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Haertetest

Haertetest

Titel: Haertetest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katri Dietz
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mit ihr drei weitere Zahnarzthelferinnen. Eine junge Dame trat auf mich zu. »Na, wo brennt’s denn?«, fragte sie sehr freundlich und fürsorglich und fasste mich am Oberarm. Ich schüttelte ihre Hand ab, schließlich war ich weder hilfsbedürftig noch bescheuert, und versuchte umständlich, mich ihr verständlich zu machen.
    »Hor-mif-fe!«, sagte ich so deutlich wie möglich. »Im meim Pfim-mer« und deutete auf das Behandlungszimmer.
    Fünf junge Mädchen, eine hübscher und jünger als die andere, starrten mich an, so wie vor wenigen Minuten die brummende Hornisse. Apropos, wo steckte die eigentlich? Ich rannte, so schnell es mir mit dem steifen und riesengroßen grünen Lätzchen möglich war, wieder ins Behandlungszimmer, die Helferinnen schlurften mir verwirrt hinterher und sahen sich mit hochgezogenen Augenbrauen an.
    Dann standen wir zu sechst im kleinen, aber feinen und sehr weißen Sprechzimmer. Durchs gekippte Fenster wehte ein Hauch herbstlich kühler Luft herein – von Tief Norbert war weit und breit nichts zu sehen und zu spüren –, draußen schien herrlich die Sonne. Die Hornisse war nirgends zu sehen. War ja auch irgendwie klar.
    Ich versuchte, mein Verhalten zu erklären: »Iff wohl wiewer wech.« Ich fuchtelte mit den Armen und zuckte mit den Schultern.
    Fünf Augenpaare starrten mich an und glaubten mir nicht. Ich verteidigte mich: »Boch! Ba war bie!« und deutete auf die Zimmerdecke.
    Die Hübsche, die mich vorher am Arm gefasst hatte, fühlte sich wohl besonders für mich zuständig. Sie nahm meine Hand, sagte beruhigend und sehr langsam: »Soo, jetzt ist alles gut, hier ist nichts, wovor Sie Angst haben müssten«, und schob mich Richtung Zahnarztstuhl. »Der Doktor kommt gleich wieder, bitte bleiben Sie jetzt ruhig sitzen.«
    Sie stellte den Stuhl auf die normale Position, damit ich mühelos aufsteigen konnte, und drückte noch einmal meine Hand. So richtig ernst nahm sie mich aber wohl nicht. Egal. Die würde ich ja zum Glück alle so bald nicht wiedersehen, und ich versuchte, mich nicht zu sehr zu schämen. Meinen zahnlosen Mund hielt ich jetzt fest geschlossen, ließ mir wortlos ein neues Lätzchen verpassen und machte schließlich sogar die Augen zu, als alle Helferinnen gleichzeitig aus dem Zimmer trappelten.
    Den Rest der Behandlung ließ ich über mich ergehen. Etwas erschrak ich noch, als ich meine Übergangs-Zähne im kleinen Spiegel des Zahnarztes betrachtete, weil sie nicht schön und glänzend weiß waren, wie ich sie mir vorgestellt hatte, sondern pferdemäßig eckig und sehr gelb. Hoffentlich fing ich damit nicht an zu wiehern. Aber in nur zwei Wochen, so versicherte mir Dr. Paradies, würde ich die schönsten Zähne der Welt haben. »Mit Alkohol nachspülen?«, fragte seine Assistentin.
    »Ja, bitte!«, krächzte ich mit trockener Kehle.
    »Nein, nicht nötig«, sagte Dr. Paradies. Schade. Abrupt ließ er mich im Behandlungsstuhl nach oben schnellen, sodass mir etwas schwindelig wurde, die Assistentin riss mir das Lätzchen ab, und ich war wieder frei. Auf wackeligen Beinen schwankte ich zur Ausgangstür und zurück in mein Leben.
    Als ich gerade meine Autotür aufschloss, klingelte mein Handy.
    »Wie bitte? Ich verstehe dich schlecht, entschuldige! Ein Notfall sagst du?«
    Ich presste mein Handy ans Ohr. Mein Fuß tat zwar jetzt nicht mehr so furchtbar weh, dafür war mein ganzes Gesicht betäubt. Ich hatte Mühe zu sprechen. Die Verbindung war wieder schlecht – lag das eigentlich an meinem Telefon? –, aber ich konnte immerhin verstehen, dass Amelie hysterisch etwas von »Blutungen«, »Krankenhaus« und »brauche dich als Vertretung« stammelte. Oh, nein. Arme Amelie! Wie furchtbar. In der zwölften Woche mit Blutungen ins Krankenhaus, das verhieß nichts Gutes.
    »Amelie, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, es tut mir so leid.«
    Mir traten echte Tränen in die Augen. Keine Schickimicki-Dramaqueen-Tränen. Ich litt mit Amelie. Ich hatte bei jeder Bewegung Majas in meinem Bauch und wenn sie nur einen Schluckauf hatte, befürchtet, sie zu verlieren. Amelie wehrte meine Beileidsbekundung ab und war wieder ganz die gefasste Chefin.
    »Nein, nein, Sophie, so schlimm ist es nicht. Alles ist gut, und das Herzchen schlägt. Aber ich muss mindestens eine Nacht hierbleiben zur Beobachtung«, sagte sie. »Sei doch so nett und vertrete mich heute und morgen, so gut du kannst. Frag Eva, ob sie dir hilft. Und lass dir von allen Kolleginnen die Themen für Januar

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