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Haertetest

Haertetest

Titel: Haertetest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
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sahen uns wirklich viel zu selten. Es war zwanzig vor sechs.
    »Also?«, eröffnete ich das Gespräch. »Was war da los?«
    »Was genau meinst du?«
    Was für eine doofe Frage. Ich meinte, was mit ihm und seiner bescheuerten Praktikantin war! Ob sie geknutscht hatten oder ob er gleich mit ihr ins Bett gegangen ist! Ob sie schon lange eine Affäre hatten oder ob es nur ein einmaliger Ausrutscher war! Ob er meinte, mit einem Rosenstrauß alles wiedergutmachen zu können! Ob Maja und ich in seiner Lebensplanung noch vorkamen oder nicht!
    Das alles hätte ich ihm am liebsten entgegengeschleudert, aber ich wollte heute mal versuchen, möglichst ruhig zu bleiben. Einerseits schlief Maja noch, und ich wollte sie nicht durch zänkisches Geschrei wecken, andererseits war das ein Thema, bei dem ich beweisen wollte, dass man mit mir wie mit einer Erwachsenen sprechen konnte.
    Okay, ich musste zählen, damit das klappte … Atmen und zählen … Eins, zwei, drei, vier … Es gelang mir nicht. Ich schnaufte.
    »Genau  meine ich: Was läuft da mit dir und Jessica? Warum meldest du dich nicht, wenn du eine Nacht mit ihr im Büro oder sonst wo verbringst? Warum erreiche ich dich nicht mehr? Du würgst mich am Telefon ab, und wenn ich dich im Theater besuche, regst du dich auf, und zu Hause bist du so gut wie gar nicht mehr!«
    Okay, das waren jetzt alles keine Ich-Botschaften, wie man sie verwenden soll, um ein konstruktives Streitgespräch zu führen. Bei genauerer Betrachtung waren das alles Vorwürfe. Aber wenigstens war ich ehrlich. Ich trank einen Schluck Kaffee. Ruhig, Brauner, ruhig Blut. Noch mehr Kaffee. Vielleicht war ein solch klärendes Gespräch so früh am Morgen doch nicht die beste Lösung. Ich wollte einfach nur noch in mein Bett, ich wollte, dass es mit Jonas wieder gut war und dass ich mich ankuscheln konnte, ohne darüber nachzudenken, mit wem er sonst noch kuschelte.
    »Schatz, ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, warum du dich so aufregst!«
    Eins, zwei, drei, vier, fünf, zehn, zwanzig … Besser, ich sagte jetzt nichts und zählte gleich weiter bis hundert. Dreißig, einunddreißig …
    »Schatz?« Jonas reagierte verwundert auf meine starre Sprachlosigkeit. Das kannte er ja auch nicht von mir.
    »Ja, ich höre«, entgegnete ich gereizt. »Du hast noch nicht auf meine Fragen geantwortet!«
    … zweiunddreißig, dreiunddreißig, vierunddreißig …
    Oder musste man wieder von vorne anfangen zu zählen, wenn man etwas gesagt hatte? Und woher kommt das eigentlich, das blöde Zählen? Mir brachte es nichts. Auf jeden Fall war ich jetzt wach. Ich unterdrückte den Drang, aufzustehen und die Schubladen sinnlos aufzureißen und wieder zuzuknallen. Bamm!
    In Gedanken knallte ich mit den Schranktüren, dass die nur so krachten und bebten! Peng! Ach, die Gedanken sind ja so herrlich frei! Ich sah direkt vor mir, wie ein Glas gegen die Wand flog! Klirr! Und noch eins! »Du!« – ein Teller – »blöder!« – eine Tasse – »Arsch!« – die hässliche braune Suppenschüssel, die wir eh nie benutzten, flog gleich hinterher. Aber das war alles nur in meinem Kopf. In Wirklichkeit saß Jonas mir relativ sprachlos gegenüber und fand die Worte nicht, mir zu sagen, was er fühlte.
    »Sophie … Schatz, Süße …« Er sah mich unglaublich unglücklich an. O nein, ich muss gleich heulen, dachte ich. Wenn er so guckt, dann war da nicht  nichts.
    »Wie konntest du nur …«
    »Aber ich hab doch!«, brabbelten Jonas und ich gleichzeitig los.
    »Hast du meine …«, fragte er, und ich rief im selben Moment: »Warum hast du dich denn nicht …«
    »So, bitte, sag du!«, bestimmte ich. Ich war ja so höflich. Hach, Kommunikationsguru Paul Watzlawick wäre bestimmt stolz auf mich. Morgens um sechs in meiner Küche. Wie ich da so formvollendet kommunizierte.
    »Ich hatte mein Handy verloren!«, rief Jonas jetzt. »Und ich hab gestern den ganzen Tag versucht, dich auf Festnetz anzurufen, aber du bist ja nicht rangegangen!«
    Ach ja. Ich hatte ja den Stecker rausgezogen.
    »Warum hast du mich denn nicht auf dem Handy angerufen?«
    »Weil ich deine Nummer nicht weiß«, murmelte er.
    Okay. Ich glaubte ihm. Er wusste nicht mal seine eigene Nummer. Und da wir im Kurzwahl-Zeitalter lebten, glaubte ich ihm, dass er meine Nummer tatsächlich nicht kannte.
    Außerdem hatte ich gestern meine Mails nicht gecheckt, weil ich mit Lilly und Maja, der Friseurterminsuche und dem Sport vollauf beschäftigt gewesen war. Aber noch mal zurück

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