesus vergleichen, der das Kreuz trug, aber das Bild ließ sich ungefragt in meinem Kopf nieder.
    »Beine hüftbreit, gerader Rücken, und down – für acht!«
    Die anderen schoben ihren Po in Richtung Erdmittelpunkt, hielten den Rücken gerade und kamen dabei nicht mal ins Schwitzen. Runter, hoch, runter, hoch – aua! Ich wusste ja gar nicht, dass ich im Po auch Muskeln hatte!
    Jetzt machte ich offenbar das erste Mal Bekanntschaft mit ihnen. Angenehm, mein Name ist Sophie. Schön, euch kennenzulernen. Meine Pomuskeln meckerten.   »Was machst du denn hier mit uns? Wir haben vierunddreißig Jahre so schön geschlafen, du kannst uns doch nicht einfach so strapazieren!? Das wirst du büßen   – du weißt doch: Wer seinen Hintern unvorbereitet trainiert oder unangekündigt Training zum Aufbau seiner Gesäßmuskeln betreibt, wird mit Pomuskelkater nicht unter vier Tagen bestraft!«
    »Vier mehr! – Wer mag, hebt ein Bein dazu an.«
    Ich starrte ungläubig auf die Athletinnen, die alle auf einem Bein in die Hocke gingen, und das mit einer schweren Langhantel im Nacken.
    Was kam als Nächstes? Wer mag, löst jetzt auch das andere Bein vom Step!?
    Aber da ich mich auf das Ganze hier eingelassen hatte, wollte ich nichts unversucht lassen. Ich bin ja sonst auch nicht doof, das konnte nicht so schwer sein. Also löste ich vorsichtig den linken Fuß vom Step, balancierte auf einem Bein, ging in die Hocke – jippie, das klappte ja! – und wurde vom Gewicht meiner Longhantel rücklings auf den harten Boden der Realität gezogen.
    Ich hatte es schon immer gewusst: Sport ist Mord! Als ich auf dem harten Laminat aufschlug, hörte ich ein Krachen und Scheppern, um mich herum erschrockene Schreie, dann wurde es dunkel.
    Die   CD   war wieder auf den Anfang gesprungen. Duffy sang:   »And I’m begging you for mercy, mercy, mercy.«
    »Na, war’s schön?«, begrüßte mich Lilly von meiner Wohnzimmercouch aus, als ich um Viertel vor acht wieder zu Hause war.
    Der Notarzt hatte meinen Fuß verbunden, zum Glück war nichts verstaucht, aber es tat höllisch weh.
    »Ja, danke, so schön wie Zahnarzt«, murmelte ich.
    Dabei fiel mir gleich noch etwas ein. Nein, nicht auch das noch! Ich warf schnell einen Blick auf den Familienkalender. Ja, morgen um zehn Uhr hatte ich auch noch einen Zahnarzttermin. Mir graute davor, aber da ich ja im Moment sowieso an mir arbeitete, konnte ich genauso gut hingehen.
    Lilly

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