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Häschen in der Grube: Roman (German Edition)

Häschen in der Grube: Roman (German Edition)

Titel: Häschen in der Grube: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Sveland
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am Ende ging es gut. Du darfst bleiben, wie ich versprochen habe!«
    Annika nahm Julia in den Arm, die verkrampft lächelte.
    »Sollen wir uns jetzt den Film anschauen?«
    Sie schauten den Film, Julia schlief bald ein, ihre Ringe unter den Augen waren dunkler als sonst, und Emma fiel auf, dass sie schon lange keinen ganzen Film mehr zusammen gesehen hatten. In letzter Zeit schlief Julia immer dabei ein.

Carl war erstaunt, dass er nicht Giselas klappernde Schritte hörte, die ihm sonst immer in der Diele entgegeneilten.
    Er riss die Tür zu Julias Zimmer auf, so fest und überraschend, dass sie zusammenzuckte und ihn erschrocken ansah.
    »Wo ist deine Mutter?«
    Julia schüttelte den Kopf.
    »Keine Ahnung.«
    Er blieb noch einen Moment in der Tür stehen und schaute sie schweigend an. Julia erstarrte, als Erik plötzlich neben Carl auftauchte.
    »Was macht ihr? Papa, wo ist Mama?«
    Beide zuckten zusammen, und Carl drehte sich um.
    »Ich weiß es nicht. Sie muss verrückt geworden sein. Es ist schon fast halb acht und es ist noch nichts zum Essen vorbereitet.«
    Mit großen Schritten ging er in die Küche hinunter, Erik folgte ihm. Man konnte Carls Brummen hören, Kühlschrank und Schranktüren wurden planlos auf- und zugemacht.
    Als Gisela eine Viertelstunde später die Tür zu ihrem großen Haus öffnete, hörte man immer noch Carls Schimpfen.
    »Wo zum Teufel bist du gewesen?!«
    Weder die Verachtung noch die Lautstärke seiner Stimme erstaunten Julia und ihren Bruder. Sie kannten die Wutausbrüche ihres Vaters zur Genüge.
    Aber zu ihrer großen Verwunderung gab Gisela ausnahmsweise nicht nach. Ihre Stimme war ruhig und besonnen.
    »Ich habe auf einer Bank gesessen und eine Zigarette geraucht.«
    Das Schweigen legte sich schwer und bedrohlich auf Möbel, Wände und Dach.
    Schockiert zischte Carl.
    »Was sagst du?«
    Gisela zögerte und klang nicht mehr ganz so sicher, als sie ihre Antwort wiederholte.
    »Ich habe auf einer Bank gesessen und eine Zigarette geraucht. Hallo Erik, mein Schatz, du musst schrecklich hungrig sein?«
    »Ich kann mir ein Brot machen, Mama!« Erik schaute sie an. »Streitet ihr euch?«
    Gisela lachte kurz.
    »Nein, wir diskutieren.«
    Aber Carls verächtlicher Gesichtsausdruck ließ keinen Zweifel zu. Er diskutierte nicht, er hasste, und mit jemandem, der hasste, konnte man nicht argumentieren. Diese Kraft hatte Gisela nicht.
    Aus ihrem Zimmer im ersten Stock hörte Julia, wie Carl auch später noch ausdauernd fluchte, sie wollte es nicht hören. Sie kroch unter die Decke und zog das Kissen über den Kopf. Nach einer Weile ging die Tür auf, und Erik kam herein. Er kroch neben sie.
    So lagen sie da und lauschten auf Carls Wut und Giselas Schweigen. Julia glaubte nicht, dass Carl Gisela schlug, zumindest hatte sie es noch nie gesehen. Aber sie wusste, dass er konnte, wenn er wollte. Und sie wusste, dass Giselas Angst mit dieser Möglichkeit zu tun hatte. Carl war übermächtig, und er hatte eine Kraft, die jederzeit die Grenze überschreiten konnte, wenn er wollte.
    Schließlich bekamen sie unter der Decke keine Luft mehr, und Julia hob vorsichtig eine Ecke hoch, um Sauerstoff hereinzulassen. Aus dem Erdgeschoss war kein Mucks mehr zu hören.
    »Was machen sie, was glaubst du?«
    Erik flüsterte vorsichtig und Julia antwortete mit leiser Stimme.
    »Ich weiß es nicht.«
    Sie lauschten erneut. Aber es war nichts zu hören, und das ängstigte sie fast noch mehr als Carls Gebrüll.
    Hand in Hand schlichen sie die Treppe hinunter, durch die Diele in Richtung Küche.
    In der Tür blieben sie stehen und starrten verwirrt auf die Szene, die sich vor ihnen abspielte.
    Gisela lag auf dem Küchentisch, Carl stand über sie gebeugt und schmierte ihr unsanft Apfelmus ins Gesicht. Sie jammerte und schniefte, lag jedoch ganz still.
    Vielleicht verschwand in diesem Moment das letzte Fünkchen Hoffnung, dass alles so war, wie es sein sollte.
    In Julia wuchs eine widerwillige Erkenntnis zu einem Zorn an, wie sie ihn in ihrem dreizehnjährigen Leben noch nie erlebt hatte. Sie rannte in die Küche und schlug Carls Hände weg und hämmerte wild mit ihren Fäusten auf ihn ein.
    »Aufhören! Aufhören! Aufhören!«
    Durch die Tränen hindurch sah sie, wie Gisela wackelig auf die Beine kam. Carl packte sie fest an den Handgelenken.
    »Lass mich los, du verdammter Idiot!«, schrie Julia.
    Hinter ihr begann Erik panisch zu weinen. Ein Weinen, das die Normalität erstickte und sich weigerte, diesen neuen gesetzlosen

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